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Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
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begab sich in den Lahmen Gaul des Spaniers . Im allgemeinen mied Miguel derartige Spelunken, in denen das gemeine Volk verkehrte. Eine Gruppe von drei Streichern spielte schlichte Melodien, während die Huren auf der Suche nach Freiern von Tisch zu Tisch wanderten. Miguel vermutete, dass es Hinterzimmer gab, und er erwog kurz, sich mit einer drallen Schönheit mit dunklen Haaren und bezaubernden schwarzen Augen dorthin zurückzuziehen, aber er wollte mit Hendrick sprechen und hielt es für keine gute Idee, diese Gelegenheit zu versäumen, während er sich einen Tripper holte.
    Nach einer Stunde wussten die Huren, dass sie nicht bei ihm landen würden, und hielten Abstand. Miguel trank schnell und bestellte immer wieder nach. Er nahm an, dass er für seinen Platz bezahlen musste, sonst würde ihn der Besitzer hinauswerfen.
    Nach fast zwei Stunden stetigen Trinkens war Hendrick noch nicht aufgetaucht. Schläfrig vom Bier, fragte sich Miguel, ob er nicht lieber gehen sollte; dies war kein Ort, um einzuschlafen, wenn er nicht all seiner Habe beraubt aufwachen wollte.
    Er hob seinen Humpen und stellte ihn wieder ab. Ein lautes Gespräch ein paar Tische weiter lenkte ihn ab. Irgendetwas über Fracht, Ruin und ein verlorenes Schiff namens Bountiful Providence , das Sklaven aus Afrika mit sich führte.

    Dann geschah etwas. Ein Betrunkener stand auf und wandte sich den Matrosen zu. »Die Bountiful Providence !« Speichel spritzte ihm aus dem Mund. »Seid ihr sicher?«
    »Ja«, sagte einer der Seeleute. »Sie ist wirklich von Piraten gekapert worden. Von hinterhältigen Spaniern. Blutrünstige Bastarde. Von der allerschlimmsten Sorte. Mein Bruder war an Bord und ist knapp mit dem Leben davongekommen. Kennen Sie das Schiff, mein Freund, oder haben Sie Verwandte darauf?«
    »Ich kenne es.« Er barg sein Gesicht in den Händen. »Mir gehörten Anteile. Lieber Gott, ich bin ruiniert. Ich habe mein Vermögen in ein Schiff gesteckt, das gesunken ist.«
    Miguel glotzte. Selbst mit biergetrübtem Verstand kam ihm die Szene nur allzu vertraut vor. Sie erinnerte ihn nicht nur an sein jüngstes Missgeschick mit dem Kaffee, sondern auch an etwas anderes, das viele Monate zurücklag. Es war, als ob er zuschaute, wie sein eigenes Leben auf einer Bühne vor ihm gespielt wurde.
    »Vielleicht sind Sie ja nicht völlig ruiniert«, sagte einer der Matrosen mit einer Stimme voller Hoffnung, mit der man zu einem verängstigten Kind spricht. »Wissen Sie, die Nachricht hat die Börse noch nicht erreicht, und das könnte sich zu Ihren Gunsten auswirken.«
    Der Anteilseigner wandte sich dem Sprecher zu. Er sah als Einziger der ganzen Gesellschaft nicht wie ein Seemann aus. Nicht eben vermögend, aber er hatte doch etwas mehr aufzuweisen als seine Begleiter.
    »Was meinen Sie damit?«, fragte der Anteilseigner.
    »Dass Sie sich die Unwissenheit zunutze machen können, die noch an der Börse herrscht, bevor es ein anderer tut. Ich wäre bereit, Ihnen die Anteile für fünfzig Prozent ihres Wertes abzunehmen, mein Herr. Das ist gewiss einträglicher, als wenn Sie alles verlieren.«

    »Und sie dann morgen mit Rabatt an der Börse verkaufen?«, sagte der Anteilseigner und ließ dabei die Worte über die Zunge gleiten. »Warum könnte ich das nicht ebenso gut tun wie Sie?«
    »Probieren Sie es ruhig, mein Freund, aber Sie gehen ein Risiko ein. Wenn alle Welt erfährt, dass Sie Ihre Anteile erst wenige Stunden, ehe sich die Nachricht allgemein verbreitet, losgeschlagen haben, wird man Ihnen nicht mehr vertrauen. Ich dagegen bringe nicht viel Zeit an der Börse zu und kann ein solches Abenteuer vollkommen unbeschadet überstehen.«
    Der Mann sagte nichts, doch Miguel merkte, dass er kurz vor einer Einwilligung stand.
    »Ich möchte noch hinzufügen«, meinte der voraussichtliche Käufer, »dass nicht jeder verdorbene Ware mit einem ehrlichen Gesicht verkaufen kann. Vielleicht wollen Sie verkaufen, und es findet sich kein Käufer, weil Sie sich nicht wie ein Mann betragen können, der nichts zu verbergen hat.«
    »Ihnen dagegen gelingt es sehr gut, wie ein ehrlicher Mensch auszusehen«, verkündete eine neue Stimme, eine heldenhafte Stimme, »obgleich ich so sicher weiß, wie ich hier stehe, dass Sie ein Halunke sind.«
    Und da war Hendrick, schwarz gekleidet wie ein Geschäftsmann. Er stand mit verschränkten Armen hinter dem potenziellen Käufer und wirkte wahrhaft heroisch.
    »Ich kenne Sie, Jan van der Dijt«, verkündete Hendrick, »Sie sind ein

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