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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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größter Vorsicht ruderten wir weiter, und zwar mit den Händen, so gut es ging. Auf gut Glück steuerten wir durch den Nebel, der unsere einzige Rettung war. Aber der Himmel schützte uns, wir liefen in einem Dickicht auf Grund, krochen mit unserem Schatz an Land, und da wir das Boot nicht verstecken konnten und der Nebel sich bereits lichtete, drückten wir es nieder und ließen es absacken. Kaum waren wir in Deckung, als die Sonne aufging, und im selben Augenblick erscholl in der Mitte der Bucht ein Geschrei von Matrosen, und nun wußten wir, daß die »Sarah« gestürmt wurde. Ich hörte später, daß der Offizier, dersie einnahm, zu großen Ehren gelangte, und die Annäherung wurde tatsächlich klug durchgeführt, obgleich er meines Erachtens wenig Schwierigkeiten hatte, als er einmal an Bord war.
Anm. Mr. Mackellars: Dieser Teach von der »Sarah« darf nicht verwechselt werden mit dem berühmten Black-Beard. Die Daten und Taten stimmen keineswegs überein. Möglicherweise hat der zweite Teach sich nicht nur den Namen beigelegt, sondern auch die verrückten Eigenarten des ersteren nachgeahmt. Selbst der Junker von Ballantrae fand ja Bewunderer.
    Noch war ich allen Heiligen dankbar für unser glückliches Entkommen, als ich bemerkte, daß uns andere Gefahren bevorstanden. Wir waren hier auf gut Glück in einem großen und drohenden Sumpf gelandet, und es war schwierig, anstrengend und gefährlich, den Richtweg zu erreichen. Dutton war der Ansicht, wir sollten warten, bis das Schiff abgefahren sei, um dann das Boot wieder herauszufischen, denn ein gewisses Zögern sei klüger, als blindlings durch den Morast zu waten. Einer von uns ging deshalb zum Ufer der Bucht zurück, blickte durch das Gestrüpp und sah den Nebel schon ganz verflüchtigt und die englische Flagge auf der »Sarah«, aber kein Anzeichen dafür, daß sie sich in Bewegung setzte. Unsere Lage war sehr ungewiß. Im Sumpf zu verharren war ungesund. Wir waren so gierig gewesen, unsere Schätze in Sicherheit zu bringen, daß wir nur wenig Nahrungsmittel mitführten, und es war höchst wünschenswert, aus dieser Gegend herauszukommen und zu menschlichen Wohnungen zu gelangen, bevor die Nachricht von der Eroberung des Schiffes bekannt wurde. Diesen Befürchtungen entgegen stand nur dieeine Gefahr, durch die Sümpfe zu gelangen. Ich glaube, es ist nicht verwunderlich, daß wir uns zum Handeln entschlossen.
    Die Sonne brannte schon heiß, als wir uns aufmachten, um den Morast zu durchqueren oder vielmehr an der Hand eines Kompasses den Pfad ausfindig zu machen. Dutton nahm den Kompaß, und abwechselnd trugen wir seinen Anteil an der Beute. Man kann mir glauben, daß er sich scharf umblickte, denn was er uns anvertraute, war ihm so wertvoll wie seine Seele. Das Gestrüpp war dicht wie Buschwerk, der Boden sehr trügerisch, so daß wir oft entsetzlich tief einsanken und Umwege machen mußten. Außerdem war die Hitze erstickend, die Luft sonderbar schwer, und stechende Insekten umschwirrten uns in so dichten Schwärmen, daß jeder von uns wie unter einer Wolke ging. Man hat oft behauptet, daß Edelleute von hoher Geburt Strapazen besser ertragen als Leute aus dem Volke, so daß Offiziere, die neben ihren Mannschaften im Schmutz marschieren müssen, durch ihre Ausdauer die Soldaten beschämen. Das war auch hier leicht festzustellen, denn hier waren Ballantrae und ich, zwei Edelleute vornehmster Herkunft, und andererseits Grady, ein Matrose, ein Mann von nahezu riesenhafter Körperkraft. Der Fall Duttons kommt hier nicht in Frage, denn ich muß gestehen, daß er sich ebenso tapfer wie einer von uns benahm.
Anm. Mr. Mackellars: Und erklärt sich dies nicht vollkommen dadurch, daß dieser Dutton genau wie die Offiziere den Anreiz einer gewissen Verantwortlichkeit empfand?
    Was Grady betrifft, so begann er bald sein Geschick zu beklagen. Er fiel zurück, weigerte sich, Duttons Paket zu tragen, wenn die Reihe an ihm war, verlangte ständig Rum, wovon wir nur wenig besaßen, und bedrohte uns schließlich sogar von hinten mit gespannter Pistole, wenn wir ihm nicht gestatteten, auszuruhen. Ballantrae wollte es ausfechten, wie ich glaube, aber ich bewog ihn zu einer anderen Maßnahme, und so machten wir halt und aßen etwas. Grady schien sich nur wenig zu erholen und stürzte schließlich aus Unachtsamkeit, und weil er nicht sorgfältig unserer Spur folgte, in ein tiefes Loch, das hauptsächlich mit Wasser gefüllt war. Er schrie ein paarmal grauenhaft auf, und bevor

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