Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kaiser des Abendlandes

Der Kaiser des Abendlandes

Titel: Der Kaiser des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
Vom Netzwerk:
Söhnchen?«
    »Ich habe Pferde, Proviant, ein Geschenk für Husain und andere kleine Dinge davon gekauft. Ich habe bestimmt nicht viel ausgegeben, Vater.«
    Abu Lahab nickte zufrieden. »Lest weiter«, drängte er dann. »Wird er kommen? Wird der Kaiser unseren Glauben annehmen?«
    Suleiman übersetzte weiter: »Ich werde nachts und unerkannt, von Nicolaus geführt, in die Stadt kommen. Dort, an einem Ort, den Du Nicolaus nennen wirst, werden wir uns treffen, Du und ich, aber ohne Mitwisser und Zeugen und ohne Waffen.
    Wir werden lange miteinander reden müssen, und Du wirst mir sagen, auf welche Weise ich meinen christlichen Glauben ablegen und Deinen muslimischen Glauben annehmen kann. Nicolaus wird mich führen, denn ich kenne mich in den tausend Gassen von Jerusalem nicht aus.«
    »Das hat er geschrieben?«, fragte Abu Lahab zweifelnd. Er starrte Suleiman, der mit den Schultern zuckte, misstrauisch an.
    »Das hat er geschrieben, und ich habe es so und nicht anders übersetzt«, antwortete Suleiman. »Eben hast du gesagt, dass du mir vertraust.«
    Abu Lahab hob beschwichtigend die Hände in die Luft und schüttelte verwirrt den Kopf. »Es geht um so viel«, erklärte er hastig. »Um mich, um dein Erbe, um die Macht. Ist der Brief zu Ende? Oder hat er noch mehr geschrieben?«
    »Es sind noch sieben Zeilen«, sagte Sean.
    »Foltert mich nicht, ihr zwei!«, rief Abu Lahab und verschüttete Wein beim Versuch, seinen Silberbecher zu füllen. »Lies weiter, Nicolaus!«
    Suleiman holte Luft, beugte sich über Sean und deutete auf die Zeichen.
    »Also höre: Du, o Abu Lahab, hast mir versprochen, dein Pfand freizugeben. Bevor ich also meinen Glauben wechsle, werde ich mich überzeugen, dass Du den Juden, der mir viel bedeutet, freigibst. Er wird an der Seite von Nicolaus in die Freiheit gehen, und ich werde ihn an meine Brust drücken. Nimm also alle meine Grüße und erwarte mich in der siebenten Nacht des Monats Chislev und sage Nicolaus, an welcher Stelle der Stadt. Dies ließ Kaiser Ludovicus seinem Freund Abu Lahab ben Taimiya, dem Fürsten fein geschmiedeter Schwerter, schreiben. Allah schenke Dir Wohlstand und Vertrauen in meine Zeilen.«
    Sean senkte den Kopf, faltete den Brief sorgfältig zusammen und gab ihn Abu Lahab, der ihn fast ehrfürchtig in den Umschlag steckte.
    »Das ist alles«, sagte er. »Sage mir, an welchem Ort du den Kaiser treffen willst, Effendi. Die siebente Nacht im neunten Monat der Juden, das ist in vier Tagen. Also heute Nacht und dann noch drei Nächte.«
    »In der vierten Nacht«, sagte Abu Lahab. Ein breites, erwartungsvolles Lächeln überzog sein Gesicht. Seine Augen funkelten; er schien den Gedanken zu genießen, kurz vor dem Ziel seiner Träume zu stehen. »Ich werde den Kaiser am Haus mit der schwarzen Tür treffen. Ein guter Platz, an dem sich auch der Jude wohlfühlt. Er hat seinen Bewachern seinen Namen genannt.«
    »Der Kaiser kennt seinen Namen«, warf Sean bedeutungsvoll ein. »Elazar ben Aaron.«
    Suleiman stemmte sich langsam von seinem Sitz hoch und richtete das Wort an seinen Vater. »Auf dem Ritt haben wir einem Glaubensbruder im Kampf geholfen und ein Pferd erbeutet. Ich bringe Nicolaus zum Haus, in dem er wohnt«, sagte er. »Wir sind müde, Vater.«
    »Komm zu mir, Nicolaus«, sagte Abu Lahab und nickte Suleiman zu. »Morgen nach dem zweiten Gebet. Oder ich schicke dir einen Boten. Es gibt Wichtiges zu bereden zwischen uns.«
    »Alles, was ich über den Kaiser und seine Absichten weiß, werde ich dir berichten«, antwortete Sean. »Wir werden auch darüber reden, welche Art Handel ich an deiner Seite führen werde. Aber müde sollten wir nicht verhandeln, denn da wuchern Missverständnisse wie Efeuranken.«
    »Du sagst es. Nur ausgeschlafene Köpfe haben kluge Gedanken«, sagte Abu Lahab und führte die beiden durch die Halle hinaus in den Garten. Der Alte half Suleiman und Sean in den Sattel und öffnete das Tor.
    »Bring die anderen Tiere in den Mietstall«, sagte Suleiman zu dem Wächter. »Ich reite zum Stall, nachdem ich Wesir Nicolaus nach Hause gebracht habe.«
    Abu Lahab winkte ihnen nach. Sie trabten durch leere Gassen bis zum Haus der Gefährten. Sean klopfte an die Tür und lud seine Ausrüstung ab.
    Als Mara die Tür geöffnet und Sean begrüßt hatte, umarmte Sean seinen Freund und fragte leise: »Na, bist du zufrieden? Nach dem Treffen mit deinem Vater berichte ich dir, was er mir angeboten hat. Kommst du morgen zu uns?«
    »Wenn ich kann. Es gibt

Weitere Kostenlose Bücher