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Der Kammerjäger

Der Kammerjäger

Titel: Der Kammerjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Fitzhugh
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Kommen Sie doch erst mal hier rüber.»
    Die mürrische Kellnerin in dem Coffee Shop an der 6th Avenue drängte Ramon eine Speisekarte auf. «Na komm, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit, Jose», keifte sie.
    Die Gehsteigkonstruktion auf der Broadway-Seite des alten Kaufhauses bestand aus einem aufwendigen Gerüst mit einer Art überdachtem Fußgängerdurchgang, der den Eingang auf dieser Seite des Gebäudes völlig verdeckte. Weder Klaus noch Ramon waren sich bewußt, daß die Tür überhaupt existierte, geschweige denn daß Bob sie benutzt hatte, um das Gebäude zu verlassen, und jetzt den Broadway überquerte.
    Bob gesellte sich zu Sy im «Broadway Deli» und sah zu, wie er sich die letzten Bissen eines schmackhaften Brötchens in den Schlund stopfte. Nachdem Sy die Rechnung bezahlt hatte, gingen sie hinaus auf die Straße.
    Im Coffee Shop zeigte Ramon auf die Speisekarte. Die Kellnerin sah hin. «Auf was zeigst du da, um Himmels willen? Das spanische Omelett? Hätt ich mir denken können.» Sie riß ihm die Karte aus der Hand. «Ist auch verdammt noch mal Zeit», murmelte sie, während sie davonstapfte.
     
    Klaus, der nicht sehen konnte, was Ramon machte, suchte das sechzehnstöckige Gebäude ab, während er darauf wartete, daß Bob wieder erschien. Das einzige, was er sehen konnte, war die Schaufensterpuppe, die wie ein Baseball-Spieler gekleidet war.
    Währenddessen warteten Bob und Sy am Broadway auf eine Lücke im Verkehr, um die Straße zu überqueren, und mit Sy brauchte man eine große Lücke.
    Endlich von der nervtötenden Kellnerin befreit, stellte Ramon schnell sein Fernglas auf die Fenster des Kaufhauses ein, um Bob zu suchen. Als er die Yankees-Mütze und -Jacke sah, lächelte er und murmelte: «Scheiß-Ytmquis.»
    Unauffällig legte Ramon seinen Aktenkoffer auf den Platz neben sich, beim Fenster. Er öffnete den Koffer, schaltete seinen Signalgeber an und drückte den Schalter.
    Die Anzeige blinkte: AKTIVIERT.
    Eine Sekunde später drückte er den ZÜNDEN-Knopf.
    Während sie auf eine Lücke im Verkehr warteten, sagte Bob zu Sy: «Mr. Silverstein, ich hab bei dem hier ein wirklich gutes Gefühl.»
    Ungefähr zur gleichen Zeit setzte ein tiefes Grollen ein. Bob und Sy stutzten, als sie das seltsame Geräusch hörten, aber bevor einer von beiden etwas sagen konnte, implodierte das gesamte sechzehnstöckige Gebäude und brach anmutig in sich zusammen, so säuberlich, als hätte eine professionelle Abbruchfirma die Arbeit gemacht.
    Bob starrte ungläubig. In Sys Blick lag so etwas wie gefaßte Faszination. Klaus sah ungerührt zu und fragte sich, warum es so lange gedauert hatte.
    Hilflos und benommen mußte Bob mit ansehen, wie sein Traum auf der wilden Staubwolke davonritt, die sich wie ein Pilz in den Himmel wölbte. Sy nahm einen langen, nachdenklichen Zug an seiner Zigarre und schickte seine eigene kleine Wolke gen Himmel.
    Einen Augenblick später stammelte Bob: «Ich ... äh ... das ist nicht ... ich hab nicht ... »
     
    Philosophisch wedelte Sy mit seiner großen Belvedere. «Hören Sie, mein Junge, ich zweifle wirklich nicht an der Wirksamkeit Ihrer Methode, aber ich hatte das so verstanden, daß das Gebäude stehenbleiben würde.»
    Unfähig, mit Subjekt, Verb und direktem Objekt umzugehen, stotterte Bob bloß: «Aber ... ich ... es ... »
    Sy versuchte, Bob Mut zu machen. «Also gut, vielleicht waren es ja Termiten. Ich glaube immer noch, daß Sie da was haben, mit Ihrer Idee. Und keine Sorge, es ist versichert.» Sy sah auf die Uhr. «Hören Sie, ich muß jetzt weiter.»
    «Aber ... es ... ich ... »
    Nur wenige Leute im Coffee Shop schienen zu bemerken, daß das sechzehnstöckige Gebäude auf der anderen Straßenseite gerade eingestürzt war, denn sie erlebten schon seit Jahren, wie die Stadt um sie herum zerfiel.
    Ramon schloß seinen Koffer, gerade als die Kellnerin ihm sein Omelett und die Rechnung hinknallte.
    «Laß es dir schmecken, Gomez», zischte sie.
    Wahrend Sys Limousine auf dem Broadway verschwand, stand Bob auf dem Bürgersteig und starrte auf die andere Straßenseite, als würde sein Leben auf eine Riesenleinwand projiziert und sich als eine Filmrolle voller Schnitzer herausstellen.
    Schließlich gelang es ihm, die motorischen Fähigkeiten aufzubringen, die Straße zu überqueren, ohne sich der kreischenden Reifen und fluchenden Taxifahrer bewußt zu sein. Völlig gefesselt schlängelte er sich langsam zu dem riesigen Haufen Schutt, der noch wenige Augenblicke zuvor ein

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