Der Junge mit den blauen Haaren
unscheinbare Mädchen heißt, das unter mausgrauen Ponyfransen heraus Kay anhimmelt.
Oh Mann … das kann ja noch heiter werden. Allerdings scheint sie keine solche Bedrohung darzustellen, wie Miriam.
Mr. Summerfield macht eine übertriebene Geste mit seiner Hand und deutet eine leichte Verbeugung an.
Mein Gesicht hat beschlossen, kirschrot besser zu finden, und mit gesenktem Haupt schlüpfe ich neben Kay auf die Bank.
Sobald ich seine Hand spüre, die kurz mein Knie drückt, beruhige ich mich etwas.
Mr. Summerfield spult seinen Unterricht ab, doch ich kann nicht umhin, immer wieder zu Miriam zu sehen, die bitterböse Blicke in meine Richtung abschießt.
„Lass sie einfach links liegen!“, flüstert Kay, „das tu ich auch.“
Schlagartig geht es mir besser … bis zur Mittagspause.
Während Kay es übernimmt, für uns beide Reisfleisch und Salat zu holen, habe ich mich in die Schlange beim Nachtisch eingereiht.
Den Tipp, uns aufzuteilen, hat Rheena mir gegeben. Sie macht das mit Tiger genauso. Es spart enorm Zeit.
Kay sitzt bereits an unserem Tisch und stellt unsere Teller ab, als ich das Tablett mit unserem Nachtisch, Schokopudding mit Schlagsahne, durch den Saal balanciere.
Ich bin beinahe angekommen und strahle Kay an, als sich seine Augen plötzlich verdunkeln.
Was?
„Kim … Vorsicht!“
Zu spät!
Wie von Zauberhand hüpft mein Tablett in die Höhe und Schokopudding inklusive Sahnehäubchen verteilen sich auf meinem Oberkörper.
„Hoppla!“, höre ich die hohntriefende Stimme von Miriam, „da haben wir wohl ein kleines Schusselchen, hm?“
Bevor ich etwas sagen kann … ehrlich gesagt, kann ich es vermutlich in den nächsten Minuten nicht, da mein Hals wie zugeschnürt ist … kniet Tiger am Boden, um die Scherben aufzusammeln. Kay hat zeitgleich Position hinter meinem Rücken bezogen und umfasst meine Ellbogen.
Saß er nicht eben noch an unserem Tisch?
Vermutlich weiß er inzwischen, dass ich gleich wieder hyperventiliere. Oder, noch schlimmer, ohnmächtig werde.
Und dann höre ich Rheenas Stimme. Wohl eher ein Fauchen.
„Miriam, ich habe dich gestern Abend bereits gewarnt. Wenn du wieder deine Spielchen spielen willst, such‘ dir irgendeine Tussi aus deiner Schlampenliga, die mit denselben unfairen Mitteln kämpft, wie du!“
Ich schwanke. Zum Glück steht Kay so dicht hinter mir, dass ich lediglich gegen seine breite Brust taumele. Sofort schließt er seine Arme um meine Taille und verschränkt seine Hände vor meinem Bauch.
Die Geste scheint Miriam wütender zu machen, als Rheenas Worte.
Mrs. Pennyfox erscheint und bringt Schaufel, Kehrbesen sowie einen Wischmopp … und etwas Ruhe in die erhitzten Gemüter.
Instinktiv will ich nach dem Mopp greifen.
„Ich mach das schon, Kim“, sagt Rheena mit ruhiger, freundlicher Stimme. „Kay, bringst du Kim nach oben, damit sie sich umziehen kann?“
„Nein“, sage ich heftig, kann aber leider das Zittern in der Stimme nicht ganz überspielen „ich kann alleine gehen. Nur weil ich schusselig bin, muss Kay nicht auf sein Essen verzichten.“
„Ich komme mit dir“, sagt Kay entschlossen und ich weiß, dass ich erst gar nicht den Versuch unternehmen brauche, zu widersprechen. Wut klingt in seiner Stimme mit. Wut, die nicht mir gilt.
Kay verändert seine Position, doch nur insofern, dass er nun neben mir steht. Ein Arm ruht noch immer auf meinem Rücken, die Hand fest auf meiner Hüfte.
„Ich stelle eure Teller in den Wärmeschrank“, erklärt Mrs. Pennyfox mit liebenswürdiger Stimme und Kay bedankt sich artig, auch in meinem Namen, da ich meiner Stimme noch nicht recht über den Weg traue.
Miriam sieht endlich ein, dass sie für genügend Unruhe gesorgt hat – für den Moment – und verzieht sich böse grinsend auf ihren Platz neben Dan, der den Kopf beinahe in seinem Teller versenkt hat.
Er kommt mir vor, wie einer der drei berühmten Affen, die nichts sehen, nichts hören und nichts sagen.
„Lass uns gehen, Kleines!“
Wie ein unmündiges Kind lasse ich mich von Kay aus dem Speisesaal schieben, wohl wissend, dass dreiundzwanzig Augenpaare uns folgen … Dan sortiert noch immer die Reiskörner nach Größe und Gewicht.
14)
K ay zieht den Schlüssel aus seiner Hosentasche und schließt mein Zimmer auf.
Ich starre ihn an, als käme er vom Mars.
Dann fällt mir wieder ein, dass ich ihm selbst ja heute Morgen den Schlüssel gegeben habe, als er unsere Laptops geholt hat. Quasi als Alibi.
Widerstandslos lasse ich mich in mein Zimmer bringen. Kay
Weitere Kostenlose Bücher