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Der Junge mit den blauen Haaren

Der Junge mit den blauen Haaren

Titel: Der Junge mit den blauen Haaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Loesel
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denn als richtige Freundinnen.
Freundinnen, die einander alles anvertrauen? Nein, soweit bin ich noch nicht.
Komischerweise habe ich diese Hemmschwelle bei Kay schon überschritten, obwohl wir uns nur 90 Minuten länger kennen.
Aber es ist, wie es ist.
Kay ist derjenige, dem ich mich anvertrauen werde … wenigstens, was die ersten Probleme anbelangt.
Eines dieser Probleme piepst gerade.
Ich fahre herum und schaue in die Richtung, aus der das Piepsen kommt. Es kommt vom Schreibtisch … genauer gesagt, vom Laptop.
Scheiße! Großes Problem! Ich weiß nämlich nicht, was zu tun ist.
Was ich allerdings sicher weiß, ist, was von mir erwartet wird. Nämlich, dass ich hingehe und nachsehe.
Tja, und da fängt’s schon an. Ich wüsste vermutlich gerade noch, wie man das Ding aufklappt. Aber was dann?
Kay beobachtet mich die ganze Zeit über.
„Kim?“
Ich atme tief ein, dann straffe ich die Schultern.
„Komm mit!“
Ich marschiere schnurstracks in Richtung meines Schreibtisches und überlasse es Kay, mir zu folgen und die Türe hinter sich zu schließen.
„Hoffentlich macht heute niemand eine Ausnahme und beschließt nachzusehen, ob dem Anstand Genüge getan wird! “Wieder schafft er es, mich aufzumuntern.
Allerdings nur kurz.
„Willst du nicht nachsehen?“
Ich beschließe, zunächst so zu tun, als ob ich nicht vor Neugierde brennen würde.
Allerdings sollte ich es inzwischen besser wissen.
Kay scheint mich nach so kurzer Zeit besser zu kennen, als mein Vater nach siebzehn Jahren. Lustigerweise tut der Gedanke nicht mal weh.
Du hast gewonnen … ich gebe auf! Ich inspiziere angelegentlich meine unlackierten Zehennägel.
„Ich kann nicht“, flüstere ich.
„Was … was kannst du nicht?“ Kays Augen blicken fragend. „Hast du Angst, schlechte Nachrichten von deinem Dad zu bekommen?“
„Was? Nein … nein!“
Niemals würde mein Vater mir eine wie auch immer geartete Nachricht zukommen lassen. Er ist ein Mann der Tat. Wenn er etwas von mir will, schickt er einfach seine Gorillas. Die kommen mich holen … egal, wo auch immer ich bin. Ich schaudere, als dieser Gedanke mehr und mehr in meinem Kopf Gestalt annimmt.
Kay registriert mein Unbehagen sofort und streichelt mir beruhigend über den Rücken.„Das brauchst du nämlich auch nicht“, sagt er dann ernst, „wir haben hier nämlich kein Internet.“
Mein Gesicht sagt wohl alles, deshalb fährt er grinsend fort.
„Ich hab bereits nachgesehen, heute Mittag. Das Teil ist mit einem sogenannten Intranet ausgestattet, das heißt, nur innerhalb dieses Gebäudes kann man miteinander kommunizieren.“
Noch immer rühre ich mich nicht.
„Hast du dir schon ein Mail-Postfach eingerichtet?“, fragt Kay, der langsam ungeduldig wird, angesichts meiner Tatenlosigkeit.
Na klar … das war das Erste, das ich gemacht hab‘ Okay, es ist nicht mehr länger vermeidbar.
„Ich weiß ja nicht mal, wie ich das Ding bedienen soll“, gebe ich so leise zu, dass Kay es wahrscheinlich nicht verstanden hat.
Aber ich irre mich. Sein Gehör funktioniert einwandfrei.
„Das meinst du nicht ernst, oder?“ Er sieht mich an. „Doch, du meinst es ernst.“
Wenn du jetzt fragst, ob ich irgendwo in Hintertupfingen aufgewachsen bin, knall ich dir eine!
Kay reagiert genau so, wie ich es eigentlich inzwischen von ihm erwarten sollte.
„Komm her!“, sagt er mit einer Stimme, die so sanft ist, dass meine mühsam aufrecht erhaltene Fassung zusammenbricht wie ein Kartenhaus.
Und während er mich in seine Arme zieht und mir sanft über den Rücken streichelt, heule ich mir die Augen aus dem Kopf.
Für den Bruchteil einer Sekunde zupft etwas an der Abteilung meines Unterbewusstseins, die für Zweifel zuständig ist. Da plappert Kay aber schon weiter und ich krieg‘s nicht zu fassen.
„Erzähl es mir, bitte!“
Ich löse mich aus seiner Umarmung, schniefe völlig undamenhaft und versuche ein Lächeln, das natürlich völlig misslingt.
„Erst nachsehen, bitte!“, fordere ich.
„Ja klar“, lacht Kay, „weibliche Neugierde geht vor.“
Wieder hat er es geschafft, dass ich mich gleich besser fühle.
Er klappt den Laptop auf und drückt ein paar Tasten. Ich spähe über seine Schulter und versuche mir einzuprägen, welche es waren. Nach einigen Sekunden erscheint ein Bild von Castillian. Darunter steht in schönster Schreibschrift „Wir wünschen allen Schülerinnen und Schülern eine angenehme Nachtruhe. In zehn Minuten geht das Licht aus!“
Plötzlich flackert die Deckenbeleuchtung und wir

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