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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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Winter geht«, lenkte Morsey ab.
    »Posten!« brüllte Brisbane. »Der Schiffsarzt zu mir, sofort! Kompliment und so weiter. Sie wissen schon!«
    Mr. Lenthall kam und berichtete von einem Stich, der an der dritten Rippe abgeprallt sei. Eine Fleischwunde, keine Verletzung der Lunge. Er habe die Wunde gesäubert und versorgt. Man müsse abwarten, denn bei Dolchen an Land wisse man nie, was vorher mit ihnen geschnitten sei. Wenn es keine Infektion gäbe, sei die Sache bald vorbei.
    »Kein Wort zu irgend jemandem, wenn ich bitten darf, Mr. Lenthall«, sagte der Kapitän. »Die Herren Morsey und Barnes holen mir bitte die anderen Herren, die dabei waren.«
    Als er mit Marsh allein war, kehrte der Jähzorn zurück. Marsh war gebrochen, winselte, er habe nur Prügel veranlaßt, stotterte seinen Neid, seine Komplexe heraus, bettelte, bis der Kapitän ihm angewidert zu schweigen befahl.
    »Sie müßten vor ein Kriegsgericht, Sie elender Kerl, aber das wäre für unser Schiff eine Blamage. Sie werden um ihre Versetzung nachsuchen, schriftlich, hier und jetzt, und an meiner Beurteilung wird es nicht liegen, wenn Sie in nächster Zeit ein neues Schiff bekommen!«
    Marsh akzeptierte alles. Die anderen Begleiter Davids wurden vom Kapitän zum Schweigen verdonnert. »Ein ganzes Schiff hat unter der Schande zu leiden, wenn so etwas von den Gazetten ausgeschlachtet wird!«
    David lag im Krankenrevier. Mr. Lenthall hatte seine Schmerzen mit Opiumtinktur gemildert. Am nächsten Tag bekam er Fieber und phantasierte von seinen Eltern, von Susan, von Portsmouth und den Piratenkämpfen. Zu einer Zeit, als es ihm besser ging, erschien Haddington und erzählte, daß Marsh die Schläger gedungen hätte, daß dieser versetzt werde und daß der Kapitän Stillschweigen befohlen hätte.
    Nach dem Besuch stieg das Fieber wieder, und Mr. Lenthall versorgte die Wunde mit Kräuterpackungen und flößte David Medizin ein.
    In diesen Stunden setzte sich in David ein Charakterzug durch, den später manche fürchten sollten. Er war als Feind hart und unerbittlich. Kleine Streitereien vergaß er leicht. Aber schwere oder gar gemeine Angriffe verfolgte er mit hartnäckiger Rachsucht. So leicht sollte Gilbert Marsh nicht davonkommen!
    Die Shannon war auf See, und David erholte sich, täuschte aber noch Fieber vor.
    Als der Kapitän das Krankenrevier aufsuchte und ihm sagte, wie leid ihm das tue, faselte er wie im Fieber: »Er will meinen Tod, ich soll sterben, soll nichts verraten. Mr. MacMillan hat ihn beim Falschspiel ertappt. Ich war dabei. Nun will er mich umbringen. MacMillan sagt, er sei ein Betrüger. Nimmt nur Rücksicht auf Kapitän Brisbane, sonst hätte er mit Schimpf und Schande aus der Flotte gejagt werden müssen.«
    Der Kapitän hörte der leisen, hastigen Stimme mit wachsendem Entsetzen zu, als er aber mehr wissen wollte, markierte David Erschöpfung und schwieg.
    Einige Tage später besuchte ihn Morrison. David berichtete ihm ohne die Vortäuschung von Fieberphantasien von dem Falschspiel und dem Wunsch Marshs, einen Zeugen zu beseitigen. Wieder erwähnte er, daß Mr. MacMillan den Betrug entdeckt habe.
    Morrison war empört. Vom Kapitän nicht zum Stillschweigen verpflichtet, erzählte er die Geschichte im Cockpit, und sie fand den Weg zur Offiziersmesse.
    Mit William Hansen unterhielt sich David in deutscher Sprache, erzählte ihm alles, und sie verabredeten, daß William die Mannschaft informieren solle. Wenn Marsh an Deck einen Befehl erteile, werde er mit einigen Freunden unentdeckbar im Gewimmel ›Mörder‹ und ›Betrüger‹ rufen.
    Zwei Tage später, querab von den Scilly-Inseln, waren der Sondergesandte, der Kapitän und einige Offiziere auf dem Achterdeck. Kapitän Brisbane bat den wachhabenden Offizier, eine Kursänderung vorzubereiten. Der gab Mr. Marsh den Befehl, alle Mann an Deck zu beordern.
    Als Marsh rief: »Alle Mann«, und Bootsmannspfeifen ihn unterstützten, ertönten plötzlich aus dem Gewimmel an den Niedergängen die Rufe »Mörder«, »Betrüger«, »Falschspieler Marsh«, »Mörder Marsh«.
    Die Offiziere sahen betreten zur Seite. Der Gesandte fragte, was das zu bedeuten habe, aber Kapitän Brisbane stürzte mit starrem Blick zur Achterdeckreling und brüllte: »Ruhe an Deck! Oder ihr kostet die neunschwänzige Katze!«
    Eine Stunde später gab Marsh zu, daß ihn Mr. MacMillan beim Falschspiel erwischt und er Angst gehabt habe, David werde ihn verraten. In Anwesenheit von Leutnant Grant verkündete der

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