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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Blut bespritzt wurden. Der Schuß drang durch das Deck ins Vorderschiff, wo unsere Schlafstätten waren. Ballantrae hätte ausgehalten, und kein echter Soldat hätte sich durch den Gegenangriff abschrecken lassen. Aber der Junker hatte die Wünsche unserer Mannschaft rasch erkannt, und es war klar, daß dieser glückliche Schuß sie ihres Gewerbes überdrüssig machte. Alle waren plötzlich einer Meinung, das andere Schiff zog von uns fort, die Verfolgung war zwecklos, die »Sarah« war zu morsch, um auch nur eine leere Flasche einzuholen, und es wäre höchste Torheit gewesen, mit ihr auf hoher See zu bleiben. Aus diesen Gründen, die vorgeschützt wurden, machten wir sofort kehrt und nahmen Kurs auf den Fluß zu. Es war eigenartig zu sehen, welche Fröhlichkeit unter der Mannschaft ausbrach und wie sie das Deck stampftenvor Freude, wobei jeder sich ausrechnete, welchen Beutezuwachs er durch den Tod der beiden Kanoniere erhalten habe.
    Die Reise zum Hafen dauerte neun Tage, so schwach war der Wind und so morsch der Schiffsrumpf, aber in der Frühe des zehnten Tages passierten wir die Landzunge im Nebel, der sich langsam hob. Etwas später senkte er sich wieder, wobei wir einen Kreuzer ziemlich nahebei erblickten. Das war ein unangenehmer Schlag, der uns so dicht vor unserem Zufluchtsort traf. Es erhob sich eine lebhafte Debatte, ob er uns gesichtet habe, und ob er, wenn das der Fall wäre, die »Sarah« erkannt hätte. Wir waren vorsichtig genug, alle Leute zu töten von den Schiffen, die wir ausgeraubt hatten, um keine Augenzeugen zu hinterlassen, die uns wiedererkennen konnten, aber das Erscheinen der »Sarah« selbst konnten wir nicht verheimlichen. Obendrein hatten wir in der letzten Zeit, seit sie morsch geworden war, manches Schiff erfolglos verfolgt, und öfter war eine Beschreibung unseres Fahrzeuges veröffentlicht worden. Ich vermutete deshalb, daß dies Zusammentreffen Veranlassung sein würde, uns sofort voneinander zu trennen, aber auch hier überraschte mich wieder die natürliche Begabung Ballantraes. Er und Teach – und das war einer seiner größten Erfolge – hatten Hand in Hand gearbeitet seit dem Tage seiner Ernennung zum Quartiermeister. Ich befragte ihn oft über diese Tatsache, konnte aber nie eine Antwort erhalten außer einmal, als er mir erzählte, er und Teach hätten eine Vereinbarung getroffen, »die die Mannschaft sehr überraschenwürde, wenn sie davon hören sollte, und ihn selbst werde es am meisten überraschen, wenn sie zur Ausführung gelangte«. Kurz, auch hier waren Teach und er einer Meinung, und durch ihre gemeinsamen Bemühungen geriet die ganze Mannschaft in einen Zustand unbeschreiblicher Betrunkenheit, als der Anker eben ausgeworfen war. Gegen Nachmittag befanden sich auf unserem Schiff nur noch Verrückte, die Sachen über Bord warfen, hundert Lieder zu gleicher Zeit hinausbrüllten und sich stritten und kämpften, um sofort ihre Zwistigkeiten wieder zu vergessen und sich zu umarmen. Ballantrae hatte mich aufgefordert, nichts zu trinken und Betrunkenheit vorzutäuschen, wenn mir mein Leben lieb sei. Ich habe nie einen langweiligeren Tag erlebt, ich lag die meiste Zeit auf dem Vorderdeck und betrachtete die Sümpfe und das Dickicht, von denen unsere kleine Bucht überall umgeben war, so weit das Auge reichte. Kaum war es dunkel geworden, als Ballantrae dicht an mich heranstolperte, so tat, als ob er fiele, trunken auflachte und mir, bevor er wieder auf die Beine kam, zuflüsterte, ich solle in die Kajüte hinunterschwanken und mich zum Scheine auf einem Kasten schlafen legen, bald werde man mich brauchen. Ich tat, wie mir befohlen war, und als ich in die Kajüte kam, wo es stockfinster war, ließ ich mich auf den ersten besten Kasten niederfallen. Dort war bereits ein Mann, und die Art, wie er mich anpackte und fortstieß, ließ mich vermuten, daß er nicht viel Alkohol genossen habe, aber als ich einen anderen Platz gefunden hatte, schien er wieder einzuschlafen. Mein Herz schlug heftig, dennich sah voraus, daß irgendeine Verzweiflungstat in Vorbereitung war. Bald darauf kam Ballantrae herunter, machte Licht, blickte sich um, nickte, als ob er zufrieden sei, und ging, ohne ein Wort zu sagen, wieder an Deck.
    Ich sah durch meine Finger hindurch zwei Leute schlafen oder so tun, als ob sie schliefen: außer mir einen gewissen Dutton und einen Mann namens Grady, beides entschlossene Kerle. Auf Deck hatten die andern inzwischen einen Zustand der Trunkenheit erreicht, der

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