Der Junge
seiner Mutter über das Geräusch, aber er schert sich nicht drum.
Er hat über Trainingsanleitungen gebrütet, kennt die verschiedenen Würfe auswendig, kann sie mit der korrekten Beinarbeit ausführen. Die Wahrheit aber ist, daß er sein Spiel allein auf der Veranda richtigem Cricket vorzieht. Die Aussicht, auf einem richtigen Spielfeld zu schlagen, begeistert ihn, macht ihm aber auch angst. Besonders fürchtet er sich vor scharfen Werfern, fürchtet sich davor, getroffen zu werden, fürchtet sich vor dem Schmerz. Wenn er richtiges Cricket spielt, muß er sich voll darauf konzentrieren, nicht zurückzuzucken, sich nicht zu verraten.
Er macht kaum Läufe. Wenn er nicht sofort ausgeschlagen wird, kann er manchmal eine halbe Stunde lang schlagen, ohne einen Punkt zu erzielen, was alle irritiert, seine Mannschaft eingeschlossen. Er fällt anscheinend in einen Trancezustand der Passivität, in dem es ausreicht, völlig ausreicht, den Ball einfach abzuwehren. Wenn er an diese Beispiele des Versagens denkt, tröstet er sich mit Geschichten von Länderspielen, die auf schwer bespielbarem Feld ausgetragen wurden, bei denen eine einsame Gestalt, gewöhnlich ein Mann aus Yorkshire, zäh, stoisch, mit zusammengepreßten Lippen alle Durchgänge hindurch schlägt und seinen Mann steht, während um ihn herum die Schlagmänner ausscheiden.
Als erster Schlagmann gegen die Unter-13 der Pinelands sieht er sich eines Freitagnachmittags einem großen, schlaksigen Jungen gegenüber, der, angefeuert von seiner Mannschaft, so scharf und ungestüm bowlt, wie er nur kann.
Der Ball fliegt wer weiß wohin, an ihm vorbei, manchmal sogar am Torwächter vorbei; sein Schlagholz muß er fast gar nicht gebrauchen.
Beim dritten Wechsel trifft ein Ball auf dem Boden neben der Matte auf, springt hoch und prallt ihm gegen die Schläfe.
»Jetzt reicht’s aber!« denkt er noch wütend. »Das geht zu weit!« Die Feldspieler sehen ihn seltsam an. Er hört noch, wie der Ball auf den Knochen trifft – ein dumpfes Krachen, echolos. Dann verliert er das Bewußtsein und fällt um.
Er liegt am Rande des Spielfeldes. Gesicht und Haare sind naß. Er schaut sich nach seinem Schlagholz um, kann es aber nicht entdecken.
»Bleib liegen und ruh dich ein Weilchen aus«, sagt Bruder Augustine. Seine Stimme ist recht fröhlich. »Du hast was abbekommen.«
»Ich möchte schlagen«, murmelt er und richtet sich auf. So gehört es sich, weiß er – es beweist, daß man kein Feigling ist.
Doch er kann nicht schlagen – er ist ausgeschieden, ein anderer schlägt schon an seiner Statt.
Er hätte erwartet, daß sie mehr Aufhebens davon machen würden. Er hätte einen Entrüstungssturm gegen den gefährlichen Werfer erwartet. Aber das Spiel geht weiter, und seine Mannschaft schlägt sich wacker. »Alles in Ordnung? Tut es weh?« fragt ein Mannschaftskamerad und wartet dann kaum seine Antwort ab. Er sitzt am Rande des Spielfelds und sieht bei den restlichen Durchgängen zu. Später spielt er als Fänger.
Es wäre ihm recht, wenn er Kopfschmerzen hätte; es wäre ihm recht, wenn er plötzlich nichts mehr sehen könnte, wenn er ohnmächtig werden oder etwas ähnlich Dramatisches passieren würde. Doch ihm geht es gut. Er befühlt die Schläfe. Da ist eine schmerzende Stelle. Er hofft, daß sie anschwillt und bis morgen blau wird, zum Beweis, daß es ihn wirklich getroffen hat.
Wie alle anderen in der Schule muß er auch Rugby spielen.
Sogar ein Junge namens Shepherd, dessen linker Arm durch Kinderlähmung verkrüppelt ist, muß spielen. Die Mannschaftsaufstellung ist ganz willkürlich. Er muß als Prop-Forward für die Unter-13Bs spielen. Sie spielen jeden Samstagmorgen. Samstags regnet es immer; frierend, naß und unglücklich trottet er von Gedränge zu Gedränge über den durchweichten Rasen und wird von größeren Jungen herumgestoßen. Weil er als Prop-Forward spielt, gibt niemand den Ball an ihn ab, wofür er dankbar ist, da er Angst hat, gefaßt zu werden. Und sowieso ist der Ball, den man zum Schutz des Leders eingefettet hat, zu rutschig, um ihn festzuhalten.
Er würde sich samstagmorgens krank melden, wenn das nicht bedeuten würde, daß die Mannschaft dann nur vierzehn Spieler hätte. Nicht zu einem Rugbymatch zu erscheinen, ist viel schlimmer, als nicht zur Schule zu kommen.
Die Unter-13Bs verlieren alle ihre Spiele. Auch die Unter-13As verlieren meistens. Tatsächlich verlieren die meisten Mannschaften
Weitere Kostenlose Bücher