Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kaiser des Abendlandes

Der Kaiser des Abendlandes

Titel: Der Kaiser des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
Vom Netzwerk:
vieles, worüber ich nachdenken muss. Mariam und Elazar – du weißt, dass uns noch große Dinge bevorstehen.«
    »Das weiß ich. Und ich bete, dass sie gut für uns enden. As-Salam, Suleiman!«
    Er warf Suleiman den Zügel zu und trug seine Taschen, Decken und Waffen mit Maras Hilfe ins Haus. Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, konnte Sean endlich wieder die Schultern sinken lassen und sich entspannen. In der kühlen Ruhe des Hauses fühlte er sich sicher und geschützt.
     
     
    Während Sean einige Zeit später, beim gemeinsamen Mahl mit den Gefährten und bei einigen Bechern Wein danach, von seinen Erlebnissen berichtete, steckte Joshua Kerzen in den neunarmigen Chanukka-Leuchter. Das Lichterfest, das an die Wiedereinweihung des zweiten Tempels erinnerte, begann an diesem Tag. Das bedeutete, dass sich auch das jüdische Jahr dem Ende zuneigte und für die Christen das Fest der Geburt Jesu bevorstand. Die Gefährten lauschten aufmerksam Seans Bericht, nur Uthman unterbrach die Erzählung mit wenigen Fragen.
    Als er fertig war, lehnte Sean sich gegen die Mauer, die noch die Hitze des Tages ausstrahlte, und sagte: »In vier Tagen also wird Elazar frei sein. Suleiman und ich befürchten allerdings, dass Abu Lahab sich von Abdullah begleiten und beschützen lässt. Abdullah aber kennt mich und wird mit Sicherheit nicht glauben, dass ich der Wesir des Kaisers bin.«
    »Aus diesem Grund finden eure Treffen ja auch nachts statt«,warf Joshua ein. »Unser Brief…«
    »… das Schreiben war ein voller Erfolg. Es lief alles genau so, wie wir es geplant hatten.« Sean gähnte. »Nach dem Ritt, dem Kampf und dem Heimweg waren wir ziemlich schmutzig, verschwitzt und müde.«
    Sean hatte sich mit heißem Wasser und Öl den Bart aus dem Gesicht geschabt, sich ausgiebig gewaschen und frische Kleidung angelegt. Jetzt spürte er seine Müdigkeit doppelt. Suleiman und er hatten während des langen Ritts überlegt, ob Sean, den die morgenländische Sonne inzwischen stark gebräunt hatte, sein helles Haar färben und sich einen Bart stehen lassen sollte, den man ebenfalls färben konnte. Aber Abu Lahab kannte Nicolaus ja bereits, und er wäre wegen dieser Veränderung sicher sofort misstrauisch geworden. Es sei demnach einfacher, hatten sie entschieden, Abdullah aus dem Weg zu gehen und sich im Schutz der Nacht zu treffen.
    Seans Lider wurden schwer, er gähnte abermals und sagte: »Ich würde euch gern noch mehr erzählen, Freunde, aber das Wichtigste ist bereits gesagt, und jetzt bin ich ziemlich müde. Ich brauche unbedingt viel Schlaf, um wieder zu Kräften zu kommen.«
    Henri legte dem jungen Mann einen Arm um die Schultern, zog ihn an sich und sagte in einem väterlichen Tonfall: »Du hast mehr verdient als nur einen ungestörten Schlaf. Ich habe nie daran gezweifelt, aber jetzt weiß ich’s ganz sicher: Ich hätte mir keinen besseren Nachfolger aussuchen können.« Er lächelte und schob Sean zur Treppe. »Gott sei mit dir, Sean of Ardchatten! Schlaf gut.« Sean stolperte die Stufen hinunter, tastete sich im Halbdunkel in sein Zimmer und streckte sich auf seinem Lager aus. Als sein Kopf das Kissen berührte, schlief er unverzüglich ein.

 
    10
     
     
     
    Sean, Suleiman und Mariant
     
    Der Herr der scharfen Schwerter hatte sich augenscheinlich auf seinen Gast gut vorbereitet. Wieder lagen dicke Kissen auf dem Teppich der Terrasse. Aus der Richtung des Harems schwebten die leisen Töne schmeichelnder Musik durch den Garten. Ein halbes Dutzend niedriger Tische voller Schalen, Körbe und Schüsseln mit Speisen, Krügen und Bechern stand zwischen Blumengestecken und Glutschalen, denen ein wohlriechender Rauch entstieg. Abu Lahab thronte auf einem gepolsterten Steinquader. Er trug einen weißen Burnus mit goldenen Säumen und einen auf seinem Kopf viel zu groß wirkenden Turban.
    »Wenn sich der Kaiser des Abendlands zum rechten Glauben bekehrt hat, werde ich dir fünfhundert Schwerter und Dolche von erlesener Güte übergeben und dich in eine andere Stadt senden, wo du sie verkaufen kannst. Deine Begleitung darfst du selbst bestimmen.«
    »Schon jetzt, o Effendi, ehrt mich dein Wohlwollen. Fünfhundert Waffen, das ist eine stattliche Zahl!«
    Sean trug einfache, aber neue Kleidung, die er mit Suleiman günstig erstanden hatte, einen neuen, breiten Ledergurt mit einer versilberten Schnalle und seinen alten Dolch in einer einfachen Scheide. Seine Stiefel glänzten, als wären sie neu.
    Trotz des gefalteten

Weitere Kostenlose Bücher