Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters
Unabhängigkeitserklärung berief, konnte niemals mehr als etwa 100 000 Mitglieder versammeln. Roosevelts New Deal selbst blieb so lange ohne durchschlagende Wirkung bis im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs und dann vor allem nach dem Kriegseintritt der USA 1941 die öffentliche Nachfrage sprunghaft anstieg. Daß Roosevelts Politik von seinen Gegnern zeitweilig erfolgreich als kommunistisch diffamiert werden konnte, zeigte eindringlich eine der Grundängste der amerikanischen Gesellschaft: die Furcht vor einer schleichenden Unterwanderung mit undemokratischem Gedankengut zur Zerstörung des American Way of Life. Sicher ist, daß Roosevelt die eigentliche Bedrohung eher im Nationalsozialismus sah. Hitler rückte für ihn sogar in die Position eines persönlichen Gegners. Isolationistische oder gar deutschfreundliche Strömungen in den USA verurteilte der Präsident lange vor der deutschen Kriegserklärung an die USA im Dezember 1941 als Illoyalität gegenüber dem eigenen Land. Die Verfolgung richtete sich in den USA aber seit 1940 auch gegen Kommunisten. Die Landesverratsbestimmungen des sogenannten Smith Act wurden bis 1945 sogar weit häufiger gegen «kommunistische Bestrebungen» angewandt als gegen Nationalsozialisten. Man hat im Rückblick darin häufig die Grundlegung des McCarthyism der fünfziger Jahre gesehen.
Außenpolitisch blieben die USA bis zum Dezember 1941 gegenüber den Achsenmächten formal neutral. Roosevelt glaubte zwar, daß ein Beiseitestehen in dem sich abzeichnenden Konflikt nicht möglich sein werde, faktisch war er jedoch zunächst an das Neutralitätsgesetz von 1935 und durch den weitverbreiteten Isolationismus in den USA gebunden. Der Versuch, diese Stimmung im Lande aufzubrechen, begann mit seiner «Quarantäne-Rede» am
5. Oktober 1937. Auch wenn dieser Ankündigung zunächst keine Taten folgten und der Isolationismus sogar noch zunahm, ging die Quarantäne-Vorstellung bereits in die gleiche Richtung wie zehn Jahre später die Containment- Politik. Roosevelts Rede kreiste um den Leitgedanken, man müsse die undemokratischen, expansiven Nationen unter Quarantäne stellen, um sie an einer weiteren Ausbreitung zu hindern.
Daß die Quarantäne-Politik eine gewichtige langfristige Zielrichtung hatte, bestätigte Roosevelt im kleinen Kreis. Es ist sicherlich zu stark pointiert, wenn man folgert, er habe den Kriegseintritt der USA gegen die Achsenmächte angestrebt, wie einige Autoren immer wieder behauptet haben. Sicher ist allerdings, daß der Präsident bereits vor 1939 klarstellte, daß die USA die Westmächte im Falle einer drohenden Niederlage unterstützen würden. Die Lieferung von Zerstörern an Großbritannien im September 1940 und das «Leihen» von Waffen nach dem Lend-and-Lease-Act (Pacht-und-Leih-Gesetz) vom März 1941 begründete Roosevelt ausdrücklich mit dem Kampf der Demokratie gegen die Diktatur. Für alle sichtbar widersprachen diese Lieferungen eindeutig den internationalen Neutralitätsregeln, obwohl die USA nach außen bis zum Dezember 1941 an ihrem offiziellen Status als nichtkriegführende Nation festhielten. US-Marineminister Knox räumte zudem vor einem Senatsausschuß im September 1941 ein, daß US-Kriegsschif-fe auch ohne Angriff der Gegenseite Wasserbomben auf deutsche U-Boote warfen - eine Maßnahme, die immerhin zuließ, daß man den Krieg mit Deutschland billigend in Kauf nahm. 17 Offiziell hießen allerdings auch sie noch Neutralitätspatrouillen (Neutrality Patrols).
Inwieweit die Furcht vor einer deutschen Atombombe in Roosevelts Politik eine entscheidende Bedeutung spielte, ist nur zu vermuten. Immerhin hatte Albert Einstein den amerikanischen Präsidenten am 11. Oktober 1939 über die Möglichkeit informiert, daß Hitler in den Besitz einer solchen «Superbombe» kommen könnte, und erst nach dem Krieg war klar, daß die Deutschen aus verschiedenen Gründen keine einsatzfähige Nuklearwaffe hergestellt hatten. Unmittelbar nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion sandte Roosevelt im Juli 1941 einen seiner engsten Mitarbeiter, Harry Hopkins, nach Moskau, um amerikanische Unterstützung anzubieten. Es war ein «unnatürliches Bündnis», wie alle wußten, und es kam nur zustande, weil man Hitler zu diesem Zeitpunkt für die größere Gefahr hielt. Die deutsche Wehrmacht überrannte in den ersten Monaten die Rote Armee und stand bereits im Oktober 1941 vor Moskau. Bis Ende des Jahres lieferten die USA rund 350 000 Tonnen Güter, um den Zusammenbruch der
Weitere Kostenlose Bücher