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Der Junge im gestreiften Pyjama (German Edition)

Der Junge im gestreiften Pyjama (German Edition)

Titel: Der Junge im gestreiften Pyjama (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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Substanz, und so weit sie sah, waren da nur niedrige Baracken, um die herum ein paar quadratische Gebäude standen und ein oder zwei Schornsteine in der Ferne. Sie öffnete den Mund und wollte etwas sagen, merkte jedoch im selben Moment, dass ihr die Worte fehlten, um ihre Verwunderung auszudrücken, und deshalb machte sie das einzig denkbar Vernünftige und schloss ihn wieder.
    »Siehst du?«, sagte Bruno aus der Zimmerecke und war insgeheim sehr zufrieden mit sich, denn was immer dort draußen sein mochte – und wer immer die Menschen waren –, er hatte es zuerst entdeckt und konnte es jederzeit sehen, weil es sich vor seinem Zimmerfenster und nicht vor ihrem befand, und deshalb gehörte alles ihm; er war der König all dessen, was sie betrachteten, und Gretel war nur seine niedrige Untertanin.
    »Das verstehe ich nicht«, sagte sie. »Wie kann man nur so einen hässlichen Ort bauen?«
    »Es ist wirklich ziemlich hässlich, nicht?«, stimmte Bruno zu. »Vermutlich haben die Baracken auch nur ein Geschoss. Sieh nur, wie niedrig sie sind.«
    »Wahrscheinlich sind es moderne Häuser«, sagte Gretel. »Vater hasst moderne Sachen.«
    »Dann werden sie ihm nicht besonders gefallen«, sagte Bruno.
    »Nein«, erwiderte Gretel. Sie stand eine ganze Weile reglos da und starrte hinaus. Sie war zwölf und galt als eines der klügsten Mädchen in ihrer Klasse, deshalb biss sie sich auf die Lippe, kniff die Augen zusammen und zwang ihren Verstand, zu begreifen, was sie vor sich sah. Schließlich fiel ihr nur eine mögliche Erklärung ein.
    »Wir müssen irgendwo auf dem Land sein«, sagte Gretel, drehte sich um und sah ihren Bruder triumphierend an.
    »Auf dem Land?«
    »Ja, verstehst du, das ist die einzige Erklärung. Wenn wir zu Hause sind, in Berlin, sind wir in der Stadt. Deswegen gibt es dort so viele Leute und so viele Häuser, und die Schulen sind voll, und am Samstagnachmittag kommt man nicht durch das Stadtzentrum, ohne von Pontius zu Pilatus geschubst zu werden.«
    »Ja ...«, sagte Bruno nickend und bemühte sich, ihr zu folgen.
    »Im Erdkundeunterricht haben wir gelernt, dass es auf dem Land, wo die Bauern mit ihren Tieren leben und der Boden bestellt wird, riesige Gebiete gibt wie dort draußen, auf denen Menschen wohnen und arbeiten und sämtliche Lebensmittel liefern, die uns ernähren.« Sie blickte wieder aus dem Fenster auf das weite, vor ihr ausgebreitete Gelände und die großen Entfernungen zwischen den einzelnen Baracken. »So muss es sein. Wir sind auf dem Land. Vielleicht ist das unser Ferienhaus«, fügte sie voller Hoffnung hinzu.
    Bruno überlegte und schüttelte den Kopf. »Glaube ich nicht«, sagte er sehr bestimmt.
    »Du bist neun «, konterte Gretel. »Woher willst du das wissen? Wenn du erst mal so alt bist wie ich, verstehst du solche Sachen viel besser.«
    »Kann schon sein«, sagte Bruno, der wusste, dass er jünger war, aber nicht fand, dass er deswegen nicht genauso gut recht haben konnte. »Wenn wir hier, wie du behauptest, auf dem Land sind, wo sind dann die vielen Tiere, von denen du sprichst?«
    Gretel öffnete den Mund, um ihm zu widersprechen, aber da ihr keine passende Antwort einfiel, sah sie stattdessen wieder aus dem Fenster und hielt Ausschau nach ihnen, doch sie waren nirgends zu sehen.
    »Da müssten Kühe, Schweine, Schafe und Pferde sein«, sagte Bruno. »Wenn es ein Bauernhof wäre, meine ich. Ganz zu schweigen von Hühnern und Enten.«
    »Aber da sind keine«, gab Gretel leise zu.
    »Und wenn sie das Land bestellen würden, wie du glaubst«, fuhr Bruno fort, dem die Unterhaltung enorm gefiel, »dann müsste der Boden viel besser aussehen, findest du nicht? Ich glaube nicht, dass in dem ganzen Dreck etwas wachsen könnte.«
    Gretel betrachtete alles noch einmal und nickte, denn sie war klug und pochte nicht darauf, recht zu haben, wenn die Sachlage deutlich gegen sie sprach.
    »Dann ist es vielleicht doch kein Bauernhof«, sagte sie.
    »Nein«, pflichtete Bruno bei.
    »Das heißt, wir sind vielleicht doch nicht auf dem Land«, fuhr sie fort.
    »Nein, wahrscheinlich nicht«, entgegnete Bruno.
    »Dann heißt das auch, dass dies nicht unser Ferienhaus ist«, schlussfolgerte sie.
    »Stimmt«, erwiderte Bruno.
    Er setzte sich aufs Bett und wünschte sich kurz, Gretel würde sich zu ihm setzen, den Arm um ihn legen und ihm versichern, dass alles gut würde und es ihnen hier früher oder später gut gefallen würde und sie gar nicht mehr nach Berlin zurückkehren wollten. Doch sie

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