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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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der an einem Wochenende in der Nacht vom 12. auf den 13. August 1961 stattfand, war nicht nur die Abriegelung Ostberlins und der DDR. Er war auch ein Symbol für die scheinbare Unveränderlichkeit der deutschen und europäischen Teilung. Der Kalte Krieg verlagerte sich nun für alle sichtbar an die Peripherie des Konflikts.
    re» Zwei-Staaten-Lösung war ohne Krieg nicht zu erreichen, obwohl Chruschtschow noch 1960 «zu 95 Prozent» davon überzeugt war, daß der Westen wegen einer halben Stadt keinen Nuklearkrieg riskieren werde. 20 Was blieb, war eine Mauer. «Ich weiß», sagte er dem bundesdeutschen Botschafter Hans Kroll später angesichts der propagandistischen Katastrophe, die die Nacht-und-Nebel-Operation am 13. August für den Ostblock bedeutete, «die Mauer ist eine häßliche Sache. (...) Was sollte ich denn tun? Mehr als 30 000 Menschen und zwar mit die besten und tüchtigsten Menschen aus der DDR, verließen im Monat Juli das Land. Man kann sich unschwer ausrechnen, wann die ostdeutsche Wirtschaft zusammengebrochen wäre, wenn wir nicht alsbald etwas gegen die Massenflucht unternommen hätten. Es gab aber nur zwei Arten von Gegenmaßnahmen: die Lufttransportsperre oder die
    Mauer. Die erstgenannte hätte uns in einen ernsten Konflikt mit den Vereinigten Staaten gebracht, der möglicherweise zum Krieg geführt hätte. Das konnte und wollte ich nicht riskieren. Also blieb nur die Mauer übrig. Ich möchte ihnen auch nicht verhehlen, daß ich es gewesen bin, der letzten Endes den Befehl dazu gegeben hat. Ulbricht hat mich zwar seit längerer Zeit und in den letzten Monaten immer heftiger gedrängt, aber ich möchte mich nicht hinter seinem Rücken verstecken.» 21
    Die Westmächte, insbesondere die USA, hatten seit der Ersten Berlinkrise 1948/49 immer wieder klargemacht, daß sie auch in Zukunft keinesfalls ihre Rechte in der Stadt aufgeben würden. Auch Eisenhower und sein ab 1961 amtierender Nachfolger John F. Kennedy zeigten sich in diesem Punkt unnachgiebig, obwohl die Sowjets 1958 zu ihrer zweiten Offensive auf Westberlin zu jenem Zeitpunkt ansetzten, als sie sich innen- und außenpolitisch so stark präsentierten wie niemals zuvor. Chruschtschow hatte sich in der Sowjetunion im März 1958 als Partei- und Regierungschef durchgesetzt und war auf dem Zenit seiner Macht. Nicht zuletzt auf technischem Gebiet schien die UdSSR seit den drei 1957 und 1958 gestarteten Weltraumsatelliten mit dem Namen «Sputnik» (Begleiter) auf dem besten Weg, die USA zu überrunden. Tatsächlich sprachen Chruschtschow und seine Verbündeten damals viel vom Überholen des Westens, und er selbst scheint wohl davon überzeugt gewesen zu sein, daß diese Aufgabe in wenigen Jahren geschafft sein werde. Nichtsdestoweniger zeigte er sich während seines Besuchs in den USA im Spätsommer 1959 beeindruckt von den landwirtschaftlichen Leistungen des Klassenfeindes. Die danach forcierte Einführung der Futtermaispflanze in der UdSSR erwies sich 1963 allerdings als grandioser Flop und trug mittelbar zu Chruschtschows Sturz 1964 bei. 22
    Im Gegensatz dazu war 1958 ein überaus schwieriges Jahr für Eisenhower, das auf fast allen Gebieten Probleme bereitete. Nicht nur der «Sputnik- Schock» und die damit verbundene Frage, inwieweit die amerikanische Sicherheitspolitik überhaupt in der Lage sei, die USA zu schützen, beschäftigte die Öffentlichkeit bis in den Wahlkampf 1960, wobei insbesondere das Wort von der «Raketenlücke» heftige Sorgen, nicht zuletzt um den Zivilschutz, auslöste. Eisenhower wußte zwar, daß ein Rückstand in der Raketentechnik ebensowenig existierte wie eine «Bomberlücke», aber speziell die amerikanische Raketenentwicklung schien zu diesem Zeitpunkt vom Pech verfolgt. Eine als Antwort auf den Sputnik überstürzt gestartete Vanguard-Rakete explodierte im Dezember 1957 noch auf der Abschußrampe. Erst am 31. Januar 1958 konnte auch die NASA ihren ersten Satelliten (Explorer 1) mit einer Thor-Rakete ins All befördern. Parallel dazu war die US-Wirtschaft in eine empfindliche Flaute gerutscht, was unter anderem die Arbeitslosigkeit auf den höchsten Stand seit 1941 klettern ließ. Hinzu kam ein politischer Machtverlust Eisenhowers bei den Kongreßwahlen im November 1958. Die regierenden Republikaner verloren im Senat fünfzehn Sitze und im Repräsentantenhaus sogar fünfzig Sitze an die Demokraten. Vielleicht noch dramatischer als die Wahlkataströphe war der Verlust von John Foster Dulles, der die

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