Der kalte Hauch der Angst
das Haus auch tagsüber nie ganz leer und der Lärm zu hören war, auch wenn ich ihn dämpfte, so gut es ging, musste ich mich dennoch beeilen. Ich nahm mir nur noch kurz Zeit, um mein Werk zu betrachten: Das sah ganz nach einem abgebrochenen Einbruchsversuch aus, und der Luftzug an den Hebelpunkten erklärt, warum der Papierfetzen auf dem Boden liegt.
Trotzdem bin ich weiterhin besorgt. Ich muss wachsamer sein.
25. November
Ich tätige bei Monoprix die gleichen Einkäufe wie Sophie. Genau dieselben. Doch kurz bevor ich an die Kasse gehe, nehme ich noch eine Flasche sündhaft teuren Whisky â selbstverständlich die Marke, die in der Hausbar vorrätig ist,Vincents Lieblingswhisky â¦Â Während Sophie an der Bäckereitheke ansteht, tausche ich die Tüten aus und mache beim Hinausgehen den Sicherheitstypen auf die Dame im grauen Mantel aufmerksam.
Ich stelle mich vor den Bankautomaten auf der anderen StraÃenseite und ziehe Geld, denn das ist ein guter Beobachtungsposten. Ich sehe eine verdutzte Sophie, die von einem Hausdetektiv angesprochen wird. Sie lacht. Nicht lange. Ich muss ihr folgen, um sicherzugehen â¦
Sophie blieb über zwei Stunden in dem Laden. Zwei uniformierte Polizisten kamen. Ich weià nicht, was passiert ist. Niedergeschlagen verlässt sie den Supermarkt. Nun muss sie wirklich einen Arzt aufsuchen. Anders geht es nicht mehr.
5. Dezember
Seit September finden regelmäÃig Auktionen bei Percyâs statt, und ich weià immer noch nicht, was Sophie veranlasst, dabei zu sein oder nicht. Es ist vollkommen unvorhersehbar, weil mir die Informationen darüber fehlen, was den Ausschlag dafür gibt. Gestern Abend um 21 Uhr fand eine Versteigerung statt. Ich wartete bis Viertel nach neun, und nachdem Sophie offenbar vorhatte, vor dem Fernseher sitzen zu bleiben, fuhr ich los.
Die Auktion war gut besucht. Die Empfangsdame lächelte am Eingang zum Saal den Interessenten zu und überreichte ihnen einen schönen Hochglanzkatalog. Sie erkannte mich gleich wieder und schenkte mir ein besonders gewinnendes Lächeln, das ich erwiderte, allerdings nicht zu aufdringlich.Die Auktion dauerte lange. Ich wartete eine gute Stunde, bevor ich für eine Weile ins Foyer ging. Das Mädchen zählte die restlichen Kataloge und händigte sie den wenigen Interessenten aus, die verspätet eintrafen.
Wir unterhielten uns. Ich habe mein Anliegen zielsicher verfolgt. Sie heiÃt Andrée â diesen Vornamen verabscheue ich. Wenn sie steht, ist sie noch dicker, als wenn sie hinter ihrem Tresen sitzt. Ihr Parfüm ist immer noch genauso grauenhaft, auch wenn es mir aus der Nähe noch widerlicher vorkam. Ich erzählte ihr ein paar Witze, die ich gut draufhatte. Ich brachte sie zum Lachen. Dann tat ich so, als müsse ich wieder zurück in den Saal und die Auktion weiterverfolgen, aber in letzter Sekunde, nachdem ich bereits ein paar Schritte Richtung Saal gegangen war, setzte ich alles auf eine Karte. Ich drehte mich um und fragte sie, ob sie ein Glas mit mir trinken würde, wenn das hier zu Ende wäre. Sie zierte sich völlig idiotisch, und ich spürte, dass sie sehr geschmeichelt war. Der Form halber behauptete sie, sie hätte nach der Auktion noch tausend Dinge zu erledigen, gab sich aber nicht allzu abweisend. Und so musste ich nicht mal eine Viertelstunde auf sie warten. Ich rief ein Taxi und lud sie in ein Lokal an den Boulevards ein. Ich erinnerte mich an eine Bar mit gedämpftem Licht gegenüber dem Olympia, wo es Cocktails und englisches Bier gab und wo zu jeder Tagesund Nachtzeit Essen serviert wurde. Ein anstrengender, aber für die Zukunft ganz sicher lohnender Abend.
Mit diesem Mädchen habe ich wirklich Mitleid.
Gestern Abend habe ich meine Täubchen dabei beobachtet, wie sie im Bett herumturnten. Sophie ist offensichtlich nicht ganz bei der Sache. Sicherlich hat sie andere Dinge im Kopf. Ich habe geschlafen wie ein Stein.
8. Dezember
Sophie fragt sich, ob nicht vielleicht ihr PC an allem schuld ist. Sie fragt sich, ob sich jemand einfach so bei ihr einloggen kann, aber sie weià nicht, wie sie das herausfinden könnte. Sie hat ein neues E-Mail-Konto angemeldet, und dieses Mal hat sie ihr Passwort nicht gespeichert. Ich brauchte über sechs Stunden, um es zu knacken. Die Box war leer. Ich habe das Passwort geändert. Nun hat sie keinen Zugang mehr zu ihren Mails.
Vincent macht sich
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