Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters
umfassenden sozialistischen Reformen, die auch in Nicaragua hoch umstritten blieben. Vor allem lösten sie in den USA Bestürzung aus. Nicaragua sollte keinesfalls ein «zweites Kuba» werden. Mittlerweile weiß man durch die Öffnung von Geheimdienstakten, daß Moskau zumindest über die Möglichkeit nachdachte, auch über das offiziell als blockfrei geltende Nicaragua die USA zu infiltrieren.
Es war eine der ersten Entscheidungen Reagans nach seinem Amtsantritt 1981, in Nicaragua den Aufbau eines «zweiten Kuba» zu bekämpfen. Reagan betrieb klassische Rollback Policy, die von Anfang an neben dem Wirtschaftsboykott vor allem die verdeckte aktive Unterstützung antikommunistischer Gruppen beinhaltete, die in Mittelamerika als sogenannte Contras bekannt wurden. Sie waren es vor allem, die, unterstützt durch die CIA, den amerikanischen Stellvertreterkrieg gegen Ortega und die Sandinisten führten. Schon in den Jahren 1981 und 1982 wurden dafür insgesamt 43 Millionen Dollar offizieller Hilfe durch den US-Kongreß genehmigt. 33 Ausbildungsort wurde das benachbarte Honduras. Die auf schließlich mehrere hundert Millionen US-Dollar gesteigerte Unterstützung wurde dann unter anderem durch Saudi-Arabien, insbesondere aber durch geheime Waffenverkäufe an den Iran getragen, wie später ermittelt werden konnte. Diese «Iran-Contra-Affäre» erschütterte jedoch nur kurzfristig den Verlauf der Operationen in Nicaragua. Die Contras konnten schon Ende 1982 weit ins Land Vordringen. Wenige Monate später folgte dann der erste Großangriff mehrerer tausend Contras aus Honduras. Obwohl die nicaraguani-sche Regierungsarmee durch die Sowjets und die Kubaner militärisch ausgerüstet worden war und zahlreiche Unterstützer aus westlichen Staaten nach Nicaragua reisten, konnte diese Invasion nur mit erheblicher Mühe abgewehrt werden. Seit März 1988 waren dann auch reguläre US-Truppen in Honduras, um den Druck auf die Regierung in Nicaragua zu erhöhen. Sie griffen jedoch nicht in die Kämpfe ein. Allerdings hatte die CIA bereits in den Jahren zuvor unter anderem die nicaraguanischen Häfen Co-rinto und Puerto Sandino vermint und auch einige Sabotageakte verübt. Zuletzt trugen allerdings nicht die Contras oder der Druck der USA zur Beendigung des blutigen Konflikts bei, der insgesamt etwa 50 000 Tote kostete, sondern die mittelamerikanischen Staaten selbst. Nachdem die Sandinisten selbst einer freien Wahl zugestimmt hatten, wurde Ortega 1990 abgewählt. Nachfolgerin wurde die konservative Violetta Barrios de Chamorro, die Witwe des 1978 durch das Somoza-Regime ermordeten Oppositionsführers Pedro Joaquin Chamorro. Nach ihrer Einsetzung wurde nicht nur die Entwaffnung der Konfliktparteien möglich, sondern nach dem Ende des Kalten Krieges auch ein 1992 geschlossenes Freundschafts- und Kooperationsabkommen mit den USA.
Kriege der Blockfreien
Einen besonderen Stellenwert unter den militärischen Auseinandersetzungen in der Dritten Welt nahmen während des Kalten Krieges die Konflikte der blockfreien Staaten untereinander ein. Sie sind zum einen ein klarer Beleg dafür, daß die Ideologie der Bewegung, Streitigkeiten friedlich zu regeln, in vielen Fällen reine Rhetorik blieb. Zum anderen sind speziell diese Konflikte eines der schlagendsten Argumente für die Totalität und Ubiquität des Kalten Krieges. Kaum einer der Kriege innerhalb der Bewegung der Blockfreien, die für sich ja gerade beanspruchten, sich aus dem Kalten Krieg herauszuhalten, blieb vom globalen Konflikt unberührt. Beispiele dafür sind die militärischen Auseinandersetzungen zwischen Indien und Pakistan seit 1947, zwischen Indonesien und Malaysia 1963 und 1965 oder auch zwischen Äthiopien und Somalia, vor allem seit den siebziger Jahren. Alle machten darüber hinaus natürlich auch die gravierenden Langzeiteffekte europäischer Kolonialpolitik für den Kalten Krieg sichtbar. Jeder einzelne dieser Konflikte hatte neben traditionellen Feindschaften und Machtansprüchen, deren Anlässe zum Teil weit zurücklagen, eine weitere Ursache: Die territorialen Entscheidungen der europäischen Kolonialmächte provozierten aus der Sicht der Betroffenen in vielen Fällen automatisch zukünftige Auseinandersetzungen. Nicht zuletzt zeigten diese Kriege aber auch den Versuch der durch die Entstehung der «Supermächte» im Kalten Krieg in die zweite Reihe zurückgetretenen ehemaligen Kolonialmächte, wieder eine bedeutendere politische Rolle zu übernehmen.
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