Der Junker von Ballantrae
unserer Flucht, nachdem wir eine Nacht im Regen am Abhang eines Berges geschlafen hatten. Wir trafen dort einen Mann aus Appin, Alan Black Steward (oder ein ähnlicher Name,
Anm. Mr. Mackellare: Sollte das nicht Alan Breck Steward gewesen sein, später als Mörder von Appin berüchtigt? Der Chevalier nimmt es oft mit den Namen nicht sehr genau.
aber ich habe ihn später in Frankreich wiedergesehen), der zufällig desselben Weges kam und auf meinen Kameraden eifersüchtig war. Es wurden grobe Bemerkungen gewechselt, und Steward forderte den Junker auf, abzusteigen und die Sache auszufechten.
»Nun, Mr. Steward«, sagte der Junker, »ich halte es gegenwärtig für besser, ein Rennen mit Ihnen zu veranstalten.« Und bei diesen Worten gab er seinem Pferde die Sporen.
Steward lief hinter uns her, und zwar mehr als eine Meile, was sehr kindisch war, so daß ich lachen mußte, als ich mich schließlich umsah und ihn auf dem Hügel erblickte, wie er die Hand in die Seite stemmte und vom Laufen fast platzte.
»Aber trotz allem«, sagte ich zu meinem Kameraden, »würde ich keinen Menschen hinter mir herlaufen lassenaus einem solchen Grunde, ohne ihm zu Willen zu sein. Es war ein guter Scherz, aber es riecht etwas nach Feigheit.«
Er runzelte die Stirn. »Ich tue genug«, sagte er, »wenn ich mich mit dem unbeliebtesten Mann in Schottland verbinde, das beweist genug Mut.«
»Nun, verteufelt«, sagte ich, »ich könnte Ihnen ohne Fernrohr einen noch unbeliebteren zeigen. Und wenn Sie meine Gesellschaft nicht wünschen, will ich mich mit einem anderen zusammentun.«
»Oberst Burke«, sagte er, »wir wollen nicht streiten, seien Sie sicher, daß ich der ungeduldigste Mann von der Welt bin.«
»Ich bin ebensowenig geduldig wie Sie«, sagte ich, »und jeder soll es wissen.«
»Unter diesen Umständen«, antwortete er und hielt sein Pferd an, »wollen wir nicht weiterziehen. Ich schlage vor, daß wir uns entscheiden: entweder kämpfen wir, und die Sache ist erledigt, oder wir einigen uns dahin, daß wir gegenseitig alles voneinander ertragen wollen.«
»Wie zwei Brüder?« fragte ich.
»Solchen Unsinn habe ich nicht gesagt«, antwortete er. »Ich habe selbst einen Bruder und schätze ihn nicht höher als einen Kohlkopf. Wenn wir aber auf unserer Flucht gemeinsame Sache machen wollen, sollten wir uns wie Wilde benehmen und uns zuschwören, daß keiner den anderen verachten oder verraten wird. Ich bin im Grunde ein verteufelt schlechter Kerl und finde es langweilig, Tugenden vorzuschützen.«
»Oh, ich bin so schlecht wie Sie«, sagte ich, »Francis Burke hat keine Milch in den Adern. Aber was ist? Kämpfen wir oder schließen wir Freundschaft?«
»Nun«, sagte er, »es wird am besten sein, wir werfen eine Münze.«
Dieser Vorschlag war so ritterlich, daß er mich gefangennahm, und so sonderbar das bei zwei hochgeborenen Edelleuten heutzutage erscheinen mag, warfen wir eine halbe Krone hoch wie alte Paladine, um ausfindig zu machen, ob wir uns einander die Gurgel abschneiden oder Freunde sein sollten. Romantischer kann ein Geschehnis kaum sein, und es gehört zu jenen meiner Erinnerungen, aus denen man entnehmen kann, daß die alten Erzählungen Homers und anderer Dichter heute ebensoviel Wahrheit haben wie in Vorzeiten, wenigstens bei adligen und vornehmen Leuten. Die Münze entschied für Frieden, und wir reichten uns die Hände zum Zeichen des Paktes. Und dann erklärte mir mein Kamerad, warum er vor Mr. Steward davongerannt sei, und sein Gedankengang war ohne Zweifel seiner Schlauheit würdig. Der Bericht von seinem Tode, sagte er, sei für ihn ein großer Schutz, und da Mr. Steward ihn erkannt habe, sei er für ihn eine Gefahr. Er habe deshalb das beste Mittel gewählt, um diesen Gentleman zum Schweigen zu veranlassen. »Denn«, fuhr er fort, »Alan Black ist zu eitel, um eine solche Geschichte von sich selbst zu erzählen.«
Gegen Nachmittag gelangten wir zum Ufer jener Bucht, die wir erreichen wollten, und dort lag das Schiff, das soeben vor Anker gegangen war. Es war die »Sainte-Marie-des-Anges«, beheimatet in Havre de Grace. Der Junker gab ein Zeichen, daß man ein Boot herausschicke, und fragte mich, ob ich den Kapitän kenne.Ich erzählte ihm, er sei ein Landsmann von mir, von untadeligem Charakter, aber, wie ich fürchtete, ziemlich furchtsam.
»Das macht nichts«, sagte er, »auf alle Fälle soll er die Wahrheit hören.«
Ich fragte ihn, ob er damit die Schlacht meine, denn wenn der Kapitän erführe,
Weitere Kostenlose Bücher