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Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
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Lügner und ein Schuft.« Er wandte sich an den Anteilseigner. »Ihrem Schiff ist nichts zugestoßen, mein Herr. Diese Männer sind Gauner, die die Ängste von Investoren ausnützen. Sie wollen Ihnen Ihre Anteile zum halben Preis abkaufen und dann den ganzen Gewinn einstreichen, wenn die Fracht sicher eintrifft.«
    Die Seeleute und ihr Begleiter erhoben sich von ihren Plätzen und hasteten zur Tür hinaus. Der Anteilseigner erstarrte
und sah aus, als wäre er bereit, den Betrügern nachzurennen, aber Hendrick legte dem Mann seinen Arm um die Schultern und hielt ihn zurück.
    »Lassen Sie die Schurken laufen«, sagte er beschwichtigend. »Sie haben ihren Plan vereitelt, und eine so große Gruppe können Sie nicht besiegen. Kommen Sie.« Er führte den Mann an einen Tisch und drückte auf seine Schulter, damit er sich hinsetzte.
    Genauso war es abgelaufen, als Miguel Geertruid kennen lernte und ihr Freund wurde. Ihre Freundschaft war allerdings Heuchelei, alles war vorgetäuscht gewesen. Die Männer, die sich erboten hatten, seine Anteile zu kaufen, waren nicht von Geertruid entlarvt worden, sondern standen in ihren Diensten. Es war lediglich ein Trick gewesen, um Miguels Vertrauen zu gewinnen.
    Miguel achtete darauf, dass Hendrick ihm den Rücken zukehrte, und bezahlte rasch seine Rechnung – er zahlte sogar zu viel, nur damit er schnell und ohne langes Gerede aus der Schenke kam. Dann ging er zur Tür und schlüpfte unbemerkt hinaus.
    Draußen, in der Kühle der Nacht, zündete er seine Laterne an, deren Licht den dichten Nebel vom Ij kaum durchdrang. Was hatte das zu bedeuten? Wie sollte er sich das erklären?
    Plötzlich wurde ihm alles klar. Geertruid hatte einen Plan ausgeheckt, für den es notwendig war, sein Vertrauen nicht nur für einen einzigen Abend, sondern für längere Zeit zu gewinnen. Dann verlor Miguel beinahe alles, als der Zuckermarkt zusammenbrach. Das erklärte auch, warum Hendrick sich in seiner Gegenwart so unwohl fühlte – der Mann verstand nicht, was Geertruid von diesem Juden wollte, der inzwischen völlig mittellos und ohne Wert für sie war.
    Also hatte Geertruid einen Wert geschaffen. Sie hatte das Kaffeegeschäft ausgebrütet, um – um was zu tun? Was für ein
Komplott hatte sie geschmiedet? Es konnte nicht sein, dass Geertruid vorhatte, Miguel auszunehmen. Sie hatte Geld zur Verfügung gestellt, Geld, das ihr nach eigener Aussage eigentlich nicht gehörte.
    Vielleicht gehörte es auch nicht den Kindern ihres verstorbenen Mannes. Die Geschichte, erkannte Miguel, hatte den hohlen Klang einer Lüge an sich. Wieso war ihm das nicht früher aufgefallen? Ihm, der seinen Lebensunterhalt damit verdiente, zwischen wahr und falsch zu unterscheiden, obgleich es mittlerweile nur noch ein schäbiger Lebensunterhalt war. Und der Kaffee, der ihn vor dem Ruin retten sollte, erwies sich jetzt als weitere Katastrophe. Aber wieso? Wieso sollte Geertruid Geld vorstrecken, wieso sollte irgendjemand Geld vorstrecken, um einen verschuldeten Mann noch tiefer in den Ruin zu treiben?
    Es konnte nur eine Antwort geben. Es gab nur einen Menschen, der willens wäre, Geld für Miguels Vernichtung auszugeben. Geertruid, so schloss er mit absoluter Sicherheit, stand in Solomon Paridos Diensten.

27
    Die Vorstellung, dass man die Dinge deutlicher sah, wenn man sie an einem neuen Tag betrachtete, oder dass wichtige Angelegenheiten sich über Nacht erledigten, schien Miguel töricht. Sein ruheloser Schlaf brachte ihm auch am nächsten Tag keine Antworten, ebenso wenig am Tag darauf, dem Sabbat. Am folgenden Morgen jedoch wachte er mit einer bedeutsamen Eingebung auf: Er erinnerte sich an sein Gespräch mit Joachim vor dem Singenden Karpfen und an den Geruch in der Luft – Bier und Pisse und Kanalgestank -, als der arme Teufel andeutete, er wisse etwas über Geertruid.
    Damals hatte Miguel angenommen, dass Joachim etwas über die Herkunft ihres Geldes erfahren hatte, doch das hielt er jetzt für unwahrscheinlich. Die Geschichte von den Kindern des Ehemanns war mit großer Sicherheit eine Lüge, eine Täuschung, die nach einer unehrlichen, aber verzeihlichen Methode klingen sollte, Kapital zu beschaffen. Wahrscheinlicher war es, dass Solomon Parido das Geld zur Verfügung gestellt hatte.
    Doch wenn Geertruid für Parido arbeitete, wieso wusste der Parnass nichts über Miguels Plan? Wartete Parido, bis Miguel und Geertruid das Monopol auf Kaffee erlangt hatten, um dann zuzuschlagen und Miguel aus dem Geschäft

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