Der Kalte
möglich! Gestern!« Messerschmidt lachte und verkündete dies als Frohbotschaft dem Chorleiter. Schurin nahm beide mit ins Büro.
»Glauben Sie nicht«, sagte er, »dass es was zu besagen hat, dass Sie Keyntz heißen. Übermorgen um elf Uhr!«
»Da habe ich Schule«, sagte Stefan.
»Elf.«
Die beiden waren entlassen.
Die Präsidentenmaschine flog die Insel Muharraq an und landete mittags am Bahrain Sakhir Airport. Johann Wais hatte die letzten zehn Minuten aus dem Fenster geschaut und die Arabische Halbinsel betrachtet. Neben ihm saß Adrian Novacek, las seine Zeitungen, die er sich vom Büro mitgenommen hatte, und kämpfte dezent mit der Übelkeit. Dahinter und allein saß mit verschlossener Miene Jungnickel, welcher diese Art von Dienstreise als Tortur empfand und längst bereute, nicht den Botschafterposten in Djakarta angenommen zu haben. Rechts von ihm, aber wie von einer Mauer getrennt, fuhrwerkte Walter Weber in seinem Filofax, lauschte dabei auf die gedämpften Unterhaltungen, die sich hinter ihm schon seit geraumer Zeit entfaltet hatten. Die Wirtschaftsdelegation, angeführt vom Generaldirektor einer Baufirma und dem Generalmanager der Österreichischen Mineralölverwaltung, durchsprenkelt vom Obmann der Volkspartei Beran, dem Christgewerkschafter Humer, dem Wissenschaftsminister Gall, blies sich in girlandenhaften Formulierungen ihre Zuversicht in die Ohren, dass diese Expedition mit dem einsamen Staatsoberhaupt zu den Ölquellen Arabiens etwas einbringen möge. In den hintersten Sitzreihen waren Florian Kleinbauer und seine Crew aufgefädelt. Neben Kleinbauer saß und las Roman Apolloner in einem Buch über die Golfstaa
ten und ihre Entwicklung vom Ende der Kolonialzeit bis neunzehnhundertachtzig. Darüber schlief er ein.
Nach der Landung mussten alle etwas warten, weil am Flugfeld die Empfangsvorbereitungen noch nicht abgeschlossen waren. Endlich konnte Wais aussteigen, betrat den Teppich, schritt mit dem nach Mandeln riechenden Emir von Bahrain Īsā bin Salmān Āl Halīfa die Ehrenkompanie ab. In Limousinen gings nach Manama. Ein dünnes Spalier säumte die Wegstrecke, es wurden rot-weiß-rote Papierfähnchen geschwenkt.
Das Protokoll sah auch den Besuch in der soeben neu eröffneten Al-Fatih Moschee in Juffair vor. Johann Wais schritt, in Gedanken an die Kampain versunken, ins Innere der Moschee, wurde vom atemlosen Novacek zurückgerufen, damit er die Schuhe ausziehe, was prompt geschah. Jungnickel lächelte.
Der Tag verging mit Unterredungen des Staatsoberhauptes. Er sprach in Gegenwart von Jungnickel außer mit dem Emir mit einigen Ministern, indes die Wirtschaftsdelegation getrennte Termine mit bahrainischen Magnaten hatte.
Vor dem Schlafengehen gab es noch einen kurzen Dreh mit Kleinbauer. Apolloner durchstreifte die Hauptstadt, sah den Leuten ins Gesicht, traf einen Journalistenkollegen von der FAZ , der seit längerem in Manama lebte. In dessen Wohnung trank er mit ihm Whisky.
Wais lag schließlich im Bett, dachte nach dem Gespräch mit Kleinbauer kurz daran, dass sein Hauptfeind in Österreich, das Nachrichtenmagazin Signal, ihn zusätzlich zu demütigen versuchte, weil es erstens nicht den Chef Alphons Klingler mitsandte, sondern den unbedeutenden Apolloner, der zweitens als Mitbetreiber dieses Diderotclubs ein weiterer Hauptfeind war. Ich glaube, ich habe nur noch
Hauptfeinde, dachte Wais. Obwohl müde, stand er auf, ging auf den terrassenförmigen Balkon, erschrak, denn ein Soldat stand in der Ecke, MP im Arm. Wais grüßte, der Soldat salutierte. Im Zurückgehen überlegte Wais, ob er dem Soldaten ein Trinkgeld geben müsse. Auf dem dunklen Himmel stand der Halbmond wie bestellt und aufgeklebt. Bloß Muezzin war keiner zu hören.
Er legte sich ins Bett und wälzte sich. Im Halbschlaf sah er zu, wie Maxmann Aglaja immer wieder durch seine ständigen Anrufe aus dem Bett holte. Maxmann beschimpfte Aglaja so laut, dass Wais alles mitbekam, obwohl seine Frau, um ihn zu schützen, den Hörer fest an ihr Ohr presste.
»Er beschimpft eh nur mich«, flüsterte sie ihm zwischendurch zu. Nach einer der nächsten Herumwälzungen saßen allerdings Maxmann und John Aisik auf der Bettkante und schrien auf seine Frau ein. Es war so grauenhaft, dass Johann mit einem Schweißausbruch aufwachte. Nachdem er Aglaja angerufen hatte, fiel er in einen schweren Schlaf.
Nächsten Vormittag gings weiter nach Oman.
Sultan Qabus roch nach Rosenöl. Mit ihm schritt Wais die Ehrenkompanie ab. Auf der
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