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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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beherrschte, und wenn sie sich zusammennahm, dankte sie ihm für die natürlichsten Aufmerksamkeiten, als ob es sich um unerhörte Gunstbezeugungen handelte. Alldem begegnete er mit unermüdlicher Dienstbeflissenheit, er verehrte, wie man im Volk sagt, gewissermaßen den Boden, auf dem sie wandelte, und seine Liebe leuchtete aus seinen Augen wie helles Feuer. Als die kleine Katharine geboren wurde, hielt er sich für verpflichtet, in ihrem Zimmer am Kopfende des Bettes zu verweilen. Dort saß er, wie man mir erzählte, weiß wie ein Bettlaken, Schweiß tropfte von seiner Stirn, und das Taschentuch in seiner Hand war zusammengeknäult zu einer kleinen Kugel. Viele Tage lang konnte er den Anblick des Kindes nicht ertragen, und ich bezweifle, ob er sich der jungen Dame gegenüber jemals so benahm, wie er gemußt hätte. Wegen dieses Mangels natürlicher Gefühle wurde er heftig getadelt.
    Das war der Zustand dieser Familie bis zum 7. April 1749, als das erste jener Ereignisse geschah, die so viele Herzen brechen und so viele Leben vernichten sollten.
    An jenem Tage saß ich kurz vor dem Abendessen inmeinem Zimmer, als John Paul die Tür aufriß, ohne anzuklopfen, und mir erzählte, es sei ein Mann unten, der mit dem Verwalter sprechen wolle. Er lächelte höhnisch, als er meine Amtsbezeichnung erwähnte.
    Ich fragte, was das für ein Mann sei und wie sein Name laute, und hierbei stellte sich der Grund für die Mißstimmung Johns heraus, denn offenbar weigerte sich der Besucher, irgend jemand außer mir seinen Namen zu nennen, eine verletzende Haltung gegenüber der Würde des Hausmeisters.
    »Nun gut«, sagte ich, leise lächelnd, »ich werde sehen, was er wünscht.«
    In der Vorhalle fand ich einen großen, sehr einfach gekleideten Mann, der einen Seemannsmantel trug wie einer, der soeben an Land gekommen ist, was bei ihm wirklich der Fall war. Nicht weit von ihm stand Macconochie, die Zunge aus dem Halse und die Hand am Kinn, wie ein Trottel, der hart nachdenkt, und der Fremde, der den Mantel über den Kopf geschlagen hatte, schien ungemütlich zu werden. Kaum hatte er mich gesehen, als er in höflichster Weise auf mich zukam, um mich zu begrüßen.
    »Verehrter Herr«, sagte er, »ich bitte tausendmal um Entschuldigung, wenn ich Sie gestört habe, aber ich bin in peinlichster Verlegenheit. Dort steht dieser Sohn einer Bohnenstange, den ich kennen sollte und der obendrein auch mich kennen müßte. Da Sie bei dieser Familie leben, und zwar in verantwortlicher Stellung, weshalb ich mir die Freiheit nahm, nach Ihnen zu fragen, gehören Sie ohne Zweifel zur Partei der ehrbaren Leute?«»Sie mögen auf alle Fälle versichert sein«, sagte ich, »daß alle, die dieser Partei angehören, sich auf Durrisdeer in voller Sicherheit befinden.«
    »Verehrter Herr, das ist auch meine Meinung«, sagte er. »Sehen Sie, ich wurde soeben an Land gebracht durch einen sehr ehrenhaften Mann, dessen Name mir entfallen ist, und der bis zum Morgen auf mich warten soll, was immerhin gefährlich ist für ihn, und, um ganz offen zu Ihnen zu sein, ich bin etwas besorgt, daß auch für mich Gefahr besteht. Ich habe mein Leben so oft gerettet, Herr ... ich habe Ihren Namen vergessen, aber er ist sehr gut – daß es mir, wie Sie glauben können, sehr unangenehm wäre, es schließlich doch zu verlieren. Und dieser Sohn einer Bohnenstange, den ich, wie ich glaube, bei Carlisle sah ...«
    »Mein Herr«, sagte ich, »Sie können sich auf Macconochie bis morgen verlassen.«
    »Nun, das höre ich mit Freuden«, sagte der Fremde. »Um die Wahrheit zu gestehen, so ist mein Name hier im Lande Schottland nicht sehr beliebt. Einem Gentleman wie Ihnen, verehrter Herr, will ich ihn natürlich nicht verheimlichen und ihn mit Ihrer Erlaubnis in Ihr Ohr flüstern. Man nennt mich Francis Burke – Oberst Francis Burke, und ich bin hier unter verfluchten Gefahren für mich selbst, um Ihre Herrschaften zu sprechen.
    Entschuldigen Sie, verehrter Herr, wenn ich diesen Ausdruck gebrauche, denn aus Ihrer Erscheinung hätte ich niemals auf Ihre Stellung schließen können. Und wenn Sie so außerordentlich liebenswürdig sein wollten,ihnen meinen Namen zu nennen, mögen Sie hinzufügen, daß ich Briefe bei mir trage, die sie ohne Zweifel mit Freuden lesen werden.«
    Oberst Francis Burke gehörte zu den Irländern des Prinzen, die seiner Sache unberechenbaren Schaden zufügten, und die zur Zeit der Empörung von den Schotten gehaßt wurden. Es fiel mir sofort ein, wie der

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