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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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aus Mund und Nase. Aber Greg schien frischer.
    Fünf Runden ging die Prügelei unter den Anfeuerungsrufen beider Parteien weiter, ohne daß sich viel geändert hätte. Die Schlagserien waren allerdings langsamer geworden, und jeder hatte blutunterlaufene Stellen im Gesicht, und die Oberkörper waren schweißgetränkt, mit Blut verschmiert und von Schlägen gerötet.
    In den Pausen wischten die Helfer mit Essigwasser ihren Kämpfern die Haut ab.
    In der sechsten Runde nahm der Seesoldat beide Fäuste zusammen und führte einen gewaltigen Rammstoß gegen Gregs Magen. Dem blieb die Luft weg, und er ließ benommen die Fäuste sinken.
    David ertappte sich, wie er wild schrie: »Greg, gib's ihm, hau zu!«
    Aber Greg fing noch einen gewaltigen Schwinger ein, der ihn zur Seite warf. Als sein Oberkörper zurückpendelte, entging er einem anderen Hieb, der seinem Kehlkopf galt.
    Jetzt hatte er sich gefangen, konnte die nächsten Hiebe abwehren, ein Ausweichen antäuschen und mit aller Kraft das Kinn des Seesoldaten treffen. Der sackte etwas nach vorn zusammen, aber kein Schiedsrichter unterbrach den Kampf.
    Greg nahm seine Chance wahr und schlug dem Gegner rechts und links an die Schläfe, bis der bewußtlos war.
    Jetzt schritt der Bootsmannsmaat ein. »Halt!« Er versuchte, den Seesoldaten aufzurichten, konnte ihn aber nicht halten.
    »Der Kampf ist zu Ende. Miller ist Sieger.«
    Gregs Kameraden jubelten. William sammelte ihren Wettgewinn ein, sie banden ihren Kämpfer los und behandelten seine Wunden. Die Seesoldaten schleppten ihren Verlierer fort. Die Seeleute gingen prahlend und schwadronierend zu ihren Backschaften. David und ein anderer Boy mußten das Blut aufwischen.
    David lernte in diesen Wochen mehr als zuvor in der gleichen Zahl von Monaten. Er lernte Mitgefühl für den Zimmermannsgehilfen aus Liverpool, der das harte Salzfleisch mit seinen wenigen Zahnstummeln nicht mehr beißen konnte. Mittags fischte er es aus dem Erbs- oder Haferbrei, schnitt es in winzige Teile, die er noch zerschlug, bis er die Fasern in sich hineinschmatzen konnte.
    Er verstand, daß sie ihren Rum aufsparten und gegenseitig austauschten, bis einer sich sinnlos betrinken konnte. Sie schirmten ihn ab, bis er wieder verkatert in den Alltag zurückkehrte.
    Er sah die Vorgesetzten auch mit ihren Augen, begriff, warum sie Mr. Grant nicht mochten, der immer reserviert und dienstlich war, während sie Mr. Morsey leiden konnten, der mit ihnen auch mal scherzte.
    Charles Haddington nahmen sie auch ein rauhes Wort nicht übel, denn er behandelte sie als Menschen, war gerecht und erleichterte hier und da ihr Los.
    Den Schiffsarzt liebten und verehrten sie. »Er merkt sich deinen Namen und will dir genauso helfen wie denen vom Achterdeck. Der quält keinen aus Übermut, sondern will die Schmerzen lindern. Und wenn es dir dreckig geht, ist er nachts bei dir und wischt dir Schweiß und Schmutz ab. Für den würden wir alles tun!«
    Sonntag war es. Der Kapitän hatte das Schiff und die an Deck angetretenen Divisionen gemustert. Ohne ein Zeichen des Erkennens war er an David vorbeigeschritten und hatte prüfend nur auf Sauberkeit und Ordnung geachtet.
    Mr. Morsey, der Divisionsoffizier, sah David in die Augen und blickte ihn aufmunternd an. Nach der Bibellesung sagte der Kapitän, daß sie voraussichtlich in drei Tagen Boston erreichen würden.
    Aber der Wind wollte den Kapitän anscheinend Lügen strafen. Er ließ mehr und mehr nach. Sie mußten die Leesegel setzen, um wenigstens noch gut zwei Knoten zu laufen. David saß mit seinen Kameraden auf dem Vordeck. Die Sonne wärmte sie.
    Einige besserten ihre Sachen aus, andere schnitzten aus Knochen kleine Kunstwerke, der Kanadier erzählte von der neuen Welt, die vor ihnen lag.
    David sah seine früheren Kameraden Matthew Palmer und Andrew Harland im Fockmast herumturnen. War der Andrew verrückt geworden? Jetzt wollte der frei auf der Vormarsleerahe stehen. David sprang auf, wollte eine Warnung schreien, als Andrew auch schon ausglitt, im Fallen noch an die Fockleerahe schlug und ins Wasser klatschte.
    Gott, er kann doch nicht schwimmen, dachte David, brüllte »Mann über Bord« und rannte die Gangway entlang zum Achterdeck. Vor der Achterdeckreling lagen Taue aufgeschossen, die am nächsten Tag morsch gewordene Schoten ersetzen sollten.
    David griff sich ein Ende, knotete es um seine Brust, sah Andrew regungslos aus dem Wasser auftauchen, rief einem Matrosen zu: »Beleg das andere Tauende!« und sprang

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