Der kalte Hauch der Angst
war Sophie wieder ins Auto gestiegen, bin ich in ihre Wohnung gegangen. Ich war in Hektik, aber ich hatte das Ganze zwanzigmal im Kopf durchgespielt. Sophie hatte ihre Tasche auf dem Tischchen neben der Tür abgelegt. Ich fand ihr neues Portemonnaie und tauschte ihren neuen Personalausweis gegen den alten aus, den ich ihr im Juli gestohlen hatte. So bald wird sie das nicht bemerken. Wann holt man schon mal seinen Personalausweis heraus?
Ich habe lediglich begonnen, meine Saat auszustreuen.
1. September
Ich habe mir ihre Urlaubsfotos angesehen. Vincent hatte sie in seiner Digitalkamera gespeichert. Gott, was für blöde Bilder! Sophie auf der Akropolis, Vincent auf einem Boot irgendwo auf den Kykladen â¦Â Ãde! Und doch habe ich auch etwas Schönes entdeckt. Sie sind dreiÃig Jahre alt, Sex ist wichtig. Sie haben schweinische Fotos geschossen. Ach, nichts Spektakuläres. Sophie, die sich (sie liegen in der Sonne) konzentriert die Brüste einreibt, und ein paar misslungene Aufnahmen mit Selbstauslöser, während er sie von hinten nimmt, aber ich hatte dennoch meinen SpaÃ, wenn ich das so sagen darf: ein paar Bilder, auf denen Sophie ihm einen bläst. Sie ist gut zu erkennen. Ich habe die Fotos abgespeichert und Farbkopien gemacht.
5. September
Eine Dummheit, die eine Frau nicht zu oft machen sollte: Heute Abend hat Sophie gemerkt, dass sie sich beim Einnehmen der Pille vertan hat. Das ist normalerweise eine völlig eingespielte Sache, aber in der Packung fehlt eindeutig die Tablette für heute Abend. Sie hat sie nicht vertauscht, nein, eine fehlt.
10. September
Alles ist eine Frage des Fingerspitzengefühls, der Gewandtheit. Man muss behutsam vorgehen, die Rolle virtuos spielen. Von weitem habe ich zum Beispiel immer wieder kurz, aber sehr häufig beobachtet, wie Sophie einkaufen geht. Bei Monoprix an der Ecke. Man macht sich nie so richtig klar, wie sehr man selbst in den kleinsten Dingen des Lebens Gewohnheiten annimmt. So kauft Sophie fast immer dieselben Produkte, sie macht fast immer denselben Gang mit fast immer denselben Handbewegungen. Nachdem sie zum Beispiel an der Kasse war, stellt sie immer die Plastiktüten auf die Ablage neben den Einkaufswagen und geht dann zur Bäckereitheke. Gestern Abend habe ich ihr Päckchen Butter gegen ein anderes ausgetauscht und ihr eine andere Kaffeemarke in die Tüte getan. Kleine, heimliche, zunehmende Angriffspunkte. Das ist kindisch, aber wichtig ist, dass die Sache immer weiter fortschreitet.
15. September
Gestern hat Sophie im Internet für den 22. Oktober zwei Plätze im Théatre Vaugirard reserviert. Sie wollen sich den Kirschgarten ansehen (wieder ihre Vorliebe für die Russen), mit einem Filmschauspieler, dessen Namen ich mir nie merken kann. Sie hat sich früh darum gekümmert, denn das Stück wird ausverkauft sein. Keine Reservierung, kein Platz. Am nächsten Tag schickte ich von ihrem Account gleich eineMail und verlegte die Reservierung um eine Woche vor. Ich hatte Glück, es gab nur noch wenige Plätze. Ich bin sicher, das wirkt, denn laut Sophies Kalender sind die beiden an diesem Tag zu einem Betriebsfest bei Lanzer eingeladen. Der Termin ist doppelt unterstrichen, dürfte also wichtig sein. Die Mail mit der Reservierungsänderung und die Bestätigung des Theaters habe ich gelöscht.
19. September
Ich weià nicht, ob Sophie heute Morgen einen Termin hatte, aber sie war jedenfalls nicht pünktlich. Man hat ihr den Wagen gestohlen. Sie ging aus dem Haus â wenn sie einmal einen Parkplatz in der StraÃe ohne Parkuhr gefunden hat!  â , und: nichts. Also aufs Polizeirevier, Anzeige erstatten, all das dauert ewig â¦
20. September
Man kann über die Polizei sagen, was man will, aber manchmal ist man doch froh, dass es sie gibt. Für Sophie ging alles noch einmal gut aus. Sie schrieb ihrer Busenfreundin Valérie. Die Bullen haben nicht mal einen Tag gebraucht, bis sie den Wagen in der QuerstraÃe wiedergefunden hatten. Sie hat den Diebstahl ihres Wagens angezeigt, dabei hatte sie ganz einfach vergessen, wo sie ihn abgestellt hatte. Die Polizistenwaren nett, aber die Zeitverschwendung, der Papierkram â¦Â Sie sollte weniger zerstreut sein.
Wenn ich könnte, würde ich Sophie raten, die Zündung reparieren zu lassen, sie scheint nicht mehr sehr gut zu funktionieren.
21. September
Seit ihrer Rückkehr aus den Ferien fahren
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