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Der kalte Kuss des Todes

Der kalte Kuss des Todes

Titel: Der kalte Kuss des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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Augenblick wie ein Filmheld aufgetaucht, in Lackschuhen und einem Hemd von Christian Dior. Kein übler Ritter. . .
    Ihr fielen Stepans Worte ein: »Du hättest sie doch am liebsten selber flachge. . .« Dmitri war ihm sofort über den Mund gefahren. Aber auch so war klar: Die Zwillinge hatten sich über sie unterhalten. Vielleicht waren sie ja nicht abgeneigt, auch diese Freuden des Lebens brüderlich zu teilen? Lisa hatte schließlich auch auf ihre besondere Beziehung zueinander angespielt. Lisa. . .
    Das blaue Auge, das ihr Make-up nicht hatte verbergen können, die dunkle Sonnenbrille an dem trüben Tag, die zitternden Hände . . . Deshalb hatte Lisa damals nicht mit ihr reden wollen! Der Satte versteht den Hungrigen nicht. Katja hätte sie nicht verstanden; deshalb hatte Lisa geschwiegen.
    Aber jetzt. . . Katja seufzte. Jetzt hätten sie ein gemeinsames Thema, ein unerschöpfliches Thema. Sie nahm sich fest vor, Lisa bald aufzusuchen.

22 Die Bärenhochzeit
    Lange brauchte sie nicht nach Lisa zu suchen. Katja rief in der Redaktion der Zeitschrift »Stil des Neuen Jahrhunderts« an, woraufhin ein höflicher junger Mann ihr mitteilte, dass Jelisaweta Maximowna gerade beim Chef sei. »Wenn Sie mir Ihre Telefonnummer geben, ruft sie Sie zurück.« Katja wartete ungefähr zwanzig Minuten, dann meldete Lisa sich.
    »Ich habe Samstag bei dir angerufen«, sagte sie nach ihrem üblichen gleichmütigen »Hallo«. »Ich dachte, wir könnten zusammen zur Beerdigung fahren. Aber du warst spurlos verschwunden.«
    Katja holte Luft. »Lisa, ich muss dringend mit dir reden. Es betrifft Stepan, dich, uns alle.«
    »Ach, du warst also mit ihm zusammen?« Das »du« schepperte aus Lisas Mund wie ein rostiger Nagel.
    »Nein. Das heißt . . .ja, wir haben uns getroffen. Aber denk jetzt bitte nicht, Lisa, er und ich hätten . . . Hör mich erst einmal an. Ich habe dir einiges zu erzählen. Und ich selbst muss dich auch etwas fragen. Wo können wir uns treffen?«
    »Stepan ist nicht zum Begräbnis seines eigenen Vaters gekommen!«, rief Lisa fassungslos.
    »Ich weiß, ich weiß. Schrei mich nicht an. Ich habe mir dir gegenüber nichts zu Schulden kommen lassen. Aber Stepan. . . er hat mich erschreckt, verstehst du? Genauso wie dich.« Katja bemühte sich fieberhaft, den richtigen Ton zu finden, damit Lisa jetzt um Himmels willen nicht durchdrehte und auflegte. »Stepan hat sich sehr merkwürdig verhalten. Verrückt, besser gesagt. Und ich habe sogar den Verdacht. . .«
    »Verdacht? Wegen seines Vaters, meinst du?«
    Katja verstummte verblüfft. Was sollte das jetzt? Wovon redete Lisa?
    »Äh . . . nein, es hat nichts mit Wladimir Kirillowitsch zu tun. Es geht um etwas anderes, aber sehr Wichtiges.«
    »Wir müssen wirklich miteinander reden.« Lisas Stimme bekam einen anderen Klang. »Nur bin ich heute in schrecklicher Hektik . . . Gerade erst hat mir der Chef einen Auftrag erteilt. Am Gartenring ist ein neuer Kosmetiksalon eröffnet worden, › Rivoli ‹ , Kosmetikartikel zu erschwinglichen Preisen für die Mittelschicht. Ich fahre gleich mit einem Fotografen los. Wie wär’s, wenn du dorthin kommst? Ich finde schon eine freie Minute . . .«
    »Gib mir die Adresse«, sagte Katja nach kurzem Überlegen.
    Nachdem sie nun einen festen Plan hatte und vor allem endlich den Satz »ich muss dir etwas erzählen« ausgesprochen hatte, beruhigte sie sich allmählich.
    Katja erblickte Lisa Ginerosowa an einem Stand, an dem Nagellack vorgeführt wurde. Lisa unterhielt sich lebhaft mit einem älteren Ausländer in einem Tweedjackett. Sie sprachen Französisch. Offenbar handelte es sich um einen Repräsentanten des Salons. Als Lisa Katja bemerkte, winkte sie ihr zu und gab ihr durch Zeichen zu verstehen, dass sie gleich frei sei.
    Bis dahin schlenderte Katja durch das Geschäft und schaute sich die Stände und Auslagen an. In diesem Königreich der Kosmetik, zwischen kristallenen Vitrinen, bunten Werbetafeln mit Fotos von Models, schicken Leuchten und Parfümduft spürte sie, wie sie allmählich wieder in die wirkliche, die angenehme Welt zurückkehrte. Die nächtlichen Ereignisse kamen ihr beinahe schon unwirklich vor. War das alles tatsächlich ihr, Katja, zugestoßen? Und wenn – war es nicht Schnee von gestern? Es war ja alles glimpflich ausgegangen!
    Wadim und Sergej warfen ihr oft vor, eine allzu leichtsinnige Einstellung zum Leben zu haben. Wie dumm von den beiden! Leichtsinn konnte auch ein undurchdringlicher Panzer sein. Der Schild, mit

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