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Der Kaefig - Roman

Der Kaefig - Roman

Titel: Der Kaefig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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fuhr, Susan saß auf dem Beifahrersitz. Geoffrey schlief friedlich in dem Babysitz auf der Rückbank. Susan hatte das Tagebuch auf dem Schoss liegen. Sie blätterte es im Licht einer Taschenlampe durch und suchte nach der ersten Erwähnung Amaras.
    Ungefähr in der Mitte des Tagebuchs stieß sie auf die Wörter »Sarkophag« und »mumienförmig«.
    »Da haben wir’s«, sagte sie und begann vorzulesen: »›… die Mumie neben ihm. Ein Teil ihres Kopfes war sichtbar. Ich sah ihr rotes Haar … ihre leeren Augenhöhlen. Für einen Moment hatte ich den Eindruck, sie küsste den Hals des toten Mannes.‹«
    »Bezaubernd«, sagte Tag.
    »›Ich hob den Kopf des Mannes hoch. Der Kopf der Mumie hob sich ebenfalls, und ich begriff, dass sie ihre Zähne in seine Kehle gebohrt hatte.‹«
    »Derselbe Modus Operandi«, bemerkte Tag.
    Susan las eine Weile still. »›Die Braut des Seth‹«, sagte sie schließlich. »›Sie wird von den Toten auferstehen, um nach dem Blut ihrer Mörder zu trachten.‹« Wieder las sie ein Stück lautlos weiter. »Callahan will sie aus ihrem Grab holen.«
    »Das war sein erster Fehler.«
    »›Du hast das Siegel des Osiris gebrochen, das die Tür schützt. Seine Magie ist zerstört. Ohne dieses Siegel wird
Amara durch die Nacht spuken.‹ Das Siegel. Erinnerst du dich an die goldenen Scheiben auf dem Sarg? Dasselbe Prinzip. Wir haben schriftliche Instruktionen von Callahan, die besagen, dass wir auf keinen Fall daran herumhantieren sollen, aber sie waren bereits zerbrochen, als uns der Sarg geliefert wurde. Ohne die Siegel spukt sie durch die Nacht.«
    »Das ist schwere Kost, Susan.«
    »Deine eigenen Kollegen haben behauptet, sie hätte die Leute getötet.«
    »Ich kann einfach nicht glauben, dass jemand, der seit fast viertausend Jahren tot ist – oder auch nur seit vier Sekunden –, durch die Gegend läuft und jeden in Sichtweite umbringt. Kannst du dir das vorstellen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Tag betätigte den Blinker. Das leise Klicken war das einzige Geräusch im Auto, während er eine gewundene Ausfahrt entlangfuhr.
    »Andererseits«, sagte er, »verdammt, andererseits gab es überhaupt keinen Hinweis auf die Anwesenheit von Menschen. Und eine ganze Menge Indizien, die die These untermauern, dass Gonzalez und Beckerman von der verfluchten Mumie angegriffen wurden. Gonzalez hat offensichtlich auf sie geschossen. Und die Spuren unter seinen Fingernägeln … Ich meine, es gibt bestimmt verschiedene Erklärungen dafür. Wir sind sie ja alle durchgegangen. Aber wenn man akzeptiert, dass die Mumie der Täter ist, passt alles perfekt zusammen.«
    »Auch Callahans Tod.«
    Tag nickte. »Die Geschichte mit den Hunden klang von Anfang an verdächtig. Wo war die .22er, mit der er sie angeblich erschossen hat? Ich glaube, unsere Leute in
Burlingdale haben einfach den naheliegendsten Schluss gezogen und die ganzen Ungereimtheiten vernachlässigt, als sie den Fall abschlossen.«
    »Aber Callahan wusste über Amara Bescheid.«
    »Vielleicht wusste er nicht, dass die Siegel gebrochen waren. Oder vielleicht hat er sie selbst aus irgendeinem Grund zerbrochen.«
    »Eine Form von Selbstmord?«
    »Könnte sein. Er war alt und nicht bei bester Gesundheit, und seine Frau war vor kurzem umgebracht worden. Vielleicht wollte er einfach allem ein Ende bereiten. « Tag zuckte die Achseln. »Oder er hatte einen anderen Grund, die Siegel zu brechen. Vielleicht wollte er Amara irgendwelchen Einbrechern auf den Hals hetzen.«
    »Das wäre möglich. Die Einbrecher müssten dann jedenfalls ziemlich zügig abgehauen sein – und mit leeren Händen.«
    Sie leuchtete mit der Taschenlampe auf das Tagebuch und blätterte weiter durch die Seiten. Das Auto bog um eine Ecke. Rotes und blaues Warnlicht fiel auf ihr Gesicht, und sie sah vier Polizeiwagen vor sich auf der Straße. Sie parkten in zwei Reihen und blockierten die halbe Straße. Ein Leichenwagen stand mit offenen Türen in der Einfahrt eines Hauses auf der linken Seite. Ein Kleinbus mit der Aufschrift Eyewitness News versperrte eine Einfahrt gegenüber.
    Susan sah überall Leute: Sie standen in Grüppchen auf dem Bürgersteig; ein Paar schlenderte direkt vor dem Haus vorbei und warf einen Blick hinüber, als wäre es nur mäßig interessiert; Nachbarn schauten aus ihren Fenstern oder Türen.

    Und das zu dieser Zeit, dachte Susan. Es waren die ersten Morgenstunden, aber die Anziehungskraft des Verbrechens hatte so viele Leute aus den Häusern gelockt, dass die

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