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Der kalte Kuss des Todes

Der kalte Kuss des Todes

Titel: Der kalte Kuss des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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. . als ob er es vo-rausgeahnt hätte, hat er uns alle versammelt. Wir saßen mit ihm zusammen beim Abendessen, alles war gut. Dann . . . es war schon dunkel. . . Katja, wir haben erst nach zwei Stun¬den seine Abwesenheit bemerkt! Nirgends war er zu finden. Onkel Waleri suchte oben nach ihm, und ich schaute ins Bad. . . Und da war er, lag im Wasser, schwarz, schreck¬lich . . . ich habe ihn im ersten Moment gar nicht erkannt! Er hat den Rasierer ins Wasser fallen lassen, wollte sich wohl rasieren . . . Warum, zum Teufel, musste er sich mitten in der Nacht rasieren? Der Notarzt kam, künstliche Beatmung, Massage, aber er war schon tot. . . alles war zwecklos . . . zu spät.« Basarow lehnte sich an die Wand und schloss die Au-gen. »Ein Unfall, heißt es. Unvorsichtiger Umgang mit ei¬nem Elektrogerät. Der Arzt hat die Miliz gerufen. Ich kann jetzt nicht allein sein, Katja. Die leere Wohnung. . . Verzei¬hen Sie bitte, dass ich so bei Ihnen hereingeplatzt bin, um diese Zeit. . .«
    Sie drückte schweigend seinen Kopf an ihre Brust. Sein Haar war dicht und hart und wurde an den Schläfen schon grau. Die Haut aber war jung, gepflegt und glatt.
    »Ist Ihr Bruder noch dort geblieben?«, fragte sie.
    »Ich habe ihn gar nicht gefunden. Nach dem Abendes¬sen ist er nach Otradnoje abgebraust, wie immer. Den hält es nicht zu Hause, er muss nachts ständig auf Achse sein. Ich bin auf dem Weg hierher an seinem Camp vorbeige¬fahren, habe seine bekloppten Schüler aus dem Bett ge¬worfen, aber er selber war nicht da. Und sie wussten nicht, wo er steckt.«
    »Bei Ihnen auf der Datscha war die Miliz?«, erkundigte Katja sich vorsichtig.
    »Der Notarzt hat sie gerufen. Er sagte, das sei bei Unfällen so vorgeschrieben. Onkel Waleri hat mit ihnen gesprochen, und Iwan, und Oma. Ich konnte nicht. Mir hat der Arzt eine Spritze gegeben. Es wird eine Autopsie gemacht. Das soll bei solchen Unfällen Vorschrift sein . . .«
    »Aber wie soll ich Ihnen helfen, Dmitri?« Katja schaute ihm in die Augen. »Sie sind stark, Sie müssen durchhalten, an Ihre Angehörigen denken, an Ihre Brüder und Ihre Oma. Sie sind jetzt das Oberhaupt der Familie. Sie und Stepan.«
    »Stepan interessiert sich nicht mehr für die Familie. Er interessiert sich seit längerer Zeit für gar nichts mehr.« Dmitri beugte sich ganz nah zu Katja. »Sie reden mit mir wie mit einem Kind, Katja. Wie eine fürsorgliche Mutter mit ihrem kleinen Jungen.« Er strich ihr mit der Hand übers Haar und schob ihr behutsam eine verrutschte Strähne aus der Stirn.
    »Wie kann ich Ihnen helfen, Dmitri?«, wiederholte sie leise.
    Er wich ein Stück zurück. Wieder wirkte er wie erloschen, als hätte man eine Kerze ausgepustet. »Sie zittern ja am ganzen Körper«, sagte er. »Ist Ihnen kalt?«
    »Ja, wahrscheinlich . . . Es ist ein frischer Morgen, ich mache lieber das Küchenfenster zu.« Katja musste sich bewegen, umhergehen, reden. Nur nicht schweigen!
    »Sie lügen, Katja. Sie haben Angst vor mir. Aber ich will Sie nicht ins Bett zerren, keine Bange, ich bin kein Schwein. . .«
    Er fuhr um halb sechs. Katja begleitete ihn bis zum Auto. Zum Abschied sagte er, dass er nachmittags auf die Datscha zurück müsse – man habe ihn gebeten, zur Miliz zu fahren. »Irgendwelche Formalitäten, bei denen meine Anwesenheit erforderlich ist. . .«
    Katja erbot sich, ihn zu begleiten. Vielleicht konnte sie als »offizielle Person« ihm helfen; schließlich war sie beim Polizeipräsidium angestellt.
    »So viele Todesfälle, Dmitri.« Sie seufzte kummervoll. »In eurer Familie nun schon der zweite. Und in eurer Gegend, bei Uwarowka, häufen sich die Katastrophen . . . diese Morde, Sie haben sicher davon gehört.«
    Er nickte, aber sie sah ihm an, wie fern ihm fremdes Unglück jetzt war.
    »So habe ich mir unser Treffen wirklich nicht vorgestellt«, sagte er zum Schluss. »Tja. . . das Schicksal hat es so gewollt.«
    Katja kehrte ins Haus zurück, spülte die Tassen und machte sich für die Arbeit fertig. Sie wusste, dass sie aus dem morgendlichen Lagebericht noch Einzelheiten über das Vorgefallene erfahren würde. Und die anderen Ereignisse . . .
    Ich muss in dieses verflixte Rasdolsk, dachte sie, während sie Sergejs Nummer wählte, um ihm die Neuigkeit mitzuteilen. In dieser Gegend geht irgendetwas Seltsames vor, das ist nicht zu verkennen. Ein Elektrorasierer, der ins Wasser fallt. . . ein Unfall. . . ausgerechnet. . .

13 Ein Unfall?
    Kolossow versuchte gar nicht zu verbergen, dass auch ihm

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