Der Kammerjäger
Taschen durchsuchte, zappelte er erfolglos hin und her, etwa wie eine Larve des Mexikanischen Bohnenkäfers (Epilachna varivestis), die gerade aus ihrem Ei schlüpft. Schließlich fand sie ein Bündel Scheine.
«Was haben wir denn da, Carlos, wie wär's mit 'nem großzügigen Trinkgeld?»
Sie erleichterte Ramon um etwa fünfzig Dollar und ließ dann von ihm ab. Bei seinem Abgang hätte er beinahe die Glastür zertrümmert und draußen den Bretzel-Stand eines Straßenverkäufers umgerannt.
Ramon blickte den Bürgersteig entlang, aber Bob war nirgends zu sehen. Er war verschwunden. Hatte sich verflüchtigt, in Luft aufgelöst, einfach so. Und dann, auf ebenso magische Weise, erschien er wieder, hinter zwei beweglichen Kleiderständern mit Panne samt-Oberteilen und Patchwork-Röcken mit echten Perlmuttknöpfen, die gerade vom Kleidungsviertel kamen und in östliche Richtung unterwegs waren.
Bob hatte gerade die 34th Street überquert und war jetzt auf der Höhe von Macy's. Ramon riß eine Pistole aus der Jacke und raste seinem Opfer hinterher, galoppierte die Straße entlang und rempelte dabei einen Mann an, der eben auf der 6 th Avenue erschien.
«Hey, passen Sie auf, wo Sie langgehen, mein Freund», riet Klaus, ohne zu merken, wen er da ansprach. Dann erkannte er das entstellte Gesicht - Ramon mit gezogener Waffe und einem überaus wilden Blick. Das konnte nur bedeuten, daß Bob die Explosion irgendwie überlebt hatte und Ramon jetzt versuchte, den Mist, den er gebaut hatte, zu beseitigen.
Klaus hielt nach Bob Ausschau, konnte ihn aber in dem dichten Pulk harter, beschädigter Menschen auf dem Bürgersteig nicht entdecken, und so folgte er Ramon, der wohl wissen würde, wo Bob war. Während seines Sprints fragte sich Klaus, wer zum Teufel dieser Bob Dillon war und wie in aller Welt er lebendig aus diesem Gebäude herausgekommen war.
Vor ihm suchte Ramon nach einer guten Schußposition, aber der Bürgersteig war zu voll, um feuern zu können. Frustriert trat Ramon auf die Straße, legte an und nahm Bob aufs Korn. Gerade als er abdrücken wollte, wurde er von einem Fahrradkurier gerammt, der wie ein Verrückter die Avenue entlangradelte, mit einem wichtigen Vertrag für BBC Worldwide America im Rucksack.
Ramon schlug auf dem Pflaster auf, und - PENG! - ging seine Pistole los.
Auf dem Bürgersteig zuckte niemand mit der Wimper, aber einen halben Block entfernt schiß eine Taube etwas Weißes auf den grünen Kopf von Horace Greelys Statue, die auf dem nach ihm benannten Platz stand.
Bob schüttelte den Kopf, als er den Schuß hörte, aber wie all die anderen harten, beschädigten Menschen ging er weiter, da er nicht getroffen worden war.
Ramon rappelte sich auf und rannte zu der Stelle, wo er seinen Dodge geparkt hatte. Als er sah, daß er verschwunden war, begann er, lateinamerikanische Obszönitäten zu brüllen und die Faust gen Himmel zu schütteln.
Belustigt sah Klaus zu, wie der unfähige Bolivianer sich anstrengte, ein Mindestmaß an Fassung wiederzugewinnen. In der Nähe setzte gerade ein Taxi seinen Fahrgast ab, und Ram6n nutzte die Gelegenheit. Unsanft beförderte er den Fahrer vom Steuer weg auf den Asphalt, sprang selber ins Taxi und bretterte die Avenue hoch.
Es hatte den Anschein, als wollte Ram6n Bob einfach auf dem Bürgersteig überfahren. Schmutzig, aber effektiv. Er beschleunigte, gewagte Ausweichmanöver veranstaltend, bei denen er heftig ins Schleudern geriet.
Während Bob am Herald Square vorbeischlenderte, ohne zu ahnen, was sich hinter ihm alles abspielte, überlegte er sich, ob er seine. Rasse Drei in das Gebäude in SoHo oder in das Lagerhaus in Queens bringen solle.
Er trat auf den Zebrastreifen, um die 35th Street zu überqueren.
Ram6ns Taxi legte noch einen Gang zu und donnerte rücksichtslos zwischen zwei Spuren Verkehr hindurch. Schon raste er auf Bob zu, als plötzlich - wie aus dem Nichts - ein anderes Taxi ihm in die Quere kam und mit quietschenden Reifen schon halb auf dem Zebrastreifen zum Stillstand kam.
Bob wich dem zweiten Taxi geschickt aus, und theatralisch bollerte er auf den Kühler und brüllte: «Hey, kannst du nicht aufpassen, du Arschloch! Ich gehe hier. Willst du mich umbringen oder was?»
Ramon brüllte dem Taxifahrer, der ihm den Weg abgeschnitten hatte, wüste Beschimpfungen zu. Dieser reagierte mit seinem eigenen Fluß skatologischer Bemerkungen und einer farbigen einheimischen Handbewegung.
Und das war des Guten eindeutig zuviel. In diesem
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