Der Kalligraph Des Bischofs.
verzeihe ich mir das nie.« Er legte die frischen Pergamente in der Schreibstube
ab und begab sich zum Palast. In einem Vorraum begegnete er Kanzler Eike und einigen anderen.
»Warum geht Ihr nicht hinein zu ihm?« fragte er den Kanzler.
»Seit drei Stunden berät er sich mit langobardischen Adligen. Störungen sind unerwünscht.«
»Wie lange wird das noch gehen?«
Eike strich sich mit der Hand über den kahlen Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich fürchte aber, daß er gleich danach |181| den Propst zu sich rufen wird, der in den Gästezimmern wartet, weil er noch heute in sein Kloster zurückkehren muß. Und mein
Fall ist mindestens genauso dringend.«
»Verzeiht Ihr mir?« fragte Biterolf, und ohne eine Antwort abzuwarten, lief er zur Tür.
Hinter ihm rief der Kanzler: »Was tut Ihr da? Habt Ihr mir nicht zugehört?«
Biterolf trat in den Saal. Obwohl Tageslicht durch das Glas der Rundbogenfenster fiel, brannten ringsum an der Wand die kleinen
Öllampen und brachten die rot, grün und golden bemalte Seite des Raumes zum Leben.
Claudius weiß, wie er seine Gäste beeindrucken kann,
dachte Biterolf.
Hoffen wir, daß er sich als Gastgeber auch Störenfrieden gegenüber zurückhält.
Die Gäste drehten sich zu ihm um. Es war ein halbes Dutzend fein gekleideter Männer, die mit dem Bischof an der Tafel saßen.
Sie trugen allesamt lange graue Bärte. Als sie Biterolf ein wenig entrüstet musterten, fielen ihm ihre hellen Augen auf.
»Es ist in Ordnung«, kam es vom Kopf der Tafel. »Das ist der Vorsteher meiner Schreibstube, er wird unsere Urkunden verfassen.«
Biterolf schloß die Tür und blieb dort stehen. Er wurde nicht aufgefordert, an den Tisch zu kommen.
Claudius nickte den Graubärtigen zu. »Machen wir weiter. Ich werde keinen Zins nehmen und keine niederen Dienste einfordern,
allerdings seid Ihr mir zur Heeresfolge verpflichtet. Die Erträge der übertragenen Landstücke sollen Euch Nahrung und Unterhalt
bieten. Darüber hinaus sende ich jeder Eurer Familien zehn Schafe und zwanzig Scheffel Saatgetreide. Damit seid Ihr einverstanden?«
Einer der Männer erhob sich, lief zum Bischof und ging vor ihm in die Knie. Er bot ihm seine gefalteten Hände dar. Claudius
umschloß sie lächelnd mit den seinen. »Rat und Hilfe.« Biterolf staunte, mit welcher Kraft die Stimme des Graubärtigen den
Raum erfüllte.
|182| Nach und nach folgten die anderen dem Beispiel des ersten.
Schwach sehen sie nicht aus,
schoß es Biterolf durch den Kopf. Die grauen Bärte machten es ungeheuer schwer, das Alter der Langobarden einzuschätzen.
Als alle wieder saßen, schob einer den Kopf vor und sah zu Claudius an das Ende der Tafel. »Verehrter Bischof, Godeoch wird
nicht erfreut sein, wenn er dies hört.«
»Möglich. Es ist aber nicht meine vordringliche Aufgabe, den Grafen der Stadt glücklich zu machen.«
Ein anderer der Graubärtigen rieb sich den Nacken. »Sollte es zu Übergriffen des Grafen kommen …«
»… eile ich natürlich, ohne zu zögern, zu Eurer Unterstützung herzu.«
Manche Köpfe nickten zufrieden.
Claudius erhob sich. »Ich denke, am heutigen Tag haben wir einen guten Bund begründet. Die Not Eurer edlen Familien wird gelindert,
und auch die Kirche des Herrn ist in diesem wilden Landstrich nun gestärkt.«
Man klopfte auf den Tisch und sprach Zustimmung. Einzeln verabschiedeten sich die Langobarden mit Handschlag vom Bischof.
Als der letzte den Raum verlassen hatte, ließ sich Claudius wieder auf seinen Stuhl fallen und atmete geräuschvoll aus.
»Ihr seid zufrieden?« Biterolf zögerte immer noch, seinen Platz an der Tür zu verlassen.
»Ja. Es ist ein entscheidender Schritt.«
Es war still. Biterolf wußte nicht, wie er beginnen sollte. »Ihr nehmt Euer Amt sehr ernst. Wißt Ihr, Euer Vorgänger –«
»Wenn Menschen einen Vorgänger erwähnen, wollen sie entweder schmeicheln oder mahnen. Was von beidem führt Ihr im Sinn?« Claudius
hob die buschigen Augenbrauen und sah Biterolf aufmerksam an.
Obwohl es Biterolf drängte, sich weiter zu entfernen, trat er an den Tisch heran. »Weder noch. Oder … Nun ja, |183| das zweite. Herr, ich halte Euch für einen sehr guten Bischof. Es gibt aber einige, die mit Euch unzufrieden sind.«
»Damit kann ich leben.« Claudius schüttelte sich die braunen Locken von den Schultern. Sein Blick ging zur Fensterwand.
»Darf ich … weitersprechen?«
»Redet.«
»Man wirft Euch vor, Eure eigenen Leute nicht mehr anzuhören, die, die an
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