Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters
hervorgegangene Mao Tse-tung den Plänen Kim II Sungs zugestimmt hatte. Es war vielleicht tatsächlich die gescheiterte Initiative in Berlin, die Stalin zu seinem Entschluß brachte - doch lud ihn wohl vor allem der Abzug der US-Truppen aus Südkorea ein, wie man seinen bekanntgewordenen Äußerungen entnehmen kann. 13 Einige Autoren mutmaßen sogar, daß Stalin Korea als
Sprungbrett gegen die Japaner nutzen wollte, denen er nach den Erfahrungen der Vergangenheit ebensowenig traute wie den Deutschen. 14 Anders allerdings als in Moskau und Peking vermutet, reagierte der Westen auch in diesem Fall schnell und eindeutig. Ohne den vorherigen Beschluß des US-Kongresses abzuwarten, rief Truman den UN-Sicherheitsrat an. Da die UdSSR das Gremium wegen der fehlenden Berücksichtigung Chinas gerade boykottierte, konnte das UNO-Mandat bereits am 27. Juni ausgestellt werden. Später wurden die US-Truppen von einer breiten Koalition anderer Staaten unterstützt. Zunächst jedoch half dies nur wenig. Bis zum August 1950 überrannten die Nordkoreaner den Süden fast vollständig. Erst als die UN-Truppen am 15. September unter dem Befehl des mittlerweile 70jährigen US-Generals Douglas MacArthur die legendäre Invasion bei Inch’ön in der Nähe der Hauptstadt Seoul starteten, gelang es mit großem Materialeinsatz nicht nur, die Armee Kim II Sungs zurückzuwerfen, sondern sogar die Grenze zum Norden zu überschreiten. Die nordkoreanische Hauptstadt P’yöngyang wurde eingenommen, und schließlich konnten die UN-Truppen bis zur chinesischen Grenze am Fluß Yalu Vordringen. Über die Bedeutung der Überschreitung der Grenze zwischen Nord- und Südkorea am 38. Breitengrad ist viel gestritten worden. War dies gleichzeitig der Übergang von herkömmlicher Eindäm-mungs- zur Befreiungspolitik? Die Einschätzung, daß dahinter eher die Liberation Policy stand, wurde nicht nur durch vorherige Äußerungen MacArthurs unterstrichen, sondern auch durch die Darlegung der US-Position in der UNO am Tag vor der Invasion Nordkoreas. Der amerikanische Botschafter Warren Austin betonte dort, die USA gingen davon aus, daß diese Grenze weder de jure noch de facto eine Existenzberechtigung habe.
Auch während des militärischen Konflikts in Korea zeigte sich wiederum die besondere Bedeutung, die die Nuklearwaffen im Kalten Krieg besaßen. Gleichzeitig wurde ausdrücklich demonstriert, daß die amerikanische Strategie zur Befreiung vom Kommunismus nicht die Schwelle zum Atomkrieg überschreiten sollte. Als es nach Erreichen des Yalu im November 1950 zu jenem großangelegten Gegenangriff Nordkoreas unter Beteiligung von zunächst 200 000 «freiwilligen» Chinesen kam, der nun wieder die UN-Truppen zu einem überstürzten Rückzug bis zum 38. Breitengrad zwang, hielt MacArthur den Einsatz von amerikanischen
Nuklearwaffen zwar für zwingend notwendig. Er konnte sich aber gegenüber Truman nicht durchsetzen. Man weiß mittlerweile, daß Mao durchaus damit rechnete, daß die Amerikaner auch chinesische Städte bombardieren könnten. Allerdings war ihm die Möglichkeit, die USA aus Korea zu vertreiben, diesen Einsatz wert. 15 Tatsächlich eroberten die nordkoreanisch-chinesischen Streitkräfte im Januar 1951 erneut Seoul. In dieser Situation, in der es für MacArthur um die Fortsetzung des begonnenen antikommunistischen «Befreiungskriegs» ging und er nun dringend um den Einsatz von Nuklearwaffen ersuchte, stoppte Truman die militärische Eskalation des Konflikts. Er unterstrich seine Entscheidung mit der Absetzung MacArthurs am 11. April 1951. Warum nicht nur der Atomkrieg, sondern auch der Konflikt mit China vermieden werden sollte, machte der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs, General Omar Bradley, einen Monat später vor einem US-Untersuchungsausschuß deutlich. «Rotchina ist nicht die mächtigste Nation, die die Weltherrschaft anstrebt. Offen gesprochen, nach Meinung der Vereinigten Stabschefs würde uns eine von dieser Annahme ausgehende Strategie in den falschen Krieg hineinziehen - am falschen Ort, zur falschen Zeit und gegen den falschen Feind.» 16
Danach rührte sich in Korea militärisch nur noch wenig. Der Konflikt wurde zu einem Stellungskrieg mit zum Teil hohen Verlusten. Im Juli 1951 begannen erste Friedenssondierungen, aber erst am 27. Juli 1953 schwiegen die Waffen. Die im Waffenstillstand von P’anmunjöm vereinbarte Grenze verlief nach Millionen Opfern wieder am 38. Breitengrad. Die sogenannte «DMZ» (Demili-tarizeä Zone)
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