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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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noch zwei Wochen hier. Jetzt laßt ihn erst mal in Ruhe! Schlaf dich etwas aus, David! Dann kannst du mit deiner Tante ein wenig in der Stadt bummeln.«
    Mit seinen dreizehneinhalb Jahren war David fast so groß wie Tante Sally, und sie ließ sich stolz von ihrem schmucken Pflegesohn führen. Er mußte unbedingt zum Uniformschneider, denn für einen neuen Rock sollte Maß genommen werden. Der alte konnte ausgelassen werden und als zweite Garnitur dienen. Und ohne neue Hemden und Seidenstrümpfe ging es nicht!
    David war froh, als das Herumgefummel und Maßnehmen vorbei waren und die Tante der ›Queens Kaffeestube für Damen vom Stande‹ zusteuerte. Genauso zielsicher steuerte sie die Unterhaltung auch auf Susan, die vorher nur beiläufig erwähnt worden war.
    Die Familie schien ihre Anerkennung zu finden, daß Susan etwas älter war, stimmte sie bedenklich. Sie stufte die Bekanntschaft als aussichtslose Jugendschwärmerei ein und beraubte sich damit der Chance, etwas über das Medaillon und über Davids Beharren auf einer gemeinsamen Zukunft mit Susan zu erfahren.
    Die Tage in Portsmouth waren wie damals und doch irgendwie anders. Es waren dieselben Schulkameraden, aber sie waren nur ein halbes Jahr gealtert, und David hatte genug für zwei und mehr Jahre erlebt. Sie redeten über die Schrullen ihrer Lehrer und die Streiche, die sie ihnen spielten, und er hatte Tod und Liebe erlebt.



Irgendwie waren sie sich fremd geworden, und David ging in das ›Star and Porter‹, wo die Midshipmen der bei Spithead liegenden Schiffe saßen, und hörte ihren prahlenden Reden zu. Aber Kämpfe hatten sie auch nicht erlebt.
    An einem Abend nahm ihn Onkel Barwell in seinen Klub zum Essen mit, wo sie mit Mr. Grey, Mr. Foot und zwei anderen Bürgern speisten. Irgendwie schien David dieses Zusammentreffen angemessener. Hier galt er als junger Mann, nicht als Schüler, nicht als Jüngling.
    Sie fragten ihn nach seiner Meinung über die Gefahren durch Piraten, nach der Stimmung in der Flotte, einige kannten Gibraltar, andere Lissabon, kurzum, er fühlte sich ernst genommen. Aber Hochmut konnte nicht aufkommen, denn er merkte bald, wieviel mehr die anderen über Geschichte und Politik wußten.
    Die Rebellion in Amerika war das zentrale Thema. Keiner zweifelte daran, daß die Shannon zur Nordamerika-Station kommandiert werden würde.
    »Bei den wenigen Schiffen, die wir dort haben, werden Fregatten, Sloops und Kutter gebraucht wie das liebe Brot«, sagte Mr. Grey. »Wir kommen auf der Werft bald nicht mehr nach mit Neubauten und Ausrüstungen. Und vorher haben sie jahrelang kaum etwas für die Flotte getan!«
    Die Kaufleute waren der Meinung, daß mit Armee und Flotte in Amerika nichts zu erreichen sei. Was habe man denn bewirkt mit der Schließung des Hafens von Boston und der bedrückenden Einquartierung von Soldaten? Die anderen Kolonien boykottierten nun ihrerseits englische Waren, der Handel sei schwer geschädigt, besonders in Liverpool steige die Zahl der aufgelegten Schiffe und der arbeitslosen Seeleute dramatisch an.
    In Boston sei nur der Pöbel ermutigt worden. Die gemäßigten Bürger würden bedroht, sogar verprügelt, und niemand traue sich mehr, den englischen Truppen und Beamten Nahrung und Ausrüstung zu verkaufen.
    »Entweder man hat genug Truppen und Schiffe, um über eine Million Menschen in einem riesigen, unwirtlichen Land und über zweitausend Meilen Küste zu kontrollieren, oder man muß von vornherein verhandeln und Kompromisse schließen«, erklärte einer der Tischgefährten kategorisch.
    »Aber wenn man jetzt mit ein paar tausend Mann und einer Handvoll von Schiffen mit dem Säbel rasselt, dann nimmt das keiner ernst, und es stärkt die Aufrührer. Schließlich sind es ja freiheitsliebende Engländer, die man schikaniert, und keine russischen Bauern.«
    Mr. Grey, der Schiffsbaumeister, und David waren stärker durch die Auffassung in der doch recht konservativen Flotte geprägt und konnten dem nicht zustimmen. Rebellion gegen die Krone und die Regierung könne nicht geduldet werden. Wie solle man da Kompromisse schließen?
    »Haben Sie vergessen, meine Herren«, meldete sich der Tischgefährte wieder, »daß England seine Rechte nicht geschenkt erhielt, sondern sie der Krone abgetrotzt hat. Auch das konnte man damals Rebellion nennen. Und die Kolonisten berufen sich auf die englischen Freiheitsrechte. Lesen Sie doch nur ihre Erklärung der Rechte vom ersten Oktober vorigen Jahres. Koloniale Verwaltung und

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