Der Junker von Ballantrae
anderswo.
»Herrgott, kommst du nie zu Rande?« rief der Junker, » Quel lourdeau ! Aber warum bemühe ich dich mit französischen Ausdrücken, die bei einem solchen Ignoranten in den Wind gesprochen sind? Ein lourdeau , mein lieber Bruder, ist, was wir einen Trottel, einen Hanswurst, einen Tölpel nennen würden, ein Bursche ohne Form, Geschliffenheit und Beweglichkeit, ohne jede Gabe zu gefallen, ohne jeden natürlichen Glanz, ein Kerl, den du dir ansehen kannst, falls es dir gefällt, wenn du in den Spiegel schaust. Ich sage dir diese Dinge zu deinem Nutzen, sei versichert, und außerdem, Plattfuß« – er sah mich an und unterdrückte ein Gähnen –, »gehört es zu meiner Unterhaltung in diesem langweiligen Loch, Sie und Ihren Herrn im Feuer zu rösten wie Kastanien. Ihr Fall amüsiert mich, denn ich sehe, daß der Spitzname, so grob er ist, die Macht hat, daß Sie bei seiner Erwähnung sich wie ein Wurm krümmen.
Aber mit diesem werten Burschen hier habe ich manchmal mehr Last, denn er scheint über seinen Karten eingeschlafen zu sein. Siehst du nicht ein, wie gut die Namen, die ich dir gegeben habe, zu dir passen, teurer Henry? Ich will es dir beweisen. Zum Beispiel habe ich trotz aller guten Eigenschaften, die ich mitFreuden bei dir feststelle, niemals eine Frau gekannt, die nicht mich vorzog – und die, wie ich glaube«, fuhr er fort, und zwar mit verschlagenster Bedachtsamkeit, »wie ich glaube – nicht fortfuhr, mich vorzuziehen.«
Mr. Henry legte die Karten nieder. Er erhob sich sehr langsam und kam mir vor wie jemand, der in tiefen Gedanken ist.
»Du Feigling!« sagte er leise wie zu sich selbst. Und dann schlug er den Junker gegen den Mund, ohne Hast und ohne besondere Heftigkeit.
Der Junker sprang wie verwandelt hoch, ich habe den Mann niemals so schön gesehen. »Ein Schlag!« schrie er. »Selbst von Gott dem Allmächtigen lasse ich mich nicht schlagen!«
»Mäßige deine Stimme«, sagte Mr. Henry. »Oder willst du, daß mein Vater wieder für dich einspringt?«
»Meine Herren, meine Herren!« rief ich und versuchte zwischen sie zu treten.
Der Junker faßte mich an der Schulter, hielt mich auf Armlänge fern und sprach weiter zu seinem Bruder: »Weißt du, was das heißt?«
»Es war die bewußteste Handlung meines Lebens«, sagte Mr. Henry.
»Dafür will ich Blut, ich will Blut dafür!« rief der Junker.
»So wahr Gott will, es soll dir werden«, sagte Mr. Henry. Er schritt zur Wand und nahm ein Paar Säbel herunter, die dort blinkend mit anderen zusammen hingen. Er reichte sie dem Junker zur Auswahl, indem ersie bei den Spitzen hielt. »Mackellar soll Schiedsrichter sein«, sagte Mr. Henry, »ich halte das für sehr gut.«
»Du brauchst mich nicht mehr zu beleidigen«, sagte der Junker und nahm, ohne hinzusehen, einen der Säbel, »ich habe dich mein ganzes Leben lang gehaßt.«
»Mein Vater ist soeben erst schlafen gegangen«, sagte Mr. Henry, »wir müssen das Haus verlassen.«
»In dem langen Gehölz ist ein ausgezeichneter Platz«, sagte der Junker.
»Meine Herren«, warf ich ein, »es ist eine Schande für Sie beide: Söhne der gleichen Mutter, wollen Sie das Leben verletzen, das sie Ihnen gab?«
»So ist es, Mackellar«, sagte Mr. Henry mit der gleichen vollkommenen Ruhe seiner Haltung, die er während der ganzen Zeit bewiesen hatte.
»Ich werde es verhüten!« antwortete ich.
Und hier nun ist ein Makel auf meinem Leben. Bei diesen Worten richtete der Junker sein Schwert gegen meine Brust, ich sah das Licht über den Stahl laufen, und ich warf beide Arme hoch und fiel vor ihm auf die Knie nieder. »Nein, nein!« schrie ich wie ein kleines Kind.
»Wir werden weiter keine Mühe mit ihm haben«, sagte der Junker, »es ist gut, wenn man einen Feigling im Hause hat.«
»Wir müssen Licht haben«, sagte Mr. Henry, als ob es keine Unterbrechung gegeben hätte.
»Dieser Hasenfuß kann ein paar Kerzen holen«, sagte der Junker.
Zu meiner Schande sei es gestanden: ich war vom Blitzen des blanken Schwertes noch so geblendet, daß ich mich bereit fand, eine Laterne zu holen.
»Wir brauchen keine L–L–L–aterne«, sagte der Junker, indem er meiner spottete, »draußen ist kein Luftzug, kommt, vorwärts, nehmt ein paar Kerzen und geht voran, ich bin dicht hinterdrein mit diesem –« und er ließ die Klinge blitzen, während er sprach.
Ich ergriff die Leuchter und ging vor ihm her, Schritte, die ich ungeschehen machen möchte durch Hergabe einer Hand. Aber ein Feigling ist im
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