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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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Kapitän, daß er unter Arrest stehe und im Hafen dem zuständigen Admiral zur Einberufung des Kriegsgerichtes übergeben werde.
    »Gott sei mein Zeuge, ich habe versucht, dem Schiff das Gerede zu ersparen und Ihren Eltern die Schande. Ich habe nicht geahnt, wie schwer Ihre Schuld war. Nun möge die Gerechtigkeit ihren Lauf nehmen.«
    David stand an Deck, noch etwas geschwächt, aber geheilt. Die Themsemündung lag breit und einladend vor ihnen. An Backbord, auf der Reede von Nore, lagen einige Linienschiffe und Transporter. Die Shannon nahm Kurs auf Sheerness mit seinen Docks.
    März 1775! War es wirklich nur ein Jahr her, daß er mit dem Postboot in die Themse eingelaufen war? Er fühlte sich viel älter, belastet mit Erinnerungen und Gedanken. Als die Anker vor Sheerness gefallen waren, näherte sich das Boot des Hafenadmirals.
    Der Leutnant der Seesoldaten und der Profos brachten Gilbert Marsh an Land, wo ihn Prozeß und unehrenhafte Entlassung aus der Royal Navy erwarteten.
    David sah Marsh, der nicht mehr aufblickte, vom Deck aus zu. Triumph fühlte er nicht, eher einen schalen Beigeschmack nach einer Tat, die notwendig war, über die man sich aber nicht freuen konnte.
    Leise sagte Mr. Lenthall neben ihm: »Sie haben nun Ihre Rache, Mr. Winter, aber wohl ist Ihnen anscheinend auch nicht dabei. Wer gegen ehrloses Gesindel vorgeht, behält selten saubere Hände. Seien Sie auf der Hut, Mr. Winter!«
    Bin ich so leicht zu durchschauen? dachte David bestürzt.

Sturmfahrt zur Neuen Welt
    Holpernd und knarrend rollten die Räder der Postkutsche im Morgengrauen aus. Müde und steif reckte sich David und sah aus dem Fenster. Viel geschlafen hatte er in der planmäßigen Postkutsche von London nach Portsmouth nicht.
    Der Kutschenschlag wurde aufgerissen: »Hotel zur Post, gutes Frühstück, bitte aussteigen!«
    David kletterte hinter Kaufleuten und einer dicken Matrone aus dem Wagen, verabredete mit dem Wirt, daß seine Seekiste bis zur Abholung durch den Hausdiener John bei ihm stehenbleiben könne, und wanderte durch den frischen Morgen die vertrauten Gassen entlang.
    Vertraut schon, aber irgendwie sah alles kleiner aus. Kein Vergleich mit den neuen Prachtstraßen in Lissabon, eher schon ein bißchen Alfama, Altstadt.
    Das Haus der Barwells! Johns erstauntes, freudiges Rufen: »Der junge Mr. Winter!« Bellen, Winseln, Lecken des Hundes. Die freudigen Umarmungen der Tante, ihre Musterung mit feuchten Augen.
    »Gott, bist du braun! Und groß und kräftig bist du geworden! Die Jacke sitzt ja gar nicht mehr richtig. William, wo bleibst du nur?«
    Onkel William erschien vom Frühstückstisch, die Serviette noch in der Weste.
    »Junge, wie gut, dich wieder gesund bei uns zu sehen! Setz dich an den Tisch! Du mußt Hunger und Durst haben.«
    Und er rief nach dem Mädchen, rückte Stühle, packte David um die Schulter. Als der zusammenzuckte, weil die Wunde gedrückt war, fragte er besorgt, und David mußte vor der entsetzten Tante und dem bestürzten Onkel die Geschichte des Überfalls und seiner Hintergründe erzählen. Kaum blieb ihm Zeit zum Essen und Trinken.
    Wie so etwas möglich sei auf einem Schiff des Königs? Der Kapitän müsse doch wissen, wen er als Offiziersnachwuchs akzeptiere. Der Onkel war kaum zu beruhigen und wollte seine Entrüstung in einem Brief an den Kapitän loswerden. Die Admiralität müsse ein Exempel statuieren. Endlich konnte Tante Sally die Wogen glätten und David in sein Zimmer führen.
    »Zwei Stunden Ruhe braucht der Junge, und keiner stört ihn«, entschied sie, und David war schon eingeschlafen, als er aufs Bett sank.
    Wie beim ersten Erwachen im Haus der Barwells weckten ihn Cousine Julie und Cousin Henry. Bei Julie war zu erkennen, daß sie ein gutes halbes Jahr älter war. Henry wirkte unverändert und fragte gleich nach mitgebrachten Geschenken.
    »Erst werde ich mich mal anziehen und nachschauen müssen, ob die Seekiste inzwischen da ist, du kleiner Quälgeist.«
    Sie war da, und die Geschenke fanden überall dankbare Zustimmung, auch beim Onkel, der zum Mittagessen aus dem Kontor eilte. Nach dem Essen folgte wieder die Zeit des Erzählens. Alles wollten sie wissen: von der Fahrt nach Gibraltar, wie Hafen und Stadt seien, vom Leben an Bord, von den Kämpfen mit den Piraten. David mußte seinen Bericht abschwächen, als er merkte, wie die Tante die möglichen Gefahren erschreckten. Kurz, sie ließen keine Ruhe.
    Der Onkel, der wieder ins Kontor mußte, sprach ein Machtwort: »David ist

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