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Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum

Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum

Titel: Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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dass Sie beide bereits ein paar Schritte weiter sind als die kroatische Regierung. Wollen die Slowenen und die Kroaten nicht im Oktober einen Verfassungsentwurf für die Umwandlung in eine losere Form der Konföderation vorlegen? Offiziell ist von Unabhängigkeit nicht die Rede.«
    »Seien Sie nicht albern, Ehringer. Die Serbo-Kommunisten zerren ganz Südost in den Abgrund, politisch, wirtschaftlich, kulturell. Die Freiheit ist Kroatiens einzige Chance zu überleben.«
    »Und würde möglicherweise einen Krieg auslösen.«
    »Nicht wenn Deutschland Zagreb unterstützt.«
    »Mit Waffen und Soldaten, Herr Kusserow? Präventiv? Ist das Ihr Ernst?«
    »Die halbe Welt schickt zurzeit Waffen und Soldaten nach Kuwait. Ist Kroatien weniger wert?«
    Ja, dachte Ehringer, so war es nun einmal. Kroatien stand nicht auf der Agenda der Regierung.
    Wie hatte Margaret einmal gesagt?
    Schöne Küste, aber zu wenig Öl.
    Sie empfing ihn nackt. Ihr Körper schimmerte rötlich im Abendlicht, das durch die hohen Fenster drang, ihr dunkles Haar fiel offen über die Schultern. »Schnell, mach schnell«, flüsterte sie heiser.
    Ehringer legte Krawatte und Anzugjackett ab.
    Er wusste, dass es nicht um Lust ging, sondern um etwas anderes. Worum, das hatte er noch nicht herausgefunden. Der Sex mit Margaret war … seltsam. Sie wurde passiv. Fremdbestimmt. Sie unterwarf sich.
    Komm, lass uns vögeln, flüsterte sie auf Partys, im Kino, zu Hause. Lass es uns hier tun, lass es uns dort tun, lass es uns jetzt sofort tun. Im Bett, im Auto, im Büro. Im luxuriösen Badezimmer eines Bundesministers a. D.
    Wenn sie sich ausgezogen hatten, erstarrte sie. Es fiel ihr schwer, ihm in die Augen zu sehen. Sie berührte ihn nicht. Von hinten, lockte sie wie ein ferngesteuertes Maschinchen, das magst du am liebsten, das gefällt dir doch am besten, oder? Sie drehte sich um, reckte ihm den Po entgegen, Komm, steck ihn rein …
    Über ein Jahr lang hatte er sich aufs Glatteis führen lassen. Ein weiteres Jahr hatte es gedauert, bis sie geredet hatte.
    Mit zwanzig war sie an einen wundervollen Mann geraten, der sie drei Monate nach der Hochzeit zu schlagen begann. Und immer noch wundervoll war und tief drinnen so verletzt und so einsam!
    Und manchmal sehr, sehr grausam.
    Acht Jahre hatte sie gebraucht, um ihn zu verlassen.
    Der nächste Mann war nur wenig besser gewesen.
    Nachdem sie erzählt hatte, tat Ehringer, was ihm möglich war. Viel war es nicht. Er kannte sich nicht aus, war weder Experte im Bett noch in Sachen Psyche. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Ob er reden oder schweigen sollte. Dass sie ihn nicht anschauen wollte, während sie mit ihm schlief, war schmerzhaft, auch wenn er wusste, dass es kein »nicht wollen«, sondern ein »nicht können« war. Er war ratlos.
    Er schlug eine Therapie vor, möglicherweise seien noch Reste eines Traumas vorhanden. Margaret wies ihn wütend aus der Wohnung, schloss sich für Stunden ein. Nackt ließ sie ihn wieder herein, noch im Flur sank sie panisch auf alle viere.
    Immerhin begriff sie rasch, dass er sie nach ihrer Offenbarung nicht weniger liebte, sondern nur noch mehr. Ihr Mut beeindruckte ihn, ihr Vertrauen ehrte ihn, ihr Leid bewegte ihn.
    »Fick mich«, stöhnte sie. »Komm, fick mich!«
    Als es vorbei war, blieben sie auf dem Flokati des Ministers a. D. liegen, aneinandergekuschelt wie Kinder, stumm im Ansturm der widerstreitenden Gefühle.

9
    MITTWOCH, 13. OKTOBER 2010
    ROTTWEIL
    Saša Jordan dachte an das Gespräch mit Igor, das etwa eine Stunde zurücklag.
    Sie sind hier, hatte Igor gesagt.
    Und so war es: Jemand war hier.
    In Mantel und Schuhen saß Jordan in seinem Hotelzimmer und rekapitulierte die vergangenen Stunden. Er hatte mit zwei kroatischen Verkäuferinnen auf einem Bauernmarkt gesprochen. In einer Bäckerei Kaffee getrunken. Sich mit Igor getroffen.
    Zu keinem Zeitpunkt hatte er sich beobachtet gefühlt.
    Und doch wurde er, wurden sie verfolgt.
    Der Faden zwischen Rahmen und Türblatt zerrissen, das Kreidepulver auf den Klinken der Badezimmertür verwischt. Sein Koffer war geöffnet worden, eine vorsichtige Hand hatte die Ordnung kaum wahrnehmbar durcheinandergebracht. Auch das Bett war durchsucht worden. Die Fotos, die er am Nachmittag mit der Digitalkamera gemacht hatte, bewiesen es.
    Polizei und Verfassungsschutz schloss Jordan aus. Das Zimmermädchen kam am Vormittag, ab Mittag befand sich nur noch der Rezeptionist in dem kleinen Hotel. Jordan hatte sich erkundigt,

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