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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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deutlicher zum Schauplatz des Kalten Krieges. Vor allem die USA befürchteten nun erst recht den verstärkten Einfluß der UdSSR, zumal sich der gesamte Raum, wie man in Washington meinte, durch seine Schwäche ohnehin als Opfer sowjetischer Politik an-bot. «Die überkommenen Institutionen und Religionen der Region sind kraftlos», hieß es 1958 in der Richtlinie des amerikanischen Nationalen Sicherheitsrats für eine langfristige Nahostpolitik, «und der Widerstand der dort lebenden Menschen gegen den Kommunismus an sich ist deswegen enttäuschend gewesen. [...] Die Araber sind der ehrlichen Überzeugung, daß Israel eine größere Gefahr für ihre Interessen darstellt als der internationale Kommunismus. Die UdSSR macht sich die arabischen Bestrebungen nach einer Beseitigung allen westlichen Einflusses in der Region bereitwilligst zu eigen.» 18 Die sogenannte Eisenhower-Doktrin vom 5.Januar 1957, die festlegte, daß die Vereinigten Staaten intervenieren würden, falls ihre lebenswichtigen Interessen in diesem Gebiet bedroht seien, war deshalb vor allem als unmißverständliche Warnung an Moskau zu verstehen. Schon im Sommer 1958 bildete sie die Grundlage für das Eingreifen amerikanischer Truppen im Libanon. Aber nicht hier kam es zum nächsten Duell der Supermächte, sondern erneut im hochgerüsteten Mitteleuropa. Die politisch und militärisch brisante Zweite Berlinkrise wurde zu einem der zentralen Wendepunkte des Kalten Krieges.
Die Zäsur: Die Zweite Berlinkrise und der Mauerbau 1958-1961
    Während sich Ostmitteleuropa und der arabische Raum in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit als zeitweilige Schauplätze des Kalten Krieges in den Vordergrund schoben, verlagerte Chruschtschow 1958 den Konflikt gezielt wieder nach Mitteleuropa. Im November des Jahres stellte Moskau, ein Jahrzehnt nach der ersten Blockade, die westalliierten Rechte in Berlin ein weiteres Mal in Frage. Die sogenannte Zweite Berlinkrise, in der erneut die Einbeziehung Westberlins in die DDR erzwungen werden sollte, erreichte ihren Höhepunkt am 13. August 1961 mit dem Bau einer Mauer um Westberlin, mit der das «Schlupfloch» in den Westen geschlossen werden sollte. Der Mauerbau war gleichzeitig der Beginn eines nun für alle erkennbaren Schauplatzwechsels des Kalten Krieges, der sich jetzt deutlich in die Dritte Welt verlagerte. Für Europa bedeutete er den langfristigen Eintritt in eine Phase der Entspannungspolitik. Sie reichte mit Einschränkungen bis zum Ende der siebziger Jahre und mündete dort wieder in eine Verschärfung des Kalten Krieges. Für die Dritte Welt war dieser Schauplatzwechsel vor allem mit der Zunahme von Stellvertreterkonflikten und direkten Interventionen verbunden.
    Der Mauerbau selbst war in erster Linie eine Folge der Fluchtbewegung aus der DDR. Der ostdeutsche Regierungschef Walter Ulbricht war zuvor mit seiner über die Jahre immer dringlicher vorgetragenen Forderung, mit einer Mauer das «Schlupfloch Westberlin» zu schließen, immer wieder auf taube Ohren gestoßen. Einzig der albanische Parteichef Enver Hoxha, der sich im Jahr des Mauerbaus selbst durch seine Annäherung an China und den Abbruch der Beziehungen zu Moskau für den Rest des Kalten Krieges ins politische Abseits beförderte, zeigte zunächst Verständnis für die in die Enge getriebene DDR. Den Sowjets und allen übrigen Ostblockstaaten erschienen dagegen die psychologischen Konsequenzen zu gravierend. Die harsche Abfuhr, die Ulbricht zuletzt im März 1961 beim Treffen der Warschauer-Pakt-Staaten in Moskau erhalten hatte, war wohl auch die Grundlage für die berühmt-berüchtigte Auskunft, die er wenige Wochen vor dem 13. August 1961 auf die Frage eines Journalisten gab, ob demnächst die Staatsgrenze der DDR am Brandenburger Tor verlaufen werde. «Ich verstehe Ihre Frage so», hatte Ulbricht geantwortet, «daß es in Westdeutschland Menschen gibt, die wünschen, daß wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR dazu mobilisieren, eine Mauer aufzurichten. [...] Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.» 19
    Erst die in Moskau relativ spät akzeptierte Einsicht, daß die DDR tatsächlich zu kollabieren drohte, führte zur Zustimmung. Aus Chruschtschows Memoiren ist ersichtlich, daß für ihn die Alternative nur darin bestand, entweder die DDR ganz aufzugeben, Westberlin in die DDR einzubeziehen oder aber eine Mauer zu bauen. Aufgegeben werden sollte die DDR nicht und eine «saube-

    13. august 1961: der bau der mauer in Berlin Der Mauerbau,

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