Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
Vom Netzwerk:
Kaschmir und Ostpakistan führte zu einem blutigen Sonderkonflikt, der über die gesamte Dauer des Kalten Krieges anhielt. An ihm partizipierten schließlich auch die Supermächte. Insgesamt gesehen erwiesen sich alle diese Vorhaben zur Rückgewinnung von Kolonialgebieten nicht nur als politischer Anachronismus, sondern förderten einen teilweise religiös unterfütterten, immer aber radikalen Nationalismus, der sich schließlich auch zu einem ernsthaften Problem für die Supermächte entwickelte.
Mobilisierung für den Kalten Krieg: Die Sicherung von Ressourcen
    Die geostrategische Sicherung von Räumen wurde 1944/45 von Maßnahmen zur Sicherung von Ressourcen begleitet. Eines der bemerkenswertesten Phänomene der Endphase des Zweiten Weltkriegs war wohl, daß sowohl die Amerikaner als auch die Sowjets im Hinblick auf die möglicherweise nah bevorstehende Auseinandersetzung mit dem Noch-Verbündeten begannen, nicht nur Interessenssphären abzustecken, sondern auch nach Technik, Spezialisten und militärisch oder politisch nutzbarem Wissen zu fahnden. Schon 1947 bezifferten die USA die Summe der von ihnen häufig verdeckt abgezogenen technischen Reparationen auf rund zwei Milliarden Dollar. 57 Wenngleich von sowjetischer Seite bisher keine genauen Zahlen vorliegen, wird man von einer ähnlichen Größenordnung ausgehen können. Auch darin spiegelten sich die Stufen des Zerbrechens der Allianz wider.
    Anders als die Sowjets, die verstärkt nach Nukleartechnik fahndeten, konzentrierten sich die Amerikaner hauptsächlich auf die deutschen Raketenspezialisten und weitere militärische und wissenschaftliche Eliten. Atomwissenschaftler wurden zwar auch von US-Stellen eingesammelt und interniert. Dies geschah aber angesichts der viel weiter fortgeschrittenen amerikanischen Nukleartechnik häufig nur, um sie nicht an die Sowjets zu verlieren. Zu Werner Heisenberg, der ebenso wie seine Kollegen Otto Hahn, Max von Laue, Carl Friedrich von Weizsäcker oder Walther Gerlach durch Zielfahnder des Pentagon im Rahmen der sogenannten AIsos Mission aufgespürt und interniert worden war, vermerkte der für das Manhattan-Projekt zuständige US-General Leslie Groves später in seinen Memoiren: «Heisenberg war einer der führenden Physiker auf der Welt, und zur Zeit des Zusammenbruchs Deutschlands war er uns mehr wert als zehn Divisionen Deutscher. Wäre er in russische Hand gefallen, hätte er sich als unschätzbar für sie erwiesen.» 58 Spätestens nachdem die Briten deutsche Atomwissenschaftler in der Internierung abgehört hatten (Operation Epsilon), war klar, daß die Elite der Atomphysik in Deutschland, entgegen allen Befürchtungen, nicht in der Lage gewesen war, eine einsatzfähige Atombombe für Hitler zu konstruieren. 59 Ob dies nun bewußter politischer Widerstand gewesen war, wie Heisenberg zu Protokoll gab, oder nicht, ließen auch die daraus entstandenen sogenannten Farm-Hall-Protokolle offen. 60 Unzweideutig war, daß die Deutschen durch den Mangel an Schwerem Wasser (Deuterium) gravierende Fertigungsprobleme gehabt hatten. Mittlerweile sind allerdings Hinweise aufgetaucht, die nahelegen, daß möglicherweise dennoch einer kleineren Forschungsgruppe um den SS-Ge-neral Hans Kammler und die Physiker Kurt Diebner und Walther Gerlach die Herstellung eines Sprengkörpers gelang, der wie eine Art Neutronenbombe gewirkt haben soll. Das unterkritische nukleare Material scheint 1944 auf Rügen und noch einmal im April
    1945 auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf in Thüringen zur Explosion gebracht worden zu sein. Außer Zeitzeugenberichten weisen unter anderem amerikanische Aktennotizen und ein vom sowjetischen Leiter des Atomprogramms, Igor V. Kurtschatow, für Stalin verfaßter Bericht aus dem März 1945 daraufhin. 61 Das Interesse der Alliierten daran hielt sich indes in Grenzen. Eine bombenfähige Kettenreaktion, die US-Physiker im Test Trinity am 16.Juli
    1945 erzeugten, war den Deutschen nachweislich nicht gelungen.
    Bei den Amerikanern blieb so das Interesse an der deutschen Raketentechnik am deutlichsten. Zum einen war sie und insbesondere ihr technischer Leiter, Wernher von Braun, schon damals eine Art Mythos. Zum anderen bestand in den letzten Kriegsmonaten die Sorge, die noch nicht besiegten Japaner würden aus Deutschland Technik zur Weiterführung des Krieges erhalten. Tatsächlich fanden die in Thüringen vorrückenden Amerikaner Belege dafür, daß noch im März 1945 japanische Spezialisten in den Dessauer

Weitere Kostenlose Bücher