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Der kalte Kuss des Todes

Der kalte Kuss des Todes

Titel: Der kalte Kuss des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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Kopf.
    Was zu erwarten war, dachte Katja, fühlte sich aber trotzdem bitter enttäuscht.
    »Glauben Sie an Werwölfe, Leila? Manchmal glaube ich, dass diese Männer von einem Werwolf getötet wurden. . . oder von etwas Ähnlichem«, fabulierte sie drauflos. »An den Leichen hat man Reste von Fell gefunden. Was ist Ihrer Meinung nach ein Werwolf?«
    »Ein Mensch.« Die Zigeunerin antwortete so ruhig, als hätte man sie nach der Uhrzeit gefragt. »Nur ist er von innen ganz mit Fell bedeckt.«
    »Meinen Sie das im übertragenen Sinne?«
    »Wieso übertragen? Heutzutage laufen viele solcher Zwitterwesen herum.« Die Zigeunerin blickte Katja seltsam an, der es immer noch vorkam, als würde sie auf den Arm genommen.
    »Viele, sagen Sie? Und wo?«
    »Du möchtest wohl gern mal einen Blick auf so ein Wesen werfen?« Die Zigeunerin wiegte sich lachend hin und her.
    »Zu gem.« Katja schaltete heimlich das Aufnahmegerät in ihrer Handtasche ein. »Wäre das denn möglich?«
    »Warum nicht? Gegen diese Missgeburten gibt es ein Gebet.« Wieder lächelte Leila spöttisch. »Einmal hat man einen zu mir gebracht. Anfangs war er böse wie ein Teufel, stinkend und grausig. Dann hat man ihn besprochen, und er wurde friedlich. Gott war ihm gnädig, hat ihm seine Sünde verziehen. Eine große Sünde. Jetzt kann man ihn sich ansehen.«
    »Und wo?«
    »Wo?« Die Zigeunerin schob Katja eine Serviette zu, »Schreib deine Adresse auf, mein Sohn wird dich morgen Abend abholen. Morgen ist Samstag, da ist hier bei uns Feiertag. Georgstag – Zigeunerglück. Unsere ganze Sippe wird Zusammenkommen. Auch diese Missgeburt wird man mitbringen. Sie lassen ihn nicht allein, haben Mitleid mit ihm. Na, was ist? Schreib deine Adresse auf.«
    Katjas innere Stimme untersagte ihr kategorisch, dieser Aufforderung nachzukommen. Wie viele Wohnungseinbrüche wurden hier in der Gegend von Zigeunern begangen! Wie oft hatte sie selbst schon Artikel und Reportagen über dieses Thema geschrieben und die Bevölkerung vor zu großer Vertrauensseligkeit gewarnt. . .
    »Hier haben Sie meine Adresse.« Sie kramte ihre Visitenkarte aus der Tasche. »Um wie viel Uhr soll ich morgen auf ihn warten?«
    »Am Abend. Er ist ein stiller, sanfter Junge. Schöne Mädchen wie du machen ihm Angst. Aber er ist grundehrlich. In der Beziehung brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Mein Enkel dagegen ist nicht zu bändigen. Der klaut alles, was glänzt, wie eine Elster. Dabei bekommt er hier alles, was er will, der Lausebengel. Bei uns im Haus gibt es alles im Überfluss, und er wird alles einmal erben. Hier, meine Liebe«. Leila griff in die Falten ihres geblümten Gewandes und hielt Katja die geöffnete Hand entgegen – eine silberne Krawattennadel lag darauf. »Gib das deinem Freund zurück. Und sag ihm, dass ich den Lauser eigenhändig verdroschen habe. Stiehl nichts von Menschen, die dir Gutes tun, hab ich zu ihm gesagt. Bring keine Schande über deine arme alte Großmutter.«
    Samstag früh rief Sergej bei Katja an. An diesem Morgen bewegte ihn nur eine Frage: War es passend, zum Begräbnis von Wladimir Basarow ohne Krawatte und in einem kurzärmeligen Hemd zu erscheinen? Die Wettervorhersage hatte nämlich einen heißen, sonnigen Tag versprochen.
    Katja hatte eigentlich nicht die Absicht, Sergej von ihren Plänen zu erzählen. Aber Frauen fällt es bekanntermaßen schwer, ihre Zunge im Zaum zu halten.
    »Gestern Abend bin ich zu Wadims Vater gefahren und habe ihm Lebensmittel und Medikamente gebracht – er hatte mich darum gebeten. Er kommt zusammen mit Freunden auf den Friedhof und auch in die Kirche. Sie haben schon ein Taxi bestellt. Ich für mein Teil, Sergej, habe erst einmal genug von Begräbnissen.« Katja seufzte. »Richte den Basarows mein aufrichtiges Mitgefühl aus und alle guten Wünsche. Ich werde mich heute mit etwas anderem beschäftigen. Und weißt du womit? Man wird mir einen Werwolf zeigen.«
    »Einen lebendigen?«, erkundigte Sergej sich ungerührt. Katja hörte durchs Telefon seinen Rasierapparat schnurren. »Oder in Spiritus eingelegt?«
    »Ich meine es ernst!«
    »Und wo soll das sein?«
    »Nirgends.« Katja war beleidigt. Da redete sie ganz ernsthaft mit ihm, und er machte sich über sie lustig! »Übrigens kannst du dir deine Krawattennadel abholen. Man hat sie mir unversehrt wiedergegeben. Auch Zigeuner kennen so etwas wie Familienehre.«
    »Wohin willst du, Katja?«, fragte Sergej beunruhigt. »Mit wem? Wo muss man dich suchen?«
    »Nirgends«,

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