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Der kalte Kuss des Todes

Der kalte Kuss des Todes

Titel: Der kalte Kuss des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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dieser Fall von Anfang an nicht gefallen hatte. Egal, was jetzt in Rasdolsk passierte – ein Betriebsunfall, ein Eisenbahnunglück oder sonst ein verdächtiges Vorkommnis jetzt würde er als Leiter der Mordkommission und Chef des Einsatz – und Ermittlungskommandos für alles zuständig sein.
    Die Miliz war um dreiundzwanzig Uhr fünfzehn auf die Datscha der Basarows gerufen worden. Kolossow traf absichtlich ein klein wenig später ein, um den Kollegen aus dem Ort Gelegenheit zu geben, sich als Herren der Lage zu fühlen. Von den Basarows wusste er nur eins: Die Familie gehörte dank des Großvaters, des berühmten Regisseurs, zu einem Kreis, in dem kein Ereignis, nicht einmal das nebensächlichste, unbemerkt blieb. Vor kurzem erst waren auf dem Kulturkanal Reportagen vom Begräbnis des Regisseurs gezeigt worden; fast alle Sender hatten die alten Filme von ihm gebracht.
    Und nun war ein weiteres Mitglied der Familie auf tragische Weise ums Leben gekommen.
    Der allwissende und allgegenwärtige Sidorow gab Kolossow auf der Fahrt zur Datscha ein paar kurze Informationen über die Basarows.
    »Die schwimmen im Geld, Nikita Michailowitsch«, teilte er mit. »Auf die Datscha kommen sie selten. Aber auf dem Dach haben sie eine Satellitenschüssel installiert. Und als die Telefonleitung zur Siedlung zusammenbrach, hat Wladimir Kirillowitsch – das ist der, der jetzt gestorben ist – sofort Monteure aufgetrieben. Zwei Tage später war ein neues Kabel gelegt. Diese Leute haben einfach alles – Verbindungen, Geld, Einfluss. Den Großvater Kirill habe ich letztes Jahr nur dreimal gesehen. Aber er war ein rüstiger Alter. Zum Schluss soll er allerdings gelähmt gewesen sein. Einer von seinen Söhnen ist auch Regisseur und mit einer Ausländerin verheiratet. Es heißt, er habe selbst die Staatsbürgerschaft gewechselt. Und die Enkel. . . Einer hat es geschafft, für Papas Geld bei der lokalen Verwaltung ein nettes Schnäppchen zu machen – das ehemalige Touristenheim in Otradnoje. Da üben sie sich jetzt in Kampfsportarten, Shaolin und so ’n Zeug. Aber es hat alles seine Ordnung, mit Lizenz und Registrierung, ich habe es persönlich überprüft.«
    Auf der dunklen Veranda der Datscha wurden sie von einem Arzt und zwei alten Frauen empfangen. Die eine saß im Rollstuhl, die andere bemühte sich nach Kräften, diesen Rollstuhl von der Veranda zu schieben. Es stellte sich heraus, dass die Frau im Rollstuhl die Witwe des berühmten Regisseurs war, Anna Pawlowna Mansurowa (niemals hätte Kolossow in diesem verrunzelten alten Tintenfisch den Filmstar wiedererkannt, für den sein Großvater früher während des Krieges geschwärmt hatte). Die andere Frau war ihre Hausangestellte.
    »Der Bär hat die Gräfin geraubt!«, rief die Mansurowa heiser und deutete mit dem Finger auf Kolossow. »Da ist er ja, da ist er – nun schießt doch! Mehr Licht, mehr Licht! Klappe – aus – noch mal! Mein Gott, was bin ich müde. Wann ist diese Folter endlich vorbei? Lieber möchte ich tot sein. Wer ist denn das? Einer von den Statisten aus der Massenszene? Sagt Kirill, er soll diesen Burschen unbedingt in Großaufnahme bringen. Ein origineller Typ.«
    Auf Kolossows verlegenes Lächeln hin winkte die Hausangestellte ab. »Sie redet wirres Zeug, achten Sie nicht darauf. Man hat ihr gerade von dem Unglück erzählt.«
    »Ist der Tote ihr Sohn?«, fragte Kolossow.
    »Sie war seine Stiefmutter, junger Mann.« Die Hausangestellte bückte sich und löste die Hände der Mansurowa, die sich um den Türpfosten geklammert hatten. »Anna, nun hören Sie schon auf! Warum schreien Sie so? Sie sind zu Hause, nicht im Filmstudio. Sehen Sie sich um – hier ist niemand außer Ihren Angehörigen. Und das ist die Miliz, die da gekommen ist.«
    »Miliz? NKWD? Wieso? Will man mich verhaften? Weshalb? Um Gottes willen, lassen Sie mich Marschall Budjonny anrufen! Er wird nicht zulassen, dass man mir etwas zu Leide tut. . .«
    »Sie ist völlig senil, hat Halluzinationen«, erklärte die Hausangestellte den Besuchern und sprach dann wieder auf ihre Herrin ein: »Die sind doch nicht Ihretwegen hier, Anna. Man hat Ihnen doch gesagt, dass Wladimir tot ist; deshalb sind die Männer gekommen. Wladimir ist im Bad ausgerutscht und tödlich verunglückt. Kommen Sie zu sich, Anna. Begreifen Sie doch, was man Ihnen sagt. Ein Unglück ist geschehen!«
    Ein wenig unsanft beförderte die Hausangestellte den Rollstuhl ins Innere des Hauses.
    Als Letztes hörte Kolossow die Stimme

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