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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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in Nachdenken.
    »Und dann?« fragte er schließlich.
    »Wenn ich geschwitzt habe? Werden diese Schlangen von Weibern mich gut abtrocknen?«
    »Das ist nicht nötig. Bacerico springt aus dem Schwitzzelt in den Bach …«
    »Allmächtiger! Nein! Das tue ich nicht!«
    »Dann wirst du hineingeworfen …«
    »Um zu ersaufen und zu erfrieren! Ich kann nicht schwimmen! Ich vertrage die Kälte nicht! Das ist nichts als ein neuer Mordplan!«
    Der Kleine drehte Chef de Loup den Rücken und schwatzte noch lange unverständliche Worte vor sich hin. Der Delaware wunderte sich immer mehr über das Äffchen. In ihm schienen zwei Geister zu wohnen, ein ängstlicher und ein gieriger, und wenn er entscheiden mußte zwischen beiden, so siegte die Gier. Wie war es anders zu verstehen, daß er den anstrengenden Ritt in die Prärie gemacht hatte?
    Chef de Loup war es auch aufgefallen, daß die Waffen schon antransportiert wurden, ehe man sich über den Preis geeinigt hatte. Das war gegen alle Übung in derartigen Geschäften, bei denen von den Indianern sonst die Vorausleistung des Preises verlangt wurde. Was führten die Händler im Schilde?
    Nachmittags war noch einmal eine Spähermeldung gekommen, die das Nahen der Schmugglerbande bestätigte. Tokei-ihto befahl, daß die Schmuggler bei ihrem Eintreffen im großen Zelt der Beratung abladen und dort auch hausen sollten; nur den Mann mit der Maske wollte der Häuptling in seinem eigenen Tipi empfangen. Die Bewachung der Schmuggler, denen durch das Wort des Häuptlings Leben und Sicherheit zugesagt war, sollte nach dem Willen Tokei-ihtos Schlauer Biber übernehmen, der gut Englisch sprach. Der Krieger hatte auch dafür zu sorgen, daß die Fremden nicht etwa in die Zelte zu den Weibern und Kindern eindrangen.Als es endlich Abend wurde, stieg die Spannung des Delawaren auf den Höhepunkt. Uinonah und Untschida waren wieder damit beschäftigt, über dem Feuer Büffelfleisch zu braten, um den Gast bei seinem Kommen sogleich bewirten zu können. Bastmatten waren ausgelegt, die Tabaksbeutel gefüllt und die Schüsseln bereitgestellt. Tokei-ihto hatte die Vorsichtsmaßnahmen im Dorf kontrolliert und kehrte in sein Zelt zurück. Beim Auf- und Zuschlagen des Zelteingangs erkannte Chef de Loup, daß die Dämmerung draußen schon in Dunkelheit überging. Auf dem Dorfplatz flammten kleine Feuer auf.
    »Bald werden sie hier sein«, sagte der Häuptling.
    »Ist Tschetansapa schon zurück?« fragte Chef de Loup.
    »Nein.«
    Der Hufschlag eines galoppierenden Pferdes erreichte den Lagerplatz und verstummte dort.
    Das Häuptlingszelt wurde geöffnet, und Tschetansapa schlüpfte herein. Seine Augen flackerten in einem erregten, beinahe verstörten Ausdruck. Er flüsterte dem Häuptling wenige Worte zu, die Chef de Loup zwar verstand, ihrem Sinn nach aber trotz seiner eigenen Ahnungen und Vermutungen nicht sofort begreifen wollte. War es wirklich möglich? Der Häuptling hatte sich völlig in der Gewalt. Nur eine kleine Bewegung der Finger, mit der er die Pfeife fester faßte, verriet, daß er eine Nachricht erhalten hatte, die ihn traf.
    Tschetansapa spielte mit seiner Kriegskeule.
    Tokei-ihto winkte ihm ab.
    »Ich kenne ihn nicht!« sagte er betont.
    »Monito hat mein Wort für sich und alle seine Männer, frei und ungehindert zu kommen und zu gehen.«
    Tschetansapa schien einen Wutschrei zu unterdrücken und verließ das Zelt.
    Unruhe entstand im nächtlichen Lager. Tschetansapa hatte im Hinausgehen den Zeltvorhang aufgeschlagen, und so konnte Chef de Loup draußen auf dem großen Platz Dorfbewohner und eintreffende Reiter erkennen.
    Der Mond war aufgegangen. Kleine Feuer züngelten. Lang, gespenstisch und unruhig fielen die Schatten der Menschen, Tiere und Zelte.
    Von Süden näherte sich der Schmugglerzug. Die Maultiere und ihre Begleiter kamen in langer Reihe auf dem Platz an. Man sah, wie Tschetansapa mit den Anführenden verhandelte und auf das große Zelt der Beratung deutete. Die Männer mit den großen Lederhüten begannen Kisten und Säcke abzuladen und nach dem bezeichneten Zelt zu schleppen.
    Als die Lasten alle untergebracht waren, begab sich der größere Teil der Mannschaft ebenfalls in dieses Zelt; nur wenige standen noch bei den müden Tieren und schienen sich mit Tschetansapa darüber zu besprechen, wo diese hingebracht werden sollten. Ein Anführer mit einer Maske war bei alledem nicht zu sehen gewesen. Nun aber drehte sich ein breitschultriger und hochbeiniger Mann am jenseitigen Ende

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