Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters
bewahrt bis heute den ursprünglichen Charakter des Kalten Krieges, den die innerdeutsche Grenze ebenso wie die ehemalige DMZ in Vietnam seit langem verloren haben: eine vom normalen Leben weitgehend geräumte, propagandistisch von beiden Seiten genutzte, militärisch gesicherte, weitgehend «tote Zone», die über mit Stacheldraht gesicherte Checkpoints zwar erreicht, aber nicht durchquert werden kann. Unter der Erde fanden die Südkoreaner in den Jahrzehnten nach dem Koreakrieg immer wieder sogenannte Invasionstunnel, die von Nordkorea aus in den Süden führten. Allein drei wurden zwischen 1974 und 1978 entdeckt - bezeichnenderweise ausgerechnet in der Phase des Kalten Krieges, als die Supermächte zu Abrüstungs- und Entspannungs-
Verhandlungen gekommen waren. Die Tunnel erlaubten es nach südkoreanischen Schätzungen, binnen einer Stunde bis zu 30000 Soldaten vom Norden in den Süden zu schicken. 17
So frustrierend ergebnislos der Krieg in Korea auch zu enden schien, global hatte der Konflikt im Fernen Osten massive Auswirkungen auf den Kalten Krieg, der generell an Dynamik gewann. Unter anderem beschleunigte er die globale Blockbildung. Der Fall Korea machte aber in den folgenden Jahren noch etwas anderes deutlich: den Wert der Entspannungspolitik. Eben weil sie hier nicht stattfand, sondern im Gegenteil die Konfrontation sogar beständig zunahm, während global die Detente Erfolge zeitigte, belegte dies, daß die Politik der Stärke jedenfalls nicht zu Annäherungen und erst recht nicht zur Wiedervereinigung führte. Erst lange nach dem Ende des Kalten Krieges vereinbarten beide Staaten eine gemeinsame Wirtschaftszone, die nach deutschem Vorbild eine allmähliche Normalisierung einleiten soll. Darüber hinaus bewiesen aber beide koreanischen Staaten nach dem Waffenstillstand 1953, welchen handfesten Nutzen der globale Konflikt haben konnte. Ökonomische Hilfen der jeweiligen Blöcke flössen nahezu automatisch, wenn die Spannungen in Korea Zunahmen.
Die Formierung der Blöcke
Die Lehren aus den Krisen zwischen 1948/49 und 1950 bis 1953 schienen für beide Seiten eindeutig. Nicht nur auf eine Gefährdung des eigenen Imperiums, sondern auch auf die punktuelle Ausdehnung der gegnerischen Herrschaft war mit Entschlossenheit zu reagieren. Bereits Monate vor dem Überfall Nordkoreas hatte George Kennans Nachfolger in der amerikanischen Planungsbehörde PPS, Paul Nitze, ganz in der Tradition des «Langen Telegramms» ein schließlich im September 1950 von Truman abgezeichnetes Grundsatzpapier für den Kalten Krieg formuliert. NSC 68 wurde die wohl folgenreichste amerikanische Richtlinie für die fünfziger Jahre, die unter anderem festschrieb, daß es keinen grundlegenden Unterschied mehr zwischen einer Strategie für den militärischen Konflikt und der Strategie für den Kalten Krieg gab. 18 Im Westen waren bereits während der Ersten Berlinkrise Verhandlungen zu einem Verteidigungsbündnis begonnen worden. Am 4. April 1949 wurde auf der Grundlage des 1948 geschaffenen Brüsseler Beistandspakts zwischen Großbritannien, Frankreich und den Benelux-Staaten die «North Atlantic Treaty Organization» (NATO) geschaffen, die in den folgenden Jahren dann Vorbild für ein globales Netz von Beistandspakten wurde. In ihr vereinbarten zunächst elf westeuropäische Staaten und die USA, daß ein Angriff auf einen der Unterzeichner gleichbedeutend sei mit einem Krieg gegen alle. 19 1952 traten auch die Türkei und Griechenland bei, 1955 die Bundesrepublik Deutschland und 1982, als 16. und letztes Mitglied während des Kalten Krieges, Spanien. Ein Rückschlag traf das Bündnis 1966, als Frankreich im Konflikt um nationale Rechte die NATO verließ. Auch Griechenland kündigte 1974 aufgrund der Kontroverse mit dem NATO-Mitglied Türkei um Zypern seine Mitgliedschaft, trat aber 1980 wieder ein. Daß nach dem Ende des Kalten Krieges auch ehemalige Ostblockstaaten in das Bündnis integriert wurden, wurde für viele Beobachter zu einem der sichtbarsten Zeichen, daß der Westen in diesem Konflikt gesiegt habe. Die NATO, die in ihrem Selbstverständnis immer auch ein politisches Wertebündnis war, das aber auch wirtschaftliche Interessen verband, fand ihre Ergänzung in verschiedenen Abkommen, etwa über die Einrichtung von Stützpunkten, Flug- und Raketenbasen, aber auch in weiteren bilateralen Verträgen der USA, etwa mit Südkorea (1953), mit Taiwan (1954) oder Japan (1961).
Es waren der Koreakrieg und die damit verbundenen
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