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Der Junge mit den blauen Haaren

Der Junge mit den blauen Haaren

Titel: Der Junge mit den blauen Haaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Loesel
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Miriam, die noch immer nicht wieder aufgetaucht ist, stehen alle von unserem Tisch beisammen. Kay ganz dicht neben mir. Was uns ein erneutes wissendes Lächeln von Rheena einbringt.
„Na, dann lasst uns eine kurze Führung machen!“
Daniel scheint der Anführer hier zu sein, und nachdem das so ist, akzeptieren auch Kay und ich diese Tatsache und nicken.
Bevor wir den Speisesaal verlassen, deutet er nach hinten.
„Hier sind Küche und Wirtschaftsräume. Also das Reich von Mr. und Mrs. Pennyfox, dem Haushälter-Ehepaar.“
„Die halten den Kasten hier ganz alleine sauber?“, stoße ich entsetzt hervor.
„Nein“, lacht Daniel, „einmal pro Woche rückt eine Putzkolonne an. Mrs. Pennyfox ist unsere Köchin und ihr Mann sorgt quasi dafür, dass hier alles läuft.“
„Ach so.“ Angesichts der gewaltigen Armada an Personal, das ich von daheim gewöhnt bin, kann ich mir nur zu gut vorstellen, wie viel Arbeit in dieser Anlage steckt.
Aber nur beinahe … wirklich wissen tu ich es nicht. Schließlich habe ich noch niemals auch nur einen Finger rühren müssen. Immer wurde alles von Dads Personal erledigt.
Wir verlassen den Speisesaal und mir gelingt noch ein kurzer Blick, auf eine rundliche Frau mittleren Alters, die eben erscheint, um die Tische abzuräumen.
Während Kay und ich hinter Daniel her marschieren wie Küken hinter ihrer Mutter, übernimmt Greg die linke Seite und Tiger die rechte Seite des Flurs. Rheena bildet die Nachhut.
„Links sind die wissenschaftlichen Klassenräume, also hier findet Bio, Chemie, Physik und so weiter statt.“
Greg schließt mit einer weitläufigen Geste seiner Hand die sechs Zimmer ein.
„Gregs Lieblingsräume“, höre ich Rheena hinter mir kichern und grinse in mich hinein. Beinahe hatte ich mir schon so was in der Art gedacht.
„Rechter Hand werden so schreckliche Dinge wie Mathe, Politikwissenschaften und Geschichte unterrichtet.“
Daniel verzieht angewidert sein Gesicht, während Tiger vor den sechs Klassenräumen auf und ab hüpft wie Tigger aus Winnie Puh.
„Gregs Lieblingsräume“, konstatiert Rheena abermals hinter mir und nun lache ich lauthals los und drehe mich zu dem Mädchen um.
„Ja, du liegst richtig mit deiner Vermutung“, kichert sie und geht ein wenig langsamer, damit ich hinter Kay zurückfalle, der zu Daniel aufgeschlossen hat. „Greg ist unser Genie.“ Rheena macht eine ehrfürchtige Miene. „Aber“, fährt sie fort, „er ist kein Streber. Er weiß das einfach alles. Manchmal sogar mehr, als unsere Lehrer. Und er hilft uns, wo er nur kann. Greg kann uns das alles viel besser vermitteln, als die Erwachsenen. Also, wenn du Fragen hast, wende dich vertrauensvoll an unser Genie!“
Greg, der natürlich alles gehört hat, nickt zu Rheenas Worten.
„Ich beiße nicht“, sagt er ernsthaft und ich zucke zusammen.
Schon wieder wird mir bewusst, dass ich noch niemals zuvor in meinem Leben mit so vielen Gleichaltrigen zusammen war. Der lockere Umgangston ist neu für mich und ich habe Angst, irgendetwas falsch zu machen. Denn nichts auf der Welt möchte ich lieber, als dazu zu gehören.
Selbstverständlich habe ich in der kurzen Zeit, in der ich eine öffentliche Schule besuchen durfte, auch Schulkameraden gehabt. Aber außer Taylor hat eigentlich niemand mehr als Hi zu mir gesagt. Warum fällt mir das eigentlich jetzt erst auf? Bevor ich weiter darüber nachgrübeln kann, sind wir am Ende des Flures angekommen und stehen vor einer Treppe, die genauso breit ist, wie die, die ich heute bereits das Vergnügen hatte, einmal nach oben und einmal nach unten zu trampeln.
Und wenn ich nicht in der Eingangshalle übernachten will, muss ich mir die Tortur noch einmal antun später. Ich unterdrücke ein Schaudern.
„Hier geht es zu unseren Unterkünften“, erklärt Daniel und ich kneife meine Augen zusammen.
„Warum liegen eure Zimmer auf der entgegengesetzten Seite?“, fragt da aber auch schon Kay.
„Könnte daran liegen, dass das hier der eigentliche Wohntrakt ist“, bemerkt Tiger trocken, „er beinhaltet genau zwölf Doppelzimmer. Sechs Mädchenzimmer, sechs Jungszimmer. Und natürlich die Unterkünfte der Lehrer.“
Ich blicke mich suchend nach Kay um, der sofort näher rückt. Ihm scheinen dieselben Gedanken durch den Kopf zu gehen wie mir.
Tiger beantwortet unsere Frage, bevor wir sie stellen.
„Hier wurden noch niemals mehr als vierundzwanzig Schüler unterrichtet.“
„Aber …“
Er hebt in einer Geste seine Hände, die besagt, dass er sich das

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