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Der Kalligraph Des Bischofs.

Der Kalligraph Des Bischofs.

Titel: Der Kalligraph Des Bischofs. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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wenn ich seine Schafe in die Irre führe. Steht nicht schon in den Schriften: »Wer aber einen dieser Kleinen,
     die an mich glauben, zum Abfall verführt, für den wäre es besser, daß ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ersäuft
     würde im Meer, wo es am tiefsten ist«?
Sein Gesicht richtete sich langsam zur Kirchendecke auf. »Herr, vergib mir.«
    Der Bischof kehrte sich zur Wand und zog ein Fackelholz aus der Halterung. Damit lief er zum Altar, drehte das Ende der Fackel
     über einer der Kerzen, bis es Feuer gefangen hatte. Es wurde hell in der Kirche.
    Sie starren mich an wie Dämonen.
»Fürchtet ihr euch? Na, fürchtet ihr euch? Habt ihr Angst, daß eure erbärmliche Täuschung ein Ende haben könnte?«
    Erbärmlich?
flüsterte es.
Wir und erbärmlich?
    Er drehte sich um.
Wer hat da gesprochen?
Mit kleinen Schritten trat er an die Marienstatue heran und leuchtete ihr ins Gesicht. Nein, die Augen blickten ihm nicht
     entgegen. Sie sah zu Boden. Er ging die Wand entlang. Dort im Kessel, bis zum Bauch in siedendem Pech versenkt, der heilige
     Bonifatius. Hätte er es in seiner Todesstunde gewußt, daß man ihn begaffen würde, daß er die Gedanken der Menschen einmal
     von Gott ablenken würde, er hätte in seinen Qualen nicht so friedlich zum Himmel hinaufgesehen. »Ich werde dich befreien,
     Bonifatius.«
    Claudius ging weiter, hielt Jakobus die Fackel unter das Kinn. Sinnend hielt der die Augenbrauen erhoben, streckte den Arm mit seinem Wanderstab von sich, daß der Mantel in langen Falten hinabfiel.
Sankt Jakob. Du bist es nicht, du bist nicht wirklich der heilige Jakob, auch wenn du noch so
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lebendig dreinblickst. Bestie!
»Ihr betrügt die Menschen! Ihr seid schuld, wenn ihre Gebete nicht an Gott gerichtet sind. Sie reden mit euch und vergessen die Wahrheit. Chimären seid ihr!«
Wenn ich Gottes Augen hätte, ich würde ihre spitzen Teufelsnasen sehen und die dreifachen Zahnreihen.
    Gold blitzte an der Wand, Blüten und Blätter schlugen Bögen, aber sie waren wie Dornengestrüpp, das die Heiligen umgab und
     seine gierigen Ranken nach den Menschen ausstreckte.
    Bete mich an!
entfaltete sich ein Flüstern im Raum.
    So schnell wirbelte Claudius herum, daß die Flamme der Fackel fauchte. »Wer war das?«
    Wieder:
Bete mich an!
    Petrus, ganz sicher. Claudius trat zur Statue. Zuerst zitterte er ein wenig, empfand nahezu Ehrfurcht beim Anblick des wogenden,
     weißen Bartes, der strengen und zugleich gütigen Züge des Gesichts. Ein wenig dick war Petrus, und der goldene Schlüssel in
     seiner Hand schimmerte wie von Magie. »Du bist nicht Petrus.« Er sagte es nur leise, lauschte auf eine Antwort, auf einen
     Widerspruch. »Du bist nicht Petrus.«
    Und dann strömte Sicherheit in seinen Bauch. Er verlor jede Furcht vor den Figuren.
Schluß mit der Lästerung. Es soll ein Ende haben.
Zorn erfaßte ihn, wie glühend heiße Schnecken, die an seinem Körper hinaufkrochen. »Du bist nicht Petrus«, schmetterte er
     der Statue entgegen und brach ihr mit einem Tritt den vergoldeten Schlüssel aus der Hand. Dann stieß er sie ganz um. Neben
     ihr hing das Weihrauchfaß in seiner Halterung. Er hob es an den Ketten heraus. »Niemand wird mehr diese höllischen Bilder
     verehren.« Die Fackel herabsenkend, begann er, das Faß über seinem Kopf zu schwingen wie David die Schleuder. Es traf die
     Marienfigur und trennte ihr den Kopf vom Körper. Unter der dünnen Farbschicht des Halses zeigte sich Holz.
    Immer schneller drehte Claudius das Faß. Er ließ es gegen die Wand prallen, wo der heilige Bonifatius zum Himmel |319| schaute. Kalk und Ton platzten aus der Freske, wo eben noch der Kessel mit Pech zu sehen gewesen war, rieselte Sand von der
     nackten Wand. Jakobus und Johannes traf er mit Wucht wieder, und wieder, danach Zebedäus, Markus, Matthäus; der dünne Kalküberzug
     der Wand riß Goldfarbe, gelben und roten Ocker mit sich.
    Die Büsten flogen um, silbergefaßte Edelsteine rollten über den Kirchenboden. Jaspis und Topas stürzten in den Staub, Glasschmuck
     zerbrach und landete neben Brocken aus Putz. Claudius wütete so lange, bis der Boden der Kirche mit Trümmern bedeckt war.
     Bis auf wenige Farbreste zeigten sich die Kirchenwände kahl und schmucklos. Schwer atmend stand der Bischof inmitten des Schlachtfelds.
     Er kannte diesen Moment, wenn ein Kampf beendet war und seine Stiefel in blutigen Ackerfurchen versanken, wenn nur noch die
     Schreie von Verwundeten daran erinnerten, daß

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