Der Kaffeehaendler - Roman
auszuschließen, indem er ihn der Partnerschaft mit Geertruid bezichtigte?
»Nein«, sagte Miguel laut. Er saß auf seinem Schrankbett
und warf die schwere Daunendecke beiseite. Nichts davon ergab einen Sinn, aber irgendjemand – Geertruid, Hendrick oder Parido -, irgendjemand würde einen Fehler machen, der die Wahrheit ans Licht brachte, und dann wäre er vorbereitet.
Zwei Tage später verkündete Annetje, Miguel habe einen Gast. Ihre Stimme zitterte leicht, und sie vermied es, Miguels Blick zu begegnen. Als er ihr ins Vorzimmer folgte, sah er Joachim in der Tür stehen, der sich mit kindlicher Neugier im Haus umschaute: So wohnen also die Juden.
» Sie haben wohl den Verstand verloren«, sagte Miguel gelassen.
Joachim trug neue Kleider – woher stammten sie? -, und wenn sie auch nicht der Staat waren, an den er einst gewöhnt gewesen war, so präsentierte er sich doch ordentlich und würdevoll, ganz wie ein Börsenhändler, in seinem weißen Hemd, dem neuen Wams, und dem eng sitzenden wollenen Anzug und dem breitkrempigen Hut. Die Wunde in seinem Gesicht strafte jeden Anflug von Vornehmheit Lügen, machten ihn aber auch weniger kenntlich als Bettler, und zweifellos haftete ihm nicht mehr der Gestank des Verfalls an.
»Ich muss mit Ihnen sprechen«, sagte er mit ruhiger Stimme, die Miguel kaum wiedererkannte. Hatten ein Bad und neue Kleidung ihm seine Verrücktheit ausgetrieben? »Ich befinde mich schon in Ihrem Haus. Mich jetzt hinauszuwerfen, würde Ihnen nichts nützen, besonders dann nicht, wenn ich viel Geschrei darum mache. Gewiss ist es besser für Sie, wenn ich in aller Stille gehe, nachdem ich mein Anliegen vorgebracht habe.« Die Alternative ließ er unausgesprochen.
Hätte der Gauner nicht den Anstand besitzen können, an die Küchentür zu klopfen? Miguel wollte mit diesem Burschen nicht vorn im Haus stehen, deshalb trat er beiseite und führte den Schurken hinab in seinen Keller.
Joachim musterte seine Umgebung, während er die Treppe hinunterstieg, und blieb dann beklommen in dem feuchten Raum stehen, vielleicht erstaunt darüber, dass Miguel nicht im Luxus lebte. Er setzte sich auf einen Hocker, dessen Beine von unterschiedlicher Länge waren, und ließ einen Moment verstreichen, in dem er in die Flamme der Öllampe auf dem Tisch starrte. Schließlich holte er tief Luft und begann. »Ich habe unter dem Einfluss einer Geistesstörung gestanden, die jetzt vorüber ist. Ich habe Forderungen gestellt und Drohungen ausgesprochen, von denen manche vielleicht unvernünftig waren, und für die ich mich entschuldige. Ich bin immer noch der Meinung, dass ich die fünfhundert Gulden bekommen sollte, die ich verloren habe, doch das muss nicht sofort sein. Ich würde gern einen Rückzahlungsplan aufstellen, wie man ihn hat, wenn man ein Darlehen aufnimmt. Dann werde ich Sie nicht mehr belästigen.«
»Ich verstehe.« Miguel sprach langsam, denn er versuchte, Zeit zu schinden zum Nachdenken. Jemand hatte Joachim Geld gegeben; so viel war klar. Dieser Jemand konnte nur Parido sein.
»Ich bin froh, dass Sie mich verstehen, also weiter zum Geschäftlichen: Ich akzeptiere eine ratenweise Rückzahlung dessen, was Sie mir schulden; allerdings muss ich, um mich sicher zu fühlen, wissen, wie Sie vorhaben, das Geld aufzubringen. Wir treffen also eine Vereinbarung. Sie erzählen mir von dem Projekt, mit dem Sie in den kommenden Monaten Geld verdienen wollen, und wenn mir Ihre Strategie einleuchtet, vertraue ich darauf, dass Sie mir meine fünfhundert Gulden im Laufe der, sagen wir, nächsten zwei Jahre zurückzahlen.«
Es hätte nicht offenkundiger sein können. Parido hatte Joachim angeheuert, um herauszufinden, was Miguel geplant hatte. Wie immer Parido es auch bewerkstelligt hatte, er schien den Mann einigermaßen gezähmt zu haben. Hatte Geld ausgereicht,
um diese Veränderung zu bewirken? Miguel glaubte nicht, dass das alles war. Joachim hatte das nervöse Auftreten eines Menschen, den ein Gerichtsverfahren erwartet.
Miguel überkam ein Hochgefühl. Die Dinge waren in den letzten Wochen schlecht gelaufen – sehr schlecht -, aber jetzt wusste er, wie er sie in den Griff bekommen konnte. Er wusste, was die anderen vorhatten, und mit diesem Wissen konnte er ihre Pläne zu seinem Vorteil manipulieren.
»Woher soll ich wissen, dass Sie sich meine Informationen nicht zunutze machen?«, fragte er bewusst langsam. »Sie sind der Börse noch nicht lange genug fern und müssten den Wert der Geheimhaltung
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