Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11
ihm auf die Schulter. »So was hört man nicht oft, Rab – dass der Strohmann sich entschuldigt.«
Rab drehte sich halb um. Krauses schwarzes Haar und lange Koteletten.
»Rab ist eine Woche vor mir rausgekommen«, sagte Cafferty. »Im Knast waren wir die besten Kumpels.« Er fasste Rab wieder an der Schulter. »Da hockst du gerade noch im Knast, und in der nächsten Minute schieben sie dich schon in die Röhre. Hab doch gesagt, dass ich für dich sorge, stimmt's?« Cafferty zwinkerte Rebus zu. »Hat mir 'n paarmal sehr geholfen, der gute Rab.« Er lehnte sich wieder zurück und nahm einen weiteren Schluck Whisky. »Die Stadt hat sich verändert, Strohmann.« Er blickte aus dem Fenster. »Vieles hat sich verändert.«
»Aber Sie offenbar nicht.«
»Der Knast verändert einen Mann, haben Sie das noch nie gehört? In meinem Fall ist dann noch die Sache mit dem Krebs dazugekommen.« Er schnaubte verächtlich.
»Und wie lange – haben sie gesagt…?«
»Jetzt kommen Sie mir nicht auf die rührselige Tour. Hier.« Er reichte Rebus die Flasche und schob dann den Umschlag wieder in die Sitztasche. »Den ganzen Quatsch vergessen wir jetzt am besten mal. Ich bin froh, wieder draußen zu sein. Welchem Umstand ich diese Tatsache verdanke, ist mir im Augenblick egal. Ich bin hier und damit hat sich's.« Er starrte wieder aus dem Fenster. »Hab gehört, dass überall wie wild gebaut wird.«
»Sollten Sie sich mal persönlich anschauen.«
»Worauf Sie sich verlassen können.« Er hielt inne. »Wissen Sie, ich find's herrlich, nur wir zwei. Dazu 'ne Flasche Whisky und dann über alte Zeiten reden…, aber warum, zum Teufel, sind Sie eigentlich in meinem Büro aufgekreuzt?«
»Ich wollte von Ihrem Wiesel nur ein bisschen was über Bryce Callan erfahren.«
»Der Mann ist doch schon ewig weg von der Bildfläche.«
»Tatsächlich? Ich dachte, er lebt jetzt in Spanien.«
»Was Sie nicht sagen.«
»Vielleicht hab ich da was missverstanden. Aber meines Wissens zahlen Sie ihm doch immer noch ein paar Prozent.«
»Und wieso sollte ich? Er hat doch Verwandtschaft. Sollen die sich doch um ihn kümmern.« Cafferty wurde etwas zappelig. Offenbar reichte allein die Erwähnung des Namens Bryce Callan aus, um ihn nervös zu machen.
»Ich hab nicht vor, Ihnen die Party zu verderben«, sagte Rebus.
»Gut.«
»Also, wenn Sie mir erzählen, was ich wissen will, dann können wir die ganze Sache vergessen.«
»Mensch, waren Sie immer schon so nervig?«
»Ich hab in Ihrer Abwesenheit Unterricht genommen.«
»Dann sollten Sie Ihrem Lehrer eine verdammte Prämie zahlen. Also gut. Wenn Ihnen irgendwas im Magen liegt, dann spucken Sie's schon aus.«
»Ein Bauunternehmer namens Dean Coghill.«
Cafferty nickte. »Ich hab den Mann gekannt.«
»In einem Kamin in Queensberry House ist eine Leiche aufgetaucht.«
»In dem ehemaligen Krankenhaus?«
»Das Gebäude wird gerade umgebaut – soll ein Teil des neuen Parlamentskomplexes werden.« Rebus ließ kein Auge von Cafferty. Er war zwar physisch erschöpft, doch im Kopf war er hellwach und immer noch damit beschäftigt, den Schock zu verdauen. »Diese Leiche hat sich über zwanzig Jahre dort befunden. Und ausgerechnet '78, '79 ist der Kasten umgebaut worden.«
»Und Coghills Firma war daran beteiligt?« Cafferty nickte. »Jetzt verstehe ich ungefähr, was Sie auf dem Herzen haben. Aber was hat das alles mit Bryce Callan zu tun?«
»Ich hab gehört, dass Callan und Coghill aneinander geraten sind.«
»Wenn das wahr wäre, dann wäre Coghill bestimmt was ziemlich Übles zugestoßen. Wieso fragen Sie ihn nicht selbst?«
»Er ist tot.« Cafferty sah ihn an. »Natürliche Ursache«, versicherte ihm Rebus.
»So ist das nun mal, Strohmann, die Leute kommen und gehen. Aber Sie müssen ständig alte Sachen ausgraben. Mit dem einen Fuß in der Vergangenheit und mit dem anderen im Grab.«
»Eines kann ich Ihnen versprechen, Cafferty.«
»Und das wäre?«
»Wenn man Sie dereinst bestattet, werde ich hinterher bestimmt nicht mit 'ner Schaufel aufkreuzen, sondern Sie in aller Ruhe verrotten lassen.«
Rab drehte langsam den Kopf nach hinten und sah Rebus mit unbeseelten Augen an.
»Jetzt haben Sie sich aber unbeliebt gemacht, Strohmann.« Cafferty klopfte seinem Henkersknecht besänftigend auf die Schulter. »Eigentlich müsste ich jetzt auch böse mit Ihnen sein.« Er starrte Rebus mit einem bohrenden Blick an. »Vielleicht beim nächsten Mal.« Er neigte sich vor. »Links ran!«, bellte er.
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