Der junge Seewolf
brauchen, damit Sie in Saint John ohne Nachschub drei Wochen auskommen und Holz schlagen und für den Schiffsbau vorbereiten können. Einzelheiten erkläre ich Ihnen morgen.«
Als sie am übernächsten Tag mit dem Langboot und einem Führer den Richelieu flußaufwärts fuhren, ahnte außer Jean niemand, was sie erwartete. Und auch Jean hatte ja nur Erfahrungen mit Rindenkanus und Lasten, nicht aber mit den massiven Beibooten der Flotte.
Als sie vor Sainte Terese den Beginn der Portage erreichten, mußten sie zunächst alle Lasten stapeln, mit Segeltuch abdecken und den Transport ihres Bootes vorbereiten. Die Portage war ein breiter, ausgetretener Pfad, bergauf und bergab.
Sie hoben ihr Boot mit aller Kraft und trugen es etliche Schritte. Dann mußten sie einsehen, daß das auch mit vielen Pausen nicht zu schaffen war.
Es gab nur einen Weg: Hölzer mußten so rund und glatt wie möglich bearbeitet werden, damit das Boot auf ihnen rollen konnte. Die Rollen, die hinten frei wurden, mußten vorn wieder vorgelegt werden. Gezogen werden mußte mit Seilen. Und natürlich mußten mindestens zwei Mann das Boot seitlich abstützen.
Der Transport über die Portage war ein endloser Alptraum. Sie schafften nicht einmal eine Meile in einer Stunde, obwohl sie mit allen Kräften schufteten. Es war ja nicht mit Ziehen getan. Ging es bergab, dann mußte das Boot gebremst werden, und man mußte aufpassen, daß die Rollen nicht wegrutschten. Am ersten Tag schafften sie sieben Meilen.
Als am zweiten Tag Regen einsetzte, fühlten sie sich im Vorhof der Hölle. Sie rutschten aus, das Boot kippte, quetschte ihnen Beine und Arme, und sogar der starke Greg Miller konnte nicht mehr. Fünf Meilen waren sie vorangekommen.
Am dritten Tag fuhr ihnen ein Kanadier mit einem Ochsengespann entgegen, den sie sofort für ihren Transport einsetzten. Jetzt war ihnen die Vorwärtsbewegung abgenommen, und sie mußten ›nur‹ noch bremsen, stützen und die Rollen vorlegen. Sie waren mehr tot als lebendig, als sie am Abend Saint John erreichten und das Boot wieder in den Fluß setzten.
Als sie sich am Morgen immer noch müde und zerschlagen erhoben, schickten sie David und Hansen aus, ob bei einer der lagernden Einheiten ein warmes Frühstück zu holen war. Sie hatten Glück.
David traf den Leutnant, seinen Florettpartner, und der besorgte ihnen bei der Küche seiner Kompanie ein reichliches Frühstück.
Ein wenig kräftiger fühlten sie sich danach schon. Aber an den Transport des vielen Materials, der noch vor ihnen lag, mochte niemand denken.
Schließlich sagte Hamond: »Es hilft nichts, wir müssen uns auf den Weg machen. Wenn die Grenadiere ihr ganzes Gepäck hierher geschleppt haben, werden wir Shannonses ja wohl auch noch schaffen.«
David dachte, so schön das Land sei, so hart sei es auch. Dann fiel ihm auf, daß er ja von dem riesigen See noch keinen Zipfel gesehen hatte.
Er fragte Jean: »Wo ist denn nun der Lake Champlain? Ich sehe ihn nicht.«
»Das sind noch weitere fünfundzwanzig Meilen den Fluß entlang«, gab Jean Auskunft.
Isaak hatte nicht richtig verstanden. »Noch mehr fünfundzwanzig Meilen tragen zum See? O nein! Massa, Sir.«
Alle lachten, und David beruhigte ihn: »Nein, von hier ab sind wir wieder Seeleute, auch wenn die Schiffe etwas kleiner sind.«
Die Schlacht bei Valcour Island
In Saint John fühlte sich niemand recht zuständig für die Männer der Shannon. Die Armee hatte ihre Lager in der Nähe des niedergebrannten Forts aufgeschlagen. Geschütze wurden aufgestellt, um die Zufahrt vom See zu sichern. Aber was sollte man mit Seeleuten, da die Rebellen doch jedes Boot mitgenommen oder völlig zerstört hatten?
Hamond sah voraus, daß sich das bald ändern werde. »Wenn wir uns bis dahin nicht selbst eine Arbeit beschafft haben, wird man uns einteilen. Es kommt darauf an, welche Art Arbeit wir gerne übernehmen möchten?«
David waren Patrouillenfahrten auf dem See am liebsten, der rund einhunderfünfundzwanzig Meilen lang sein sollte. Hamond erwiderte, daß ihr Langboot dazu nicht ausreiche, da die Rebellen drei bewaffnete Schoner hätten.
»Nein, David«, sagte er, »uns bleibt nur die Wahl, in der neuen Werft zu arbeiten oder im Umland Material für die Werft zu suchen, Bäume, die sie für Masten und Rahen benutzen können, Bäume, deren Äste so gewachsen sind, daß man sie für die Kniee an den Rümpfen gebrauchen kann. Ich würde so etwas lieber machen, dann sind wir nicht in der Masse unter
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