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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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Dunkeln sah, daß jemand an den Seesäcken seiner Gruppe war.
    Bevor er rufen konnte, schlich sich der Schatten davon, und vor dem helleren Licht des Niederganges glaubte David, den schmalen, näselnden Londoner zu erkennen, der in Sheerness neu an Bord gekommen war.
    Am nächsten Morgen vermißte der Kanadier sein Brotmesser und ein Stück Hartbrot, das er sich aufgehoben hatte. David berichtete über seine Beobachtungen, und William ging mit dem Kanadier zu dem Ältesten der anderen Backschaft. Der Londoner mußte sich die Durchsuchung gefallen lassen, und sie entdeckten das Brotmesser.
    »Er gehört euch zur Bestrafung, der Strolch«, sagte der andere Backschaftälteste und wandte sich ab.
    William und der Kanadier packten den Dieb und schleiften den um sich schlagenden und strampelnden Kerl zu ihrem Eßplatz. Die Beine wurden zusammengebunden, ein Knebel kam in den Mund, er wurde quer über den Tisch geworfen, und mit Tauenden und Knüppeln schlug die Backschaft auf ihn ein. »Halt!« rief David. »Ihr schlagt ihn ja fast tot.«
    »Viel weniger soll es auch nicht werden«, stieß der Kanadier hervor, »ein Kameradendieb ist das schlimmste Schwein unter Deck.«
    Endlich ließen sie ab und schleiften ihn zu seiner Backschaft zurück.
    »Seht euch vor im Rigg!« sagte deren Ältester. »Er ist heimtückisch und wollte schon einmal einen von der Rah stoßen.«
    David sollte es ein paar Tage später spüren. Als er auf enterte, in den Püttingswanten hing und sich zur Marsplattform hochziehen wollte, trat ihm jemand auf die Finger der rechten Hand, daß er aufschrie und sich mit der linken Hand gerade noch halten konnte.
    Greg Miller, der neben David auf enterte, ein Freund des Kanadiers und ein Bär von einem Mann, rammte dem Londoner die Faust in den Magen und drohte dem Wimmernden. »Versuch es noch einmal, du Schwein, und du gehst nachts über Bord!«
    Ein Korporal der Seesoldaten, der mit zwei seiner Soldaten an der Drehbasse auf der Marsplattform übte, fragte: »Bist du nur gegen Schwächere so stark?«
    Greg polterte: »Kannst es ja mal versuchen, du Hummer!«
    Daraus entwickelte sich ein Kampf, der David zeigte, daß Brutalität Teil des Lebens im Vordeck war. Sie wurden brutal behandelt, und sie waren außerhalb ihrer kleinen Gruppe brutal untereinander. Sie kannten es nicht anders und empfanden es nicht als unerträglich.
    »Such dir ein paar gute Freunde, und wehr dich deiner Haut!«
    Auch ihre unterhaltsamen Veranstaltungen waren brutal, wenn man davon absah, daß sie sich ihren sentimentalen Shanties rührselig hingeben konnten.
    Während ihrer Freiwache tauchte der Korporal mit einem muskulösen, vierschrötigen Seesoldaten bei ihnen auf und sagte: »Ihr habt da einen, der mächtig stark tut. Wir haben einen in unserer Korporalschaft, der ist stark. Schlage einen Faustkampf ohne Zeitbegrenzung vor. Wette mit meinen Leuten zwei Guineen auf unseren Mann.«
    William sah Greg Miller an, der bedächtig nickte. »Gut, wir sind einverstanden. Morgen während der Nachmittagswache könnt ihr aufkreuzen. Aber euer Geld wollen wir sehen.«
    Nach dem Mittagessen des nächsten Tages wurde eine der großen Kisten, in denen der Sand zum Bestreuen des Decks vor dem Kampf lagerte, in die Mitte des vorderen Geschützdecks gerückt. Greg entblößte den Oberkörper und wurde von seinen Kameraden mit Fett eingerieben. Die Seesoldaten erschienen mit ihrem Mann, der ähnlich vorbereitet war.
    Beide Kämpfer setzten sich gegenüber auf die Kiste, genau eine Armeslänge entfernt. In dieser Stellung wurden sie mit Tauen um Leib und Beine festgebunden. Für einen richtigen Boxring wäre kein Platz gewesen.
    So konnten sie durch Bewegungen des Oberkörpers ausweichen, aber sie konnten sich dem Gegner nicht entziehen. Ein Gehilfe des Zahlmeisters verwaltete die Wettgelder. Ein älterer Bootsmannsmaat leitete den Kampf.
    »Jede Runde fünf Minuten nach meiner Sanduhr«, sagte er an. »Dann eine kleine Pause, und es geht weiter, bis einer nicht mehr kann. Geboxt wird nur mit geschlossenen Fäusten. Wer eine öffnet, kriegt sie am Leib festgebunden.«
    Die dichte Runde von Zuschauern rund um die Kiste murmelte Zustimmung.
    Dann folgte das Signal zum Kampf. Der Seesoldat drosch los, als ob eine Herde Pferde galoppiere. Greg pendelte nach rechts und links, schützte seinen Kopf und schlug gezielt zurück. Aber er konnte nicht verhindern, daß er in dem Schlaghagel mehrere Hiebe einstecken mußte. Nach der ersten Runde bluteten beide

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