Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters
Vielvölkerstaats vom
l.Juni 1945 unterstrich in ihren «Fünf Prinzipien» (Panca Shila), neben hindu-javanischen und islamischen Inhalten, insbesondere nationale und sozialistische Ziele. Ausdrücklich wurde der «Internationalismus» als Staatsziel genannt. Die nationalkommunistische Bewegung, die während des Krieges auch die Hauptlast des Widerstands gegen die Japaner in Indonesien, aber auch im benachbarten Malaya getragen hatte, beteiligte sich jedoch nicht. Für sie waren sowohl Sukarno als auch Hatta «Japanknechte». Die Kommunisten proklamierten ihrerseits 1948 eine eigene «Sowjetrepublik» im Ostteil der Insel Java, die allerdings nur kurzfristig Bestand hatte. Im Westteil der Insel verkündeten die Islamisten ihrerseits ein Jahr später einen «Islam-Staat Indonesien».
Mit dem Entschluß der Niederländer, ihre ehemalige Kolonie wiederzubesetzen, rückte Indonesien, wie Französisch-Indochina, in die sich bildenden Fronten des Kalten Krieges. Da Den Haag aber nach der fast fünfjährigen deutschen Besatzungszeit in den Niederlanden zu einer Militäraktion einstweilen gar nicht in der Lage war, besorgten dies zunächst die Briten für sie. Sie hatten 1945 ihre Kolonie Malaya wieder unter Kontrolle gebracht und landeten nun im September des Jahres auch in Indonesien. Die Folgen waren absehbar: Wie in Französisch-Indochina stieß die Rückkehr der Kolonialherren sofort auf erbitterten Widerstand, den die Briten und dann später auch die Niederländer mit Gewalt zu brechen suchten. Dies führte, wie in Malaya, auch in Indonesien zu einem verstärkten Zulauf zu den Kommunisten, die die Nationalbewegung nun erfolgreicher denn je für sich reklamieren konnten. Es war vor allem ihr Partisanenkrieg, der gegen die Kolonialherren geführt wurde, und er verstärkte sich noch einmal, als Ende 1948 Präsident Sukarno von niederländischen Truppen im javanischen Yogyakarta gefangengenommen wurde.
Tatsächlich war es wohl vor allem die unerwünschte weitere Stärkung der nationalkommunistischen Bewegung, die schließlich die USA und die UNO auf den Plan riefen. Damit hatte der Kalte Krieg, der durch das Neben- und Gegeneinander von eher westlichen und kommunistischen Befreiungsgruppen ohnehin schon präsent gewesen war, nun für alle sichtbar Indonesien erreicht. Seit 1947 legte die UdSSR wegen der Entwicklung des Kolonialkriegs in Indonesien mehrfach ihr Veto im UN-Sicherheitsrat ein. 1949 lenkte dann auch die US-Regierung ein. Zuvor hatte sich Sukarno in einer Rundfunkansprache direkt an die amerikanische Öffentlichkeit gewandt und sich ausdrücklich auf die antilcolonia-len Traditionen der USA berufen. 41 Am 28. Januar 1949 konnte der UN-Sicherheitsrat dann tatsächlich eine scharfe Verurteilung der Niederlande verabschieden, aber erst, als drei Monate später die US-Regierung unverhüllt drohte, die Wiederaufbauhilfen zu sperren, gab Den Haag am 27. Dezember 1949 seinen Widerstand auf und erkannte die «Vereinigten Staaten von Indonesien» an. Am 17. August 1950 folgte die Umwandlung der bisherigen Föderation in die Republik Indonesien.
Der Weg, den Sukarno nun innenpolitisch einschlug, war allerdings alles andere als akzeptabel für die Amerikaner und bestätigte ihre schlimmsten politischen Befürchtungen. Innenpolitisch waren die indonesischen Kommunisten gerade auf der Hauptinsel Java stark geblieben, während im Ostteil des Landes weiterhin der politische Islam auf dem Vormarsch war. Der dadurch verursachte religiös-politische Spagat Sukarnos mündete 1957 in eine «gelenkte Demokratie» und die Bildung einer nationalkommuni-stisch-religiösen Einheitsfront, der sogenannten Nasakom. Außenpolitisch setzte Sukarno auf die Chinesen, den Ostblock und die Blockfreienbewegung. Dies war dann auch der Hintergrund, vor dem die USA 1958 vergeblich versuchten, durch einen von der CIA geleiteten Putsch Sukarno zu beseitigen und eine westliche Regierung einzusetzen. 42
Malaya, aus dem später die Staaten Malaysia und Singapur hervorgingen, durchlief eine fast parallele Entwicklung, die allerdings nicht in eine nationalkommunistisch-religiös ausgerichtete «gelenkte Demokratie» mündete, sondern in ein an Großbritannien ausgerichtetes westlich-parlamentarisches System. Schon in der Rekolonisierungsphase waren für die Briten eindeutig politische Ziele in den Vordergrund gerückt, die vor allem die Notwendigkeiten des beginnenden Kalten Krieges in Rechnung stellten. Die Halbinsel sollte ein strategischer
Weitere Kostenlose Bücher