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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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großer Geduld, von allzu großer, allzu großer Geduld. Ich beginne mich selbst zuverachten. Niemals war ein Mensch so in Netze verstrickt!« Er fiel in sein Brüten zurück.
    »Nur Mut!« sagte ich, »das Netz wird von selbst zerreißen.«
    »Ich habe den Zorn längst hinter mir«, antwortete er, was so wenig Beziehung zu meiner Bemerkung hatte, daß ich die Unterhaltung abbrach.

Fünftes Kapitel: Bericht über alle Ereignisse, die sich in der Nacht des 27. Februar 1757 zutrugen
    Am Abend des Tages, an dem das erwähnte Gespräch stattfand, ging der Junker fort. Er blieb einen großen Teil des nächsten Tages, jenes verhängnisvollen 27. Februar, auswärts, aber wohin er ging und was er tat, darüber nachzuforschen hatten wir keine Veranlassung vor dem nächsten Tage. Hätten wir es getan und zufällig herausgefunden, wo er sich aufhielt, so hätte sich vielleicht alles geändert. Da aber alles, was wir taten, in Unkenntnis der Dinge geschah und auch so beurteilt werden muß, werde ich die Ereignisse so beschreiben, wie sie uns im Augenblick des Geschehens erschienen, und alles das, was ich seither entdeckt habe, zur Zeit der Entdeckung mitteilen. Denn ich bin nun zu einem der finsteren Teile meiner Erzählung gekommen und muß die Nachsicht des Lesers für meinen Gönner beanspruchen.
    Den ganzen 27. Februar dauerte das strenge Wetter an: es war bitter kalt, die Leute gingen vorüber wie rauchende Schornsteine, der große Feuerplatz in derHalle war hochgetürmt voll mit Brennstoff, einige Frühlingsvögel, die sich schon nördlich in unsere Nachbarschaft gewagt hatten, belagerten die Fenster des Hauses oder hüpften auf dem gefrorenen Rasen wie wahnsinnige Wesen. Gegen Mittag gab es einige Sonnenstrahlen, die eine sehr schöne, frostige Winterlandschaft von weißen Hügeln und Wäldern zeigten, im Hintergrund der Kutter Crails bei Craig Head auf Wind wartend, während der Rauch aus jedem Bauernhof und jedem Haus senkrecht in die Höhe stieg. Als der Abend kam, verdichtete sich der Nebel von oben her, die Nacht brach dunkel, still und sternenlos herein, es war außerordentlich kalt, eine Nacht, die der Jahreszeit durchaus nicht entsprach und für eigenartige Geschehnisse vorbereitet zu sein schien.
    Mrs. Henry zog sich, wie sie es jetzt zu tun pflegte, sehr zeitig zurück. Wir hatten uns in der letzten Zeit immer zu einem Spiel Karten niedergesetzt, um die Abende zu verbringen, ein weiteres Anzeichen dafür, daß unserem Besuch das Leben auf Durrisdeer mächtig langweilig war. Noch nicht lange waren wir beim Spiel, als der alte Lord sich von seinem Platz am Kamin erhob und ohne ein Wort verschwand, um die Wärmedes Bettes aufzusuchen. Die Drei, die so zurückgeblieben waren, hatten sich nichts Liebes oder Zuvorkommendes zu sagen, keiner von uns würde auch nur einen Augenblick ausgeharrt haben, um den andern zu verpflichten, aber durch die Macht der Gewohnheit und da die Karten gerade verteilt waren, machten wir uns daran, die Partie zu Ende zu spielen. Ich muß bemerken, daß wir immer spät aufsaßen, und obgleich der alte Lord früher fortgegangen war, als es sonst seine Gewohnheit war, war Mitternacht bereits einige Zeit vorüber, und die Dienerschaft lag schon lange in den Betten. Auch das muß ich bemerken, daß der Junker, den ich niemals unter dem Einfluß des Alkohols gesehen, ziemlich viel getrunken hatte und vielleicht ein wenig angeregt war, obgleich er es nicht merken ließ.
    Auf alle Fälle zeigte er jetzt einen seiner jähen Übergänge, und kaum hatte sich die Tür hinter dem Lord geschlossen, verließ er ohne die geringste Veränderung seiner Stimme den Faden der gewöhnlichen höflichen Unterhaltung und ging über zu einem Sturm der Beleidigungen.
    »Mein lieber Henry, du mußt ausspielen«, hatte er gesagt, und nun fuhr er fort: »Es ist höchst sonderbar, daß du selbst bei einer so unbedeutenden Sache wie dem Kartenspiel deine Ungeschliffenheit zeigst. Du spielst, Jakob, wie ein Kohlbaron oder ein Seemann in einer Kneipe. Immer die gleiche Stumpfsinnigkeit, dieselbe kleinliche Habgier, cette lenteur d'hébété qui me fait rager ; es ist sonderbar, daß ich einen solchen Bruder habe. Selbst Plattfuß besitzt eine gewisse Lebendigkeit,wenn sein Einsatz in Gefahr ist, aber die Langweiligkeit eines Spieles mit dir kann ich mit Worten wirklich nicht ausdrücken.«
    Mr. Henry fuhr fort auf seine Karten zu blicken, als ob er das Spiel sehr ernsthaft überlege, aber seine Gedanken waren

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