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Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum

Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum

Titel: Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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drei Monaten fiel sie. Bei einem Massaker brachten die Eroberer rund zweihundert Menschen um, die im Krankenhaus Schutz gesucht hatten.
    Das »Massaker von Vukovar«. Mückenflecken an Jagoda Mayrs Wand: Mrkšić, Šljivančanin, Šešelj, der noch nicht verurteilt worden war. Zu wenige, angesichts der Verwüstungen und der Toten. Neunzig Prozent der Stadt waren zerstört worden, auf Seiten der Kroaten eintausendfünfhundert Menschen ums Leben gekommen.
    »Ich war dort«, sagte Vori, »als Reporter, hab über die Belagerung berichtet. Wir durften nicht rein, niemand durfte rein. Tuđman wollte, dass die Stadt fällt, damit er die Anerkennung bekommt. Er hatte Angst, dass die Kroaten sich gegen ihn erheben, wenn sie sehen, was dort passiert. Deshalb sollten keine Reporter rein. Keine Reporter, keine Waffen, keine Unterstützung. Den kroatischen Truppen wurde die Erlaubnis verweigert, den Belagerungsring zu durchbrechen. Er hat die Leute draufgehen lassen. Genscher hatte ihm geraten, nicht militärisch zu reagieren, damit die Waffenruhe nicht von kroatischer Seite gebrochen wird. Das hätte der internationalen Gemeinschaft nicht gefallen. Seit August sagte Genscher, dass die Deutschen für die Anerkennung eintreten, wenn die Gewalt gegen Kroatien nicht aufhört. Vukovar hat ihm und Tuđman perfekt ins Konzept gepasst. Eine Woche nach dem Einmarsch der Serben erklärte Kohl, dass Deutschland noch vor Weihnachten anerkennen wird.«
    Ahrens schüttelte den Kopf. Genscher mochte im Hinblick auf Jugoslawien Fehler begangen haben, aber er wäre nicht über Leichen gegangen. »Du siehst Gespenster.« Sie klopfte ihm auf den Arm. »Der Geist sieht Gespenster.«
    »Buh«, sagte Vori.
    Sie überlegte, ob sie ihn küssen sollte. Vori auf politischer Mission, das war sexy. Aber nicht hier. Nicht vor Marković, Irena, falls sie inzwischen angekommen war.
    »Oder der Tuđman-Milošević-Deal«, sagte Vori.
    »Die Treffen in Karađorđevo?«
    »Und anderswo.«
    Die beiden Präsidenten hatten sich 1991 mehrfach getroffen. Nach Angaben von Politikern beider Länder, aber auch amerikanischer und britischer Diplomaten war es dabei um die Aufteilung Bosnien-Herzegowinas zwischen Kroatien und Serbien nach ethnischen Kriterien gegangen, sei es mit oder ohne muslimischen Ministaat dazwischen. Offiziell war lange geleugnet worden, dass sie über die Teilung Bosniens gesprochen hätten. Der Internationale Strafgerichtshof hatte es später bestätigt.
    Vori war in Fahrt gekommen.
    »Der Ruder-Finn-Deal«, sagte er. Sein Blick war intensiv, die Stimme wuchtig, ein Mann, der nie aufgeben, sich nie aufhalten lassen würde. Sein ganzer Körper strahlte Zorn und Energie aus. » Das ist die Wirklichkeit. Und wen interessiert es?«
    »Ruder Finn? Die PR -Agentur?«
    »Ruder Finn, Waterman, Hill & Knowlton, Burson-Marsteller, die Washington World Group … Meine nächste Geschichte, nach Ćavar und der Ustaša-Verstrickung der katholischen Kirche. Der Einfluss von PR -Agenturen auf Kriege.«
    »Klingt nach Ärger.«
    »Die Wirklichkeit bringt immer Ärger.«
    »Ich habe nur von der Brutkasten-Lüge gehört.«
    Hill & Knowlton hatten 1990 die Behauptung verbreitet, irakische Soldaten hätten in einem Kuwaiter Krankenhaus über dreihundert Neugeborene aus Brutkästen gehoben, zu Boden geworfen und auf diese Weise zu Tode gebracht. Eine fünfzehnjährige kuwaitische Zeugin bestätigte dies vor dem Menschenrechtsausschuss des amerikanischen Kongresses und dem UN -Sicherheitsrat. Bush Vater, Amnesty International und andere griffen den Bericht auf, wenige Wochen später votierten US -Senat und Kongress für den Krieg gegen den Irak. 1992 deckten Journalisten auf, dass die »Zeugin« gelogen hatte. Sie war die Tochter des kuwaitischen US -Botschafters und von der Vizepräsidentin von Hill & Knowlton – die die Brutkasten-Lüge erfunden hatte – für ihre Auftritte gecoacht worden. Die Agentur war für knapp zwölf Millionen Dollar von der kuwaitischen Königsfamilie engagiert worden, um die amerikanische Öffentlichkeit für den Krieg zu gewinnen.
    Vori lachte. »Was die Welt alles glaubt.«
    »Und Ruder Finn?«
    »Später.« Er deutete auf Irena, die ihnen entgegenkam.
    Sie umarmten einander.
    »Furchtbar, diese ganzen aufgeblasenen Typen!«
    »Betrinken wir uns«, sagte Vori.
    »Ich bin schon betrunken.«
    Am Getränketisch trafen sie auf Jagoda Mayr. Ahrens stellte sie einander vor. Mayr hatte Legendäres von Goran Vori gehört, in ihre Augen schlich

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