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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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stimmte mir kopfnickend zu.
    »Verflucht«, sagte ich zu Meister Teach, »wenn Sie der Satan sind, bin ich ein Teufel für Sie.«
    Das Wort gefiel ihm, und, um nicht lange bei diesen üblen Dingen zu verweilen, Ballantrae und ich sowiezwei andere Leute wurden sofort angeworben, während der Kapitän und die ganze andere Mannschaft ins Meer geworfen wurden, indem man sie über eine Planke laufen ließ. Ich sah das zum ersten Male, und mein Herz erstarrte in der Brust. Meister Teach oder einer seiner Spießgesellen (denn mein Kopf war zu verwirrt, um klare Gedanken zu haben) machte über die Blässe meines Gesichts eine sehr verdächtige Bemerkung. Ich hatte die Geistesgegenwart, ein oder zwei Tanzschritte zu machen und irgendeine Zote herauszuschreien, was mich rettete, aber meine Beine waren wie Wasser, als ich mit diesen Kreaturen ins Boot steigen mußte, und um mein Entsetzen über die Fahrtgenossen und meine Angst vor den ungeheuren Wellen zu verbergen, konnte ich nur irisch fluchen und ein paar Witze reißen, als wir an Bord gebracht wurden. Gott fügte es in seiner Gnade, daß auf dem Piratenschiff eine Geige war, die ich sofort an mich riß, und da ich ein guter Fiedler bin, hatte ich das himmlische Glück, in ihren Augen Gefallen zu finden. Sie gaben mir den Spitznamen »Fiedelfritze«, aber das war mir gleichgültig, solange meine Haut heil blieb.
    Was für ein Tollhaus das Schiff war, kann ich nicht beschreiben, aber es wurde von einem Irrsinnigen befehligt, und man konnte es eine Verrücktenanstalt nennen. Man trank, brüllte, sang, stritt und tanzte den ganzen Tag, keiner war nüchtern, und es gab Tage, an denen uns ein aufkommender Sturm in die Tiefe versenkt hätte. Wäre ein Kriegsschiff gekommen, so hätten wir an Verteidigung nicht denken können. Einige Malesichteten wir ein Segelschiff und raubten es aus – Gott vergebe uns! – wenn wir nüchtern genug waren. Es entkam nur, wenn wir alle zu betrunken waren, und ich flehte stets zu allen Heiligen. Teach herrschte durch den Schrecken, den er verursachte, wenn man das Herrschen nennen konnte, was keine Ordnung schuf. Ich stellte fest, daß der Mann sehr eitel war auf seine Stellung. Ich habe Marschälle von Frankreich und sogar schottische Hochländerhäuptlinge kennengelernt, die sich weniger offensichtlich aufblähten, was ein sonderbares Licht wirft auf die Bedeutung von Ehre und Ruhm. Je länger wir leben, desto mehr begreifen wir in der Tat die Weisheit des Aristoteles und anderer alter Philosophen, und obgleich ich während meines ganzen Lebens immer nach rechtmäßigen Auszeichnungen strebte, kann ich die Hand aufs Herz legen und am Ende meiner Karriere erklären, daß keine Ehre, ja, daß das Leben selbst nicht wert ist, erstrebt und erhalten zu werden, wenn man dafür mit seiner Würde bezahlen muß.
    Es dauerte lange, bevor ich mit Ballantrae vertraulich sprechen konnte, aber schließlich krochen wir eines Nachts auf den Bugspriet, als die andern sich vergnügten, und jammerten über unsere Lage.
    »Niemand kann uns retten als die Heiligen«, sagte ich.
    »Ich bin ganz anderer Ansicht«, antwortete Ballantrae, »denn ich werde mich selber retten. Dieser Teach ist eine höchst jämmerliche Kreatur, wir erlangen keinen Vorteil durch ihn und laufen immer Gefahr, gefangengenommen zu werden. Aber ich«, sagte er, »habe nichtdie Absicht, um nichts ein lumpiger Pirat zu bleiben oder in Ketten zu geraten, wenn ich es vermeiden kann.« Dann erzählte er mir, daß er die Absicht habe, die Disziplin auf dem Schiff zu verbessern, was uns in unserer gegenwärtigen Lage helfen werde und uns größere Hoffnung auf Befreiung gebe für den Zeitpunkt, wo diese Leute genug zusammengeraubt hätten und auseinander gehen wollten.
    Ich bekannte offen, daß meine Nerven durch die entsetzliche Umgebung ganz zerrüttet seien, und daß er kaum auf mich rechnen könne.
    »Ich lasse mich nicht sehr leicht erschrecken«, antwortete er, »und bin nicht leicht zu schlagen.«
    Einige Tage später ereignete sich etwas, was uns alle nahezu an den Galgen gebracht hätte und die Narretei deutlich macht, die unter uns herrschte. Wir waren alle ziemlich betrunken, als einer der Irrsinnigen ein Segelschiff erblickte. Teach machte sich sofort an die Verfolgung, ohne näher hinzublicken, und wir rasselten mit den Waffen und rühmten uns der Schreckenstaten, die bald folgen sollten. Ich beobachtete, wie Ballantrae am Bug stand und die Hand vor Augen hielt, um hinauszuschauen, aber

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