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Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11

Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11

Titel: Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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hat Watson eigentlich zu Ihnen gesagt?«, fragte sie. »Für ihn wiegt Linfords Wort genauso schwer wie unseres, nicht wahr?«, fuhr sie dann fort. Als Rebus nichts sagte, stieg sie ein, ließ ihren Wagen an und weg war sie. Rebus stand einen Augenblick nachdenklich da und schloss dann seinen Wagen auf. Ja, wenn er sich nicht täuschte, hatte sie Tränen in den Augen gehabt.
    Gerade trat der gelbe JCB-Bagger in Aktion und schaufelte Schutt auf einen Lkw. Die Außenmauern des Gebäudes waren inzwischen gefallen. Deshalb hatte die ganze Szene etwas Voyeuristisches an sich. Allerdings fiel Rebus auf, dass einige der Umstehenden den Blick abwendeten. Es war, als ob ein Pathologe sich an die Arbeit gemacht und die Geheimnisse eines Körpers freigelegt hätte. Noch vor kurzem hatten hier Menschen gelebt: Türen angestrichen, Tapeten ausgewählt. Und die Wandvertäfelung dort drüben. Vielleicht hatte ein junges – frisch verheiratetes – Ehepaar sie angebracht und liebevoll lackiert. Glühbirnenfassungen, Steckdosen, Schalter…, alles kreuz und quer, Kabelsalat. Auch die sonst verborgenen Elemente der Konstruktion waren plötzlich sichtbar: Dachbalken, Rohre, klaffende Wunden, wo noch kurz zuvor Kamine gewesen waren. Ein prasselndes Feuer zur Weihnachtszeit… mit dem prächtig geschmückten Baum in der Ecke.
    Ja, die Geier hatten ihr Werk verrichtet: Nur einige bessere Türen waren erhalten geblieben, alles andere herausgerissen: Kamine, Spülkästen, Waschbecken, Badewannen, Wasserboiler und Heizkörper… Doch selbst diese Dinge konnte noch irgendein Altwarenhändler zu Geld machen. Am meisten faszinierten Rebus die Farb-und Tapetenschichten in den noch nicht ganz zerstörten Räumen. Hinter einer gestreiften Nobeltapete kamen plötzlich Reste verblasster rosa Pfingstrosen zum Vorschein und dahinter noch eine Schicht mit rot befrackten Reitersleuten. In einer Wohnung war die Küche an einer ungewöhnlichen Stelle eingebaut, dafür hatten die Mieter die ursprüngliche Küchennische tapeziert. Als jetzt die Tapete sich von der Wand löste, wurden die schwarzen und weißen Fliesen wieder sichtbar. Lastwagen karrten das ganze Gerümpel zu Schuttplätzen außerhalb der Stadt. Später wurde es dann irgendwann mit einer Erdschicht abgedeckt – ein gefundenes Fressen für künftige Archäologen.
    Rebus zündete sich eine Zigarette an und kniff die Augen zusammen, um sie vor dem Staub zu schützen. »Scheint so, als ob wir etwas spät dran wären.«
    Er stand mit Siobhan vor dem zertrümmerten Gebäude, in dem Freddy Hastings früher sein Büro gehabt hatte. Siobhan hatte sich wieder einigermaßen beruhigt und Linford aus ihren Gedanken verdrängt. Sie stand neben Rebus, und die beiden beobachteten die Abbrucharbeiten. Hastings' Büro war früher im Erdgeschoss gewesen, darüber Wohnungen. Doch von alledem war jetzt nichts mehr übrig. Nur die Reste des Gebäudes mussten noch abgetragen werden, dann rückten die Baufirmen an. Auf dem Grundstück war nämlich eine neue Wohnanlage geplant, nur einen Steinwurf vom neuen Parlament entfernt.
    »Vielleicht können wir ja bei der Stadt Näheres erfahren«, schlug Siobhan vor. Rebus nickte. Möglich, dass man dort etwas über den Verbleib von Hastings' Sachen wusste. Allerdings war das wohl eher unwahrscheinlich. »Optimistisch sehen Sie nicht gerade aus«, fügte sie dann noch hinzu.
    »Ist nun mal nicht meine Art«, sagte Rebus und inhalierte zusammen mit dem Rauch seiner Zigarette eine Mixtur aus Gipsstaub und der Vergangenheit anderer Leute.
    Sie fuhren zur Stadtverwaltung in der High Street, wo ihnen ein Beamter den Namen einer Anwaltskanzlei in Stockbridge nannte. Auf dem Weg dorthin statteten sie Hastings' ehemaliger Wohnung noch einen kurzen Besuch ab. Die derzeitigen Besitzer hatten den Namen noch nie gehört. Vor ihnen hatte die Wohnung einem Antiquitätenhändler gehört, der sie – so weit die jetzigen Besitzer wussten – von einem Fußballspieler gekauft hatte. Das war 1979 – inzwischen eine halbe Ewigkeit her. Die Wohnungen in der Neustadt wechselten nämlich vielfach alle drei bis vier Jahre den Besitzer. Meist waren die Käufer junge Leute, die nicht nur schön wohnen wollten, sondern gleichzeitig eine gute Geldanlage suchten. Ein paar Jahre später bekamen sie dann Kinder, und plötzlich gingen ihnen die Treppen auf die Nerven, oder sie wollten unbedingt einen Garten. Deshalb verkauften sie die Wohnung wieder und legten sich was Größeres zu.
    Auch der Anwalt,

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