Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
Vom Netzwerk:
Kielwasser in Richtung Gibraltar, und jeden Tag wurde die Mannschaft an den Geschützen oder in der Abwehr von Enterangriffen gedrillt.
    Als in der Höhe von Gran Canaria zwei Tage Flaute herrschte, war das die ersehnte Gelegenheit für den Kapitän, Bootsangriffe zu üben. Die Entermannschaften mußten sich in die Barkasse und die beiden Kutter stürzen, wie die Wilden zur Marie Hinrichs pullen und dort an Bug und Heck zugleich entern.
    Oder sie mußten von der Schnau aus die Fregatte angreifen, die die Enternetze geriggt hatte und deren Restbesatzung mit Stöcken und Latten bereitstand, um die Enterer abzuwehren. Beulen und blaue Flecke gab es genug, aber es wurde weniger als üblich gemeckert, denn alle spürten, daß sich der Drill sehr bald auszahlen konnte.
    Zwei Tage vor Gibraltar wurden sie von einer Sloop eingeholt, die mit Kurierpost von Barbados kam. Da Kapitän Brisbane ranghöher war als deren Commander, übergab er diesem seine Berichte und die Schnau mit dem Befehl, beides in Gibraltar abzuliefern. Kaum war die Prisenmannschaft abgelöst und wieder an Bord der Shannon, ging diese auf Gegenkurs. Die Jagd auf die Piraten begann.

Im Kampf gegen die Piraten
    Die Sonne berührte schon die Kimm, die Hitze war erträglich geworden. Die geöffneten Fenster der großen Kajüte gaben den Blick auf das tanzende und wirbelnde Kielwasser frei. Die eindringende Luft brachte etwas Kühlung in den Raum, dessen Holzwände die Hitze der vergangenen Tage gespeichert hatten.
    Kapitän Brisbane saß mit den Seeoffizieren, den Leutnants der Seesoldaten, dem Master und dem Stückmeister am großen Tisch. Bootsmann, Zimmermann, Segelmacher und der erste Steuermannsmaat, die keinen Sitzplatz mehr gefunden hatten, standen, wobei der lange Segelmacher immer den Kopf gesenkt halten mußte, was Mr. Grant unwillkürlich an einen Sünder vor der Kanzel erinnerte.
    »Meine Herren! Wir müssen von folgenden Tatsachen ausgehen: Zwei Schebecken, eine mit etwa vierundzwanzig, die andere mit zwölf Kanonen, jede mit starker Besatzung, haben die Schnau während der Vormittagswache vor der Küste der Sumpf- und Insellandschaft angegriffen, die sich von der Mündung des Gambia aus dreißig bis vierzig Seemeilen in nordwestlicher Richtung erstreckt. Es gibt dort keinen Berg, der einen Ausguck auf die Schiffahrt erlauben und den Piraten vorher zeigen würde, ob sich ein Angriff lohnt und risikolos ist oder nicht. Aber der Schiffsjunge erinnert sich, daß sie zwei Stunden vor dem Überfall in zwei Meilen Distanz einige Fischerboote passierten. Wahrscheinlich erhalten die Piraten von ihnen die Informationen.
    Wenn die Shannon vor dieser Küste entlangsegelt, deutlich als Zweiunddreißig-Kanonen-Fregatte erkennbar, dann gibt es für die Piraten keinen Grund, ihr Versteck für einen Angriff zu verlassen. Außer einem blutigen Kampf mit zumindest zweifelhaftem Ausgang hätten sie keinen Gewinn zu erwarten. Stimmen Sie mir insoweit zu, meine Herren?«
    Das allgemein gemurmelte »Aye, Aye, Sir« war vom Kapitän erwartet worden, denn er fuhr fort, bevor es abgeklungen war: »Das bedeutet, daß wir das Schiff maskieren müssen. Ich wünsche, daß mit altem Segeltuch die Geschütze und die Einschnitte im Schanzkleid so kaschiert werden, daß wir wie ein Handelsschiff mit einer Breitseite von drei bis vier Kanonen aussehen. An Deck sind Hütten für Passagiere und Deckslasten vorzutäuschen. Die Rahen werden so umgetrimmt, daß sie nicht kriegsschiffmäßig aussehen, sondern wie bei einer etwas vergammelten Dreimastbark. Auf die Segel sind Flicken aufzusetzen. Aber alles muß so ausgeführt werden, daß es in knapp fünf Minuten beseitigt ist und die Gefechtsbereitschaft nicht mehr beeinträchtigt. Kein Seesoldat darf sich an Bord mit seinem roten Uniformrock zeigen. Mehr als zwölf bis fünfzehn Mann dürfen nie an Deck zu sehen sein. Die Offiziere tragen keine Jacken.
    Wenn die Schebecken gesichtet sind, werde ich den Angriff je nach Wind und Situation ausführen. Meine Absicht ist, erst dem einen Gegner die Takelage zu zerschießen, damit er nicht mehr manövrieren kann und dann den anderen zu vernichten. Darauf will ich zum ersten zurückkehren und hier vielleicht Gefangene machen, aus denen wir etwas über ihren Landstützpunkt herausholen können. Einen verlustreichen Enterkampf möchte ich vermeiden. Aber vergessen Sie nicht, Schebecken sind gerade bei leichtem Wind schnelle und sehr wendige Segler. Sie können höher an den Wind gehen als wir.

Weitere Kostenlose Bücher