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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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will nicht gehängt werden, wenn ich es vermeiden kann. Kommt, helft mir, ich bin ja nur ein Anfänger. Ist denn keine Möglichkeit, etwas Disziplin und Vernunft in dies Unternehmen zu bringen?«
    Einer der Leute begann zu reden, er sagte, sie müßten von Rechts wegen einen Quartiermeister haben, und kaum war das Wort aus seinem Munde, als sie allederselben Meinung waren. Durch Zuruf wurde Ballantrae zum Quartiermeister gewählt, der Rum wurde ihm anvertraut, man stimmte ab über Gesetze, ähnlich denen auf einem Piratenschiff, das von einem gewissen Roberts geführt wurde, und schließlich wurde der Vorschlag gemacht, Teach abzusetzen. Aber Ballantrae fürchtete sich vor einem fähigeren Kapitän, der ihm die Waage halten könnte, und widersprach sehr energisch. Teach, sagte er, sei gut genug, um Schiffe zu entern und mit geschwärztem Gesicht und Flüchen Trottel zu erschrecken. Wir würden kaum einen besseren Mann für diese Zwecke finden als Teach, und außerdem sei er jetzt mißachtet und so gut wie abgesetzt, so daß wir seinen Anteil am Raub vermindern könnten. Das gab den Ausschlag, der Anteil von Teach wurde auf eine lächerliche Summe herabgedrückt, so daß er tatsächlich kleiner war als der meine, und es blieben nur noch zwei Punkte zu erledigen: erstens, ob er sich damit einverstanden erklären würde, und zweitens, wer ihm die Beschlüsse mitteilen sollte.
    »Macht euch keine Sorge«, sagte Ballantrae, »ich werde es tun.«
    Er ging zur Kajüte und trat dem betrunkenen Raufbold ganz allein entgegen.
    »Das ist der richtige Mann für uns!« rief einer von den Leuten. »Drei Hurras für den Quartiermeister!« Sie wurden kräftig ausgebracht, meine eigene Stimme war die lauteste, und ich glaube, daß diese Hochrufe einen tiefen Eindruck machten auf Teach in seiner Kabine, wie wir denn in unseren Tagen ja gesehen haben,daß lautes Schreien auf den Straßen selbst die Gemüter von Gesetzgebern beunruhigen kann.
    Was sich wirklich zutrug, wurde niemals bekannt, obgleich einige der Hauptpunkte später ruchbar wurden. Wir waren alle sehr aufgeregt und gleichzeitig auch sehr beruhigt, als Ballantrae mit Teach am Arm auf Deck erschien und verkündete, alles sei erledigt.
    Ich überfliege rasch jene zwölf oder fünfzehn Monate, die wir noch im nördlichen Atlantik auf See blieben, indem wir Nahrung und Wasser von den Schiffen nahmen, die wir beraubten. Alles in allem machten wir sehr gute Geschäfte. Niemand wird gern so unerfreuliche Dinge lesen wie die Memoiren eines Piraten, und sei es auch eines unfreiwilligen wie ich. Unsere Pläne verwirklichten sich unendlich viel besser als früher, und Ballantrae behauptete seine Führerkraft von diesem Tage an zu meiner Verwunderung. Ich hatte gedacht, daß ein Gentleman überall an der Spitze stehen müsse, selbst an Bord eines Raubschiffes, aber von Geburt aus bin ich ebensoviel wie jeder andere schottische Lord und schäme mich nicht zu bekennen, daß ich bis zum Schluß der Fiedelfritze blieb und nicht viel mehr als ein Spaßmacher für die Besatzung war. Es war keine Umgebung, meine Tugenden ans Licht zu bringen. Meine Gesundheit litt aus den verschiedensten Ursachen, ich bin im Sattel durchaus mehr zu Hause als an Bord eines Schiffes, und um ehrlich zu sein, die Angst vor dem Meere lastete immerfort auf meiner Seele und war nur zu vergleichen mit der Furcht vor meinen Kameraden. Ich brauche mich meines Mutes nicht lautzu rühmen, ich habe mich auf vielen Schlachtfeldern unter den Augen berühmter Generale bewährt und meine letzte Auszeichnung durch eine Tat größter Tapferkeit vor vielen Zeugen gewonnen. Aber wenn wir ein fremdes Schiff entern mußten, fiel das Herz Francis Burkes in die Schuhe. Die kleine Nußschale, auf der wir fuhren, das entsetzliche Auftürmen der hohen Wogen, die Steilheit des Schiffes, das wir erklettern mußten, der Gedanke an große Besatzungen, die sich mit Recht verteidigten, der finstere Himmel, der in jenen Gegenden so oft dunkel auf unsere Abenteuer herunterblickte, und das Stöhnen des Windes in meinen Ohren: alles das waren Eindrücke, die meiner Tapferkeit zuwiderliefen. Außerdem, da ich immer ein Geschöpf von höchster Empfindsamkeit war, regten mich die Szenen, die einem erfolgreichen Angriff folgten, ebensosehr auf wie eine etwaige Niederlage. Zweimal fanden wir Frauen an Bord vor, und obgleich ich ganze Städte niederbrennen sah und noch kürzlich in Frankreich furchtbare öffentliche Tumulte miterlebte, hatten diese

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